Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
Vom Netzwerk:
Fremdenverkehrsverein von New Brunswick? Ich hatte zu tun, Bob. Hat jemand nach mir gefragt?«
    »Nee. Nur wieder mal der kleine Spinner da hinten.« Er nickte in Richtung eines jungen Mannes am anderen Ende der Theke.
    Ich winkte ihn heran.
    »Hallo, Davey«, sagte ich. »Ich schätze, an dem Bier hältst du dich schon den halben Abend fest, was? Gib ihm ein frisches Pint, Bob.«
    »Wie geht es Ihnen, Mr. Lennox?« Davey Wallace strahlte mich an, als er an mein Ende der Theke kam und Big Bob ihm sein Bier reichte. Davey war ungefähr eins siebzig, hatte ein so frisches Gesicht, wie die Luft in Glasgow es erlaubte, und trug einen zu großen Anzug aus zweiter Hand, der einmal teuer gewesen war. Vor einem Krieg und einer Generation.
    »Wie läuft das Geschäft?«, sprudelte er überschwänglich hervor. »Haben Sie neue Fälle?«
    »Das Gleiche wie immer, Davey«, erwiderte ich lächelnd.
    Davey Wallace war ein Träumer. Ein guter Junge, aber ein Träumer. Für viele in dieser Stadt war Glasgow ebenso Gefängnis wie Heimat. Die Schranken waren das Klassensystem und das Fehlen gangbarer Alternativen zu lebenslanger körperlicher Knochenarbeit. Die Werften und Stahlwerke verschlangen die jungen Männer der Stadt. Ich hatte mich oft gefragt, ob sie in Rotten Row, Glasgows so passend benannter Entbindungsklinik, auf die Geburtsurkunden statt »Junge« einfach »Lehrling« stempelten.
    Davey war Lehrling – er lernte Schweißer – und arbeitete in der Morgenschicht auf der Werft. Mit fünfzehn hatte er angefangen und würde höchstwahrscheinlich dort arbeiten, bis er fünfundsechzig war und seine Begeisterung für den Rock ’n’ Roll verloren hatte, weil er von dem ständigen Lärm der Nietmaschinen mit spätestens vierzig taub geworden war. Davey Wallace, siebzehn Jahre alt, mit sieben ohne Eltern, bis fünfzehn im Waisenhaus, unverheiratet und ohne Kinder, die ihn noch fester an das unentrinnbare Leben als Rädchen im Getriebe der Industrie gekettet hätten, flüchtete sich jeden Abend ins Kino, wo er es mit ganz anderen Kollegen zu tun bekam: Bogart, Cagney, Mitchum, Robinson, Mature.
    Als Davey erfuhr, dass ich ein echter Rechercheagent war, hatte er mich in der Kneipe angesprochen, wie ein griechischer Schafhirte vielleicht Zeus angerufen hätte. Seitdem erinnerte er mich bei jeder Gelegenheit daran, dass ich, wenn ich jemals Hilfe bräuchte ...
    »Danke für das Bier, Mr. Lennox.«
    »Schon gut, Davey. Solltest du nicht im Bett sein? Hast du nicht Frühschicht?«
    »Ich schlaf meistens nachmittags.« Er beeilte sich hinzuzufügen: »Aber ich stehe jederzeit zur Verfügung ... Sie wissen ja, wenn Sie bei irgendeinem von Ihren Fällen Hilfe brauchen, Mr. Lennox, bin ich immer bereit, Tag und Nacht.«
    Ich tauschte einen Blick mit dem grinsenden Big Bob.
    »Hör mal zu, Davey«, sagte ich, »mein Beruf ist nicht so, wie du ihn dir vorstellst. Es ist nicht wie im Film. Was ich für mein Geld tue, ist nichts Schönes.«
    Sein Gesicht wurde finster. »Sie sollten es mal auf der Werft versuchen. Im Vergleich dazu ist alles schön.« Er starrte düster in sein Glas. Das war eine schottische Tradition, wie ich inzwischen wusste.
    Ich seufzte. »Hör zu, Davey, ich kann dir keinen Job anbieten, weil ich keinen Job anzubieten habe. Ich muss selber kämpfen, um über die Runden zu kommen. Aber wenn sich irgendwas ergibt, wo vier Augen mehr sehen als zwei, oder wenn ich irgendwelche Hilfe brauche, dann rufe ich dich. Okay?«
    Er blickte von seinem Bier hoch und strahlte mich an. »Was immer es ist, Mr. Lennox, Sie können sich auf mich verlassen!«
    »Okay, Davey. Dann trink dein Bier aus und geh nach Hause. Wie gesagt, ich melde mich bei dir, wenn ich dich brauche.«
    Ich ließ ihn neben mir stehen, während er sein Glas leerte. Nachdem er gegangen war, kam Big Bob zurück und schenkte mir noch einen Canadian Club ein.
    »Dir ist doch klar, dass ich das Zeug nur für dich hier habe?«, sagte er. »Warum kannst du nicht Scotch trinken wie jeder andere?«
    Ich sah mich im Schankraum um und versuchte, den blaugrauen Zigarettendunst zu durchdringen. Eine Gruppe älterer Männer mit flachen Arbeitermützen saß gebeugt an einem Ecktisch, spielte Domino und rauchte Selbstgedrehte, die wie alte Matratzen stanken. In eine Wolke aus Tabakqualm gehüllt, hielten sie in ihrem Spiel nur inne, um einen Schluck Whisky zu trinken, und legten mit der Fröhlichkeit frustrierter Randalierer, die auf dem Friedhof Grabsteine umstoßen, die

Weitere Kostenlose Bücher