Lennox 01 - Lennox
beurteilen kann, spielt es keine Rolle. Die Militärpolizei ist deshalb dabei, weil ein paar Heeresuniformen geklaut wurden. Und McNab macht sich Sorgen um die Polizeiuniformen. Er macht sich in die Hose bei dem Gedanken, jemand könnte als Polizist verkleidet einen Raub begehen. Wenn Gauner als Polizisten auftreten, wird die Öffentlichkeit unruhig, und dann hat er möglichen politischen Mist am Hals. Ihm reicht schon der Fall McGahern.«
Wir durchquerten das Gewölbe zur Treppe. Als wir endlich wieder auf der Straße standen, atmeten wir gleichzeitig tief die Glasgower Luft ein. Sie war keineswegs frisch, roch aber wenigstens nicht abgestanden oder mit Karbol gewaschen.
»Ich begreife es immer noch nicht, Jock. Ich meine, wie diese Geschichte mit den McGaherns politisch sein könnte.« Ich versuchte ihn auszuhorchen. Für mich fügten sich schon die Einzelteile zusammen: falsche Lieferungen über eine Firma, die bereits in geschäftlicher Verbindung mit dem Nahen und Fernen Osten stand. Doch ich wollte aus Jock Ferguson alles herausholen, was er wusste.
»Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Weil ich mehr nicht weiß.«
»Aber deshalb haben Sie mich von Anfang an vor dem McGahern-Fall gewarnt, nicht wahr?«
Er bot mir eine Zigarette an. Wir gaben uns Feuer, und ich schaute mich entspannt um. Auf der anderen Straßenseite entdeckte ich den Talbot, ungefähr zweihundert Meter entfernt. Bitte, Twinkletoes, dachte ich, gib jetzt nicht den Psycho-Chauffeur. Versuch nicht, mich aufzulesen.
»Soll ich Sie zurückfahren?«, fragte Ferguson. »Ich lasse Sie vom Fahrer absetzen.« Er meinte die St. Andrew’s Street, die nur einen Block entfernt war; dort befand sich das Glasgower Polizeipräsidium.
»Nein, danke. Mir ist nach einem Spaziergang.« Der Talbot hatte sich nicht gerührt. Vielleicht strapazierte der Reader’s Digest Twinkletoes’ Konzentration mit dreisilbigen Wörtern so sehr wie die Streckbank den Gefolterten. »Jock«, sagte ich zögernd, »ich muss Sie um einen Gefallen bitten.«
»Das sieht Ihnen ja gar nicht ähnlich.«
»Können Sie sich noch zurückhalten, ehe Sie mit Lillian Andrews reden? Wenigstens ein paar Tage. Vielleicht eine Woche.«
»Sicher. Kein Problem. Und lassen Sie mich nur wissen, wann wir den Fluchtwagen bei dem bewaffneten Raubüberfall übersehen sollen. Wir könnten Ihnen sogar einen Bobby stellen, der für freie Fahrt sorgt.« Sarkasmus ist eine hohe Kunst; Ferguson war offenbar ein Sonntagsmaler. »Andrews wurde ermordet. Alles deutet darauf hin, dass Lillian Andrews dahintersteckt. Weshalb sollte ich herumtrödeln?«
»Okay, harte Bandagen, Jock. Wenn Sie jetzt hineinpreschen, kommt die Frau damit durch. Ich konnte Andrews nicht leiden. Ich mochte nichts an ihm. Aber ich habe es zu meiner Sache gemacht, ihm zu helfen, und ich habe versagt. Ich möchte, dass dieses Miststück dafür hängt. Sie wissen genau, dass ich in einer Woche mehr herausfinden kann als ein Trupp Ihrer Plattfüße in einem halben Jahr. Mit mir plaudern Leute, die Ihnen nicht mal die Uhrzeit sagen würden. Außerdem vermuten wir aus gutem Grund, dass Lillian Beziehungen zum Polizeipräsidium hat. Geben Sie mir zwei Wochen, und ich überreiche Ihnen Lillian Andrews und alle, mit denen sie unter einer Decke steckt, mit Schleifchen.«
Ferguson zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und ließ den Stummel auf die Treppe des Leichenschauhauses fallen. Mit der Schuhspitze drückte er sie in den Stein und starrte darauf. »Also gut. Zwei Wochen. Aber ich gehe bei dieser Sache nicht leer aus. Wenn Sie es vermasseln und Lillian in der Nacht verschwindet, wickle ich Ihre Eier für McNab in Geschenkpapier ein.«
»Klingt fair.«
Ich wartete, bis Ferguson um die Ecke gebogen war; dann überquerte ich den Saltmarket und ging in Richtung High Street. Nach ein paar hundert Metern schloss Twinkletoes zu mir auf, und ich setzte mich auf den Beifahrersitz. Neben seinen Massen fühlte ich mich klaustrophobisch beengt und überlegte, wie es sein musste, wenn man mit ihm und Tiny Semple zusammen in einem Auto fuhr. Ich ließ mich von ihm vor meiner Bleibe absetzen und bat ihn, Tiny zu holen.
»Wir machen einen Hausbesuch«, erklärte ich.
23
Als ich noch ein Junge war und in New Brunswick aufwuchs, besuchte ich die Rothesay Collegiate School, eine höhere Schule, die so vornehm war, wie es in Kanada nur möglich ist. Ich spielte in der Eishockeymannschaft und war wirklich gut. So gut, dass in mir der Ehrgeiz
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