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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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mich wirken, ehe ich die Inschrift am Sockel las:
    DIESES DENKMAL IST DEN SEELEUTEN DER FREIEN FRANZÖSISCHEN MARINE GEWIDMET, DIE IN DEN JAHREN 1940–1945 VON GREENOCK AUSLIEFEN UND IN DER ATLANTIKSCHLACHT IHR LEBEN FÜR DIE BEFREIUNG FRANKREICHS UND DEN ERFOLG DER ALLIERTEN SACHE GABEN
    Auf anderen Tafeln wurden bestimmte freifranzösische Schiffe erwähnt: das Unterseeboot Surcouf und die Korvetten Alysse und Mimosa. Offiziell war das Denkmal zwar allen freifranzösischen Seeleuten gewidmet, die während des Krieges in Schottland stationiert gewesen waren, doch für eine bestimmte Gruppe von Franzosen hatte es eine ganz besondere Bedeutung. Es stand mit einem bestimmten Vorfall in Verbindung. Etwas, das geschehen war, ehe die Freien Französischen Streitkräfte offiziell gebildet worden waren. Etwas, das hier geschehen war, in Sichtweite der Stelle, an der heute das Denkmal stand.
    Und Alain Barnier schien damit zu tun zu haben.
***
    Während ich nach Glasgow zurückfuhr, achtete ich nicht auf die Straße. Ich dachte auch nicht groß an das, was mich nach Greenock geführt hatte. Wieder stocherte jemand an der zusammengeringelten schlafenden Kreatur, aber jetzt hatte er in dem Zimmer im hinteren Teil meines Kopfes das Licht eingeschaltet. Ich sah einen Namen. Maillé Brézé.
    Doch die Gespenster toter französischer Seeleute waren nicht das Einzige, was mir zu schaffen machte: Ich hätte froh sein müssen, dass ich die drei Schläger halbwegs ungeschoren hatte davonkommen lassen. Dass ich eine gewisse Selbstbeherrschung gezeigt hatte. Noch vor wenigen Monaten hätte ich sie krankenhausreif geschlagen, sobald der Vorteil bei mir gewesen wäre. Ich hätte also froh sein müssen, aber ich war es nicht.
    Denn in Wirklichkeit hatte ich es genossen.

15.
    Der Platz war gut. Er war zwar nicht am Ring – nicht einmal in zweiter, dritter oder auch nur vierter Reihe –, doch als ich mich dort hinsetzte, in Smoking und mit Fliege, hatte ich eine ziemlich gute Sicht auf den Fight, auch wenn die Sicht auf Willie Sneddons Hinterkopf noch besser war. Sneddon saß mit seinem Gast, einem Glasgower Stadtrat, der dem Planungsausschuss vorstand, direkt am Ring. Das Einzige, was meine Sicht wirklich beeinträchtigte, war der Vorhang aus Tabakqualm, der in der Luft hing. Über den vordersten beiden Reihen stand er am dichtesten. Dort saßen die Zigarrenraucher.
    Ich saß neben meinen Gästen. Sneddon hatte mir zwei weitere Eintrittskarten spendiert, und ich betrieb meinerseits bestechende Gastfreundschaft. Jock Ferguson war ein Polizist von der Sorte, die gegen solche Verlockungen normalerweise immun ist, doch er hatte sich wie ein Geier auf die Chance gestürzt, den Titelkampf zu sehen. Und mir schadete es nicht, wenn die baufällige Brücke zwischen uns ein bisschen geflickt wurde. Mein anderer Gast war Dex Devereaux. Weil die Kinofilme es gar nicht oft genug betonen können, wissen wir alle, dass das FBI unbestechlich ist, und Devereaux besaß auf dieser Seite des Atlantiks ohnehin offiziell keine Polizeigewalt. Also hatte er auch nichts zu verlieren, wenn er meine Einladung annahm.
    Sneddon die Eintrittskarten abzuschwatzen war bemerkenswert einfach gewesen. Kaum hatte ich ihm gesagt, dass ich mir damit zwei Bullen gewogen machen wollte, griff er in die Tasche und hielt sie mir ohne ein weiteres Wort hin.
    Von meinem Platz aus sah ich zu, wie die Boxer – zuerst Titelverteidiger Schmidtke, dann der Herausforderer Kirkcaldy – in den Ring traten. Schmidtke war Deutscher, und in Großbritannien herrschte nach wie vor eine starke antideutsche Stimmung. Doch die Glasgower waren, trotz aller Schwierigkeiten durch Armut, Sektierertum, Gewalttätigkeit und Trunksucht, ein warmherziger Haufen. Ich war in den Provinzen Kanadas unter offenen, freundlichen Menschen aufgewachsen. Vielleicht mochte ich es deshalb hier so sehr. Wie auch immer, als Schmidtke in den Ring trat, wurde weder gebuht noch gehöhnt; man hörte nur höflichen, zurückhaltenden Applaus. Als Kirkcaldy über die Seile stieg, brandete Jubel auf, und Pfiffe gellten. In Glasgow gibt es keine größere Leidenschaft als den Stolz, und Kirkcaldy war ein Sohn der Stadt.
    Als der Kampf begann, überkam mich ein seltsames Gefühl, weil ich hier saß und etwas wusste, das nur mir, Sneddon und Bert Soutar bekannt war: dass Kirkcaldy sozusagen mit einer tickenden Zeitbombe in der Brust antrat. Ich beobachtete, wie er sich flüssig und mühelos bewegte, genau wie bei den anderen

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