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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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beiden Kämpfen, in denen ich ihn gesehen hatte – ohne jeden Hinweis auf einen Mangel an Ausdauer. Der Kampf war nicht gerade aufregend. Schmidtke bestimmte das Tempo, und beide Boxer kämpften auf Abstand, hielten sich den Gegner vom Leib und lauerten darauf, dass sich eine strategische Schwäche zeigte. Normalerweise kämpfte Schmidtke nicht in diesem Stil, und die zweite Runde war genauso einfallslos wie die erste. Beide Kämpfer wirkten übervorsichtig und schienen nicht bereit, in die Offensive zu gehen.
    Als die dritte Runde in gleicher Weise verlief, wurden die Zuschauer unruhig. Ich verstand zwar, wieso Kirkcaldy darauf verzichtete, eine energiezehrende heftige Attacke zu starten, aber weshalb Schmidtke sich ebenfalls zurückhielt, begriff ich nicht. Es sei denn, Schmidtke hatte sich erinnert, dass bei einem Kampf gegen einen Distanzboxer immer die Tendenz bestand, zugunsten des Titelverteidigers zu entscheiden, falls es am Ende knapp stand.
    Natürlich konnte es auch sein, dass Kirkcaldy eine Absprache getroffen hatte, die es ihm erlaubte, seine Boxkarriere mit einem Titelsieg zu beenden.
    In der achten Runde schien es dann so, als hätte ich falsch geraten. Der Deutsche kam mit der gleichen Zögerlichkeit wie in den vorherigen Runden aus seiner Ecke, geduckt, mit kompakter Abwehr.
    Der Fehler hätte banaler nicht sein können: Kirkcaldy schlug einen untypisch weiten rechten Haken. Er kündigte den Schlag nicht nur an, er überreichte seinem Gegner förmlich eine Einladungskarte mit Goldrand, auf der geschrieben stand, wann die Busse fuhren. Der Deutsche antwortete mit einem Schwinger, der mir richtig wehtat, als er traf. Der Schlag hob Kirkcaldy von den Füßen; dann knallte er mit der Schulter auf den Ringboden. Die Hälfte der Zuschauer, Jock Ferguson mit eingeschlossen, sprang auf, und ohrenbetäubendes Gebrüll erhob sich. Der Schotte schüttelte den Kopf und kam rasch wieder hoch. Auf den Fersen tänzelnd nickte er dem Ringrichter zu. Wer einen technischen Knock-out vermeiden wollte, nachdem er die Leinwand geküsst hatte, musste den Ringrichter augenblicklich überzeugen, dass mit ihm alles in Ordnung war. Üblicherweise tat man das durch eine übertriebene Zurschaustellung sportlicher Gewandtheit. Der Ringrichter schickte Kirkcaldy in die neutrale Ecke und prüfte dort dessen Augen; dann kehrte er in die Mitte des Ringes zurück und bedeutete den Kämpfern mit einer Geste, als würde er einen Vorhang zuziehen, wieder in der Ringmitte zusammenzukommen und weiterzuboxen.
    Der Deutsche senkte und hob die massigen Schultern, als er aus seiner Ecke kam. In seinen Armen steckte frische Energie. Kirkcaldy versuchte jedem neuen Angriff auszuweichen, doch der Deutsche trieb ihn immer wieder in die Seile und ließ üble Haken auf ihn hinunterregnen.
    Ich sah es jetzt deutlich: Kirkcaldys Gesicht war blass, beinahe kalkig, und die blauen Flecke um seine Augen hoben sich schroff gegen die weiße Haut ab. Er griff an, um Schmidtke zurückzutreiben, aber der Deutsche stand wie angewurzelt da; seine muskulösen Arme arbeiteten wie die Kolben eines Motors und hämmerten einen Schlag nach dem anderen in Kirkcaldys Körper.
    Schmidtke traf den Gegner dicht über dem Gürtel, wo es gerade eben noch zulässig war. Kirkcaldy ließ die Ellbogen sinken und gab sich eine Blöße. Zwei rasche Schläge ins Gesicht, gefolgt von einem fiesen, gemeinen Bolo-Punch, lähmten den Schotten. Dann vollzog Schmidtke den Fangschlag. Der benommene Kirkcaldy war vermutlich der Einzige im Stadion, der den Schlag nicht kommen sah: Jedes Gramm von Schmidtkes Gewicht lag hinter seinem rechten Schwinger, der ewig zu brauchen schien, bis er traf. Aber er traf. Genau auf die Seite von Kirkcaldys Kiefer. Der Schotte wurde schlaff und krachte auf den Ringboden. Der Deutsche hielt die Fäuste über den Kopf, ließ beim Grinsen den Zahnschutz blitzen und hüpfte auf der Stelle, noch ehe der Ringrichter das Auszählen beendet hatte.
    Alles war aufgesprungen, brüllte oder jubelte, und einige buhten: weniger aus verletztem Nationalstolz als vielmehr wegen des Verdachts, gerade keinen Profiboxkampf, sondern eine Amateurtheateraufführung erlebt zu haben.
    Ich stand ebenfalls, applaudierte aber nicht, sondern beobachtete den Ringrichter. Onkel Bert Soutar und ein dicker Mann mittleren Alters mit Abendanzug und einer ledernen Gladstone-Tasche beugten sich über Kirkcaldy. Selbst der Deutsche hatte sein Siegestänzchen abgebrochen.
    Der Lärm der Menge

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