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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Ich bin nicht im Bananendampfer den Clyde raufgekommen. Ich weiß genau, wie viel ich dir bedeute, Lennox. Aber manchmal muss ich reden. Musst du nicht auch manchmal reden?«
    »Oh ja. Ich rede viel. Ich rede mich dumm und dämlich.«
    »Ich will raus aus Glasgow. Ich will nicht mehr hinter der beschissenen Theke in der Hotelbar stehen. Ich will irgendwohin, wo niemand etwas über mich weiß. Wo man von allem abgeschnitten ist. Südafrika oder Australien. Meinetwegen sogar mitten in den verdammten afrikanischen Dschungel.«
    »Du solltest Paisley in Betracht ziehen«, erwiderte ich. »Das ist von der Zivilisation noch weiter entfernt, und du kommst sogar mit dem Bus hin.«
    »Es ist mir ernst, Lennox. Diese Stadt ist ein Haufen Dreck. Mein Leben ist ein Haufen Dreck. Jeder hier glaubt zu wissen, wer ich bin und was ich bin. Dabei wissen die ’nen Scheiß von mir. Jeder in diesem hässlichen Drecksloch denkt, die ganze Welt dreht sich um Glasgow. Sie können einfach nicht darüber hinausblicken. Und die Wahrheit ist doch, Glasgow ist nicht mal eine Stadt. Es ist ein Dorf. Voller kleingeistiger, dummer, bigotter Penner. Ich hasse es. Ich hasse es.« Sie biss sich in die rote Unterlippe.
    Ich strich ihr über den Arm. »Warum gehst du dann nicht einfach?«
    »Und was soll ich machen?«, entgegnete sie und rückte von mir weg. »Ich brauche Geld, Lennox. So viel Geld, wie ich in der Bar oder bei den Scheidungsfällen niemals verdienen kann. Du kennst nicht zufällig irgendwelche einsamen reichen Witwer?«
    Bei dem Scherz fuhr ich zusammen. »Doch. Ich kannte einen. Aber der guckt nicht mehr in die Kontaktanzeigen.«

24
     
    Irgendetwas ließ mir keine Ruhe. Alles, was Lillian Andrews tat, war sorgfältig durchdacht und geplant. Vieles stammte wahrscheinlich aus ihrer Verbindung zu Tam McGahern: Mafeking Jeffrey hatte mir gesagt, dass McGaherns Dienstakte ihn als intelligent und organisiert schilderte, als geborenen Strategen. Was mir allerdings mehr zusetzte, war Mays Bemerkung, niemand in Glasgow blicke über den von Mietskasernen verstellten Horizont der Stadt. Mir wurde klar, dass das genau auf Tam McGahern zutraf.
    Nichts, was ich über das hochklassige Bordell im West End gehört hatte, über das niemand viel zu wissen schien, ergab einen Sinn. Ich hatte das Haus gesehen, das benutzt worden war. Man musste wissen, wo es zu finden war. Ich dachte an die affektierte Hausfrau aus Kelvinside, die mir die Tür geöffnet hatte: »Oh, ich fürchte, dä sind Sie fälsch, däs Hurenhaus ist drei Türen weiter, zwischen dem Zähnärzt und dem Steuerberäter ...« Lillians Kunden mit ihren guten Beziehungen hatten genau gewusst, wohin sie gehen mussten. Wer hatte ihnen das gesagt?
    Vom Telefon im Hausflur rief ich Willie Sneddon an. Ich teilte ihm meine Gedanken mit und fragte, ob ich Arthur Parks unter Druck setzen könne.
    »Sie glauben, Parky hatte mit dem anderen Puff zu tun?«, fragte Sneddon.
    »Ich weiß es nicht. Aber irgendjemand hat die passenden Kunden dorthin geschickt. Parks arbeitet ganz oben im Gewerbe; vielleicht schöpfte er den Rahm für dieses andere Haus ab.«
    »Nee ...«, sagte Sneddon, nachdem er kurz geschwiegen hatte. »Parky wüsste, dass ich ihn an den Boden nageln würde, wenn er so eine Nummer abzuziehen versuchte.«
    Ich verzog gequält das Gesicht. Nach allem, was ich darüber gehört hatte, auf welche Weise Sneddon seine Ansprüche durchsetzte, war seine Bemerkung nicht metaphorisch gemeint. »Vielleicht war es das Risiko wert«, erwiderte ich. »Oder die Kunden, die er dorthin schickte, hätten sich in seinem Haus sowieso nicht sehen lassen.«
    »Nebenverdienst ist Nebenverdienst, verdammte Scheiße!«, rief Sneddon. »Niemand arbeitet für mich und betreibt nebenher selber ein kleines Geschäft. Parky ist nicht Ihr Mann.«
    »Ich würde ihn trotzdem gerne unter Druck setzen. Vielleicht Twinkletoes oder Tiny mitnehmen.«
    »Auf keinen Fall. Parky ist einer meiner besten Leute. Ich will nicht, dass er ... nun ja, sich aufregt.«
    »Dann lassen Sie mich noch einmal mit ihm reden. Vielleicht ist er nicht der Mittelsmann. Ich muss zugeben, als ich ihm ein Foto von Lillian Andrews zeigte, schien er sie wirklich nicht zu erkennen, obwohl sie ihn an eine andere erinnert hat. Aber vielleicht hat er doch noch etwas gehört. Oder er hat mir nicht alles gesagt.«
    »Wie ich schon sagte, Lennox, ich will nicht, dass Parky sich aufregt. Sie wissen selber, wie kribbelig diese Spinatstecher sein können.

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