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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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sie schließlich, »ich kenne keinen Largo. Und ich habe Sammy nie von einem Largo sprechen hören.«
    »Okay«, sagte ich und lächelte. »Ich fahre Sie zurück in die Stadt. Am besten, Sie reisen wie geplant nach London. Ich höre mich hier um. Kann ich Sie irgendwie erreichen?«
    Sie knipste den Alligator auf und nahm eine Visitenkarte heraus. »Das ist die Nummer meines Agenten. Er heißt Humphrey Whithorn. Wenn Sie mich erreichen müssen, kann er mich immer finden. Aber was wollen Sie unternehmen? Sie haben doch nichts, dem Sie nachgehen könnten.«
    »Ich weiß, in welchen Clubs Sammy aufgetreten ist. Damit fange ich an.« Ich nahm die Karte. Der Name Sheila Gainsborough war silbergrau in dickes weißes Velinpapier geprägt. Whithorns Name stand in kleineren Buchstaben rechts unten. Wie alles andere an ihr sprach auch die Visitenkarte von Qualität und Geld. Ich versuchte mir den Namen Ishbell Pollock auf der Karte vorzustellen. Er passte nicht. »Es wäre gut, wenn Sie inzwischen bei der Bank herausfinden könnten, ob Sammy noch einmal versucht hat, Geld abzuheben.«
    Sie erhob sich, nickte und reichte mir die Hand. Ich führte sie zur Tür – weit zu gehen hatten wir in meinem Brutkasten von Büro nicht gerade – und versprach ihr, mich zu melden. Als sie die Treppe hinunterstieg, schien sie mehr zu gleiten als zu gehen. Ihre behandschuhte Hand schwebte über dem Geländer, und ihre hohen Absätze berührten die Steinstufen nur ganz leicht. Sheila Gainsborough besaß eine Anmut, wie ich sie lange bei keiner Frau mehr beobachtet hatte. Einen Augenblick musste ich an eine andere Frau denken. Die Erinnerung traf mich wie ein Fausthieb in den Magen. Diese andere Frau war tot.
    Als Sheila aus meinem Blickfeld verschwand, drehte ich mich um und kehrte in mein überhitztes Büro zurück. Lange saß ich an meinem Schreibtisch und versuchte, den Grund für das ungute Gefühl zu finden, das an mir nagte.
***
    Ich wohnte an der Great Western Road im Obergeschoss einer typischen viktorianischen Glasgower Villa.
    Aus Zufall an ein Dach über dem Kopf zu kommen, ist nichts Ungewöhnliches: Jemand kennt jemanden, der jemanden kennt, und dieser Jemand hat ein Zimmer zu vermieten. Letztendlich aber hatte ich die Wohnung einem deutschen U-Boot zu verdanken, das einen Volltreffer mittschiffs an einer Fregatte der Royal Navy Reserve landete. Die Fregatte war schneller untergegangen als die Zuneigung einer Clydebank-Hure an einen Freier, nachdem dieser gezahlt hat – und mit ihr ein junger Seeoffizier namens White.
    Keine große Sache eigentlich. Nur eine von Millionen menschlichen Kerzen, die während des Krieges vorzeitig ausgepustet worden waren. Für die hübsche junge Frau und die beiden Töchter des Seeoffiziers jedoch bedeutete dieses statistisch unbedeutende Ereignis eine Tragödie, die ihre Welt in Trümmer legte. Ihre Zukunft, die so hell geleuchtet hatte, rostete mit dem Wrack der versenkten Fregatte auf dem Grund des Atlantiks.
    Ich war auf die zerbrochene Familie White gestoßen, als ich nach einer Unterkunft suchte. Mrs. Fiona White hatte die Wohnung im Glasgow Herald annonciert. Da Fiona White von der Kriegswitwenrente leben musste, war sie auf eine drastische, aber praktische Lösung verfallen: Sie hatte das Obergeschoss des Hauses in eine mehr oder weniger abgeschlossene Wohnung umgewandelt und bot sie zur Miete an, bestand aber darauf, dass der Mieter ausgezeichnete Referenzen aufweisen müsse. Meine Referenzen waren so ausgezeichnet gewesen, wie ein Fälscher sie nur hinbekam, und Mrs. White hatte mich als Mieter akzeptiert. Ich begriff allerdings nicht so recht, weshalb sie mich bleiben ließ, wenn man bedenkt, dass ich im Laufe der letzten Jahre mehrmals nächtliche Polizeibesuche hatte.
    Andererseits war die Wohnung nicht billig, und ich zahlte die Miete jede Woche superpünktlich. Ich hätte mir eine bessere Bleibe leisten können, aber im Laufe der Zeit war mir die kleine Familie White ans Herz gewachsen. Wer mich kennt, den wird es nicht überraschen, dass mein erster Gedanke beim Anblick der hübschen jungen Witwe die Überlegung war, ob ich sie vielleicht trösten könnte. Doch mit der Zeit hatte sich in mein Verhalten Mrs. White gegenüber ungewollt etwas Ritterliches eingeschlichen, und ich fühlte mich nun als Beschützer der traurigen kleinen Familie im Erdgeschoss.
    An der Treppe hing ein Wandtelefon, das wir uns teilten. Als ich nun in meine Bleibe zurückkehrte, rief ich Lorna an. Ich hatte

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