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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Dominosteine auf den von Bierkränzen übersäten Tisch. Glasgow macht oft den Eindruck, Goya hätte es gemalt.
    »Weiß ich auch nicht, Bob«, sagte ich traurig. »Vielleicht möchte ich mir diese Wonne noch aufsparen für ...«
    »Ach du Scheiße«, fiel Bob mir ins Wort und blickte über meine Schulter. Als ich mich umdrehte, hatten vier junge Männer durch den Seiteneingang die Wirtschaft betreten.
    »Tommy! Jimmy!«, rief Bob die beiden anderen Barkeeper, und die drei traten demonstrativ entschlossen hinter der Theke hervor und gingen zu den jungen Kerlen. Die Neuankömmlinge trugen grobes Arbeitszeug und Gummistiefel; einer hatte einen ärmellosen Lederüberwurf über der Jacke. Mir fiel auf, dass sie längeres Haar hatten als üblich; der Bursche mit dem Überwurf hatte dichte schwarze Locken. Sie besaßen die sonnenverbrannte Haut, die man bekommt, wenn man mehr Zeit im Freien verbringt als drinnen.
    »Scheiß Pikeys«, brummte Bob, als er an mir vorbeiging. »Okay, Jungs – verpisst euch. Ich hab euch schon mal gesagt, dass ich euch hier nicht sehen will.«
    »Wir wollen nur was zu trinken«, erwiderte der Lockenkopf mit einer stumpfen Miene und leichtem irischem Akzent. Offenbar war er es gewöhnt, so freundlich begrüßt zu werden. »Wir wollen nur einen trinken. Ganz in Ruhe. Kein Ärger.«
    »Ihr kriegt hier aber nichts. Ihr wisst ja gar nicht, wie man in Ruhe einen trinkt. Typen von eurer Sorte haben mir den Laden schon einmal in Trümmer gelegt. Und jetzt verpisst euch.«
    Einer der anderen starrte Bob ins Gesicht. An seiner angespannten Haltung war zu erkennen, dass er überlegte, ob er zuschlagen sollte oder nicht. Sein lockenköpfiger Kumpel legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte etwas zu ihm, das ich nicht verstand. Der andere entspannte sich, und die vier gingen hinaus, still, aber nicht hastig.
    »Scheiß Pikeys«, wiederholte Bob, als sie fort waren.
    »Zigeuner?«, fragte ich.
    »Irische Kesselflicker. Sie sind zum Jahrmarkt auf dem Vinegarhill in Gallowgate hier. An der alten Essigfabrik haben sie ihr Lager aufgeschlagen.«
    »Mir kamen sie ganz vernünftig vor«, sagte ich.
    Big Bob verschränkte seine Popeye-Unterarme vor seiner massigen Brust. »Aye, so kommen sie einem jetzt vor. Aber wehe, wenn die ein paar getrunken haben. Dann drehen die durch. Wenn ich die hier saufen lasse, kann ich um Mitternacht die Möbel aufsammeln. Die taugen dann nur noch als Feuerholz. Saufen und prügeln, das ist alles, was diese Dreckskerle können.«
    »Ja, saufen und prügeln«, wiederholte ich nachdenklich, während ich zu ergründen versuchte, inwiefern dieser Umstand sie vom normalen Glasgower Kneipengänger unterschied. »Ist schon komisch«, sagte ich, »gestern Nacht war ich bei einem Pikey-Kampf.«
    »Tatsächlich? Ich wette, da hat’s Blut und Rotz gespritzt. Die sind irre, diese Arschlöcher.« Bob schüttelte den Kopf auf eine Art, die mich an die merkwürdige Ehrfurcht erinnerte, mit der Sneddon über seine kesselflickenden Faustkämpfer gesprochen hatte.
***
    Gegen zehn war ich wieder in meiner Wohnung. Als ich an Fiona Whites Tür vorbeikam, hörte ich, wie sie den Fernseher ausmachte. Ich hatte den Apparat vor einem halben Jahr gekauft, als mein Einkommen eines seiner sporadisch auftretenden Hochs durchlief. Unter dem Vorwand, das Gerät stehe in ihrem Wohnzimmer besser, weil dort mehr Platz sei, hatte ich es in ihrer Wohnung untergestellt. In Wirklichkeit hatte ich kein allzu großes Interesse am Fernsehen; für mich war nicht ersichtlich, wie es das Radio ersetzen sollte. Zu den größten Enttäuschungen meines Lebens gehörte der Anblick des Schauspielers Valentine Dyall im Fernsehen. Das Gesicht hinter der Stimme des Mannes in Schwarz aus der Radioserie Appointment with Fear passte eher zu einem missgelaunten Bankdirektor.
    Ich hatte mit Mrs. White abgemacht, dass sie und ihre Töchter den Apparat nach Belieben benutzen konnten, dass ich mir aber jederzeit etwas anschauen durfte, wenn ich den Wunsch hatte. Mrs. White nutzte den Fernseher für sich und die Mädchen, hatte es sich aber zur Gewohnheit gemacht, das Gerät abzuschalten, wenn ich in meiner Wohnung war. Als ich ihr sagte, sie könne so viel fernsehen, wie sie wolle, hatte sie entgegnet, sie mache sich Sorgen, »die Röhre könne sich abnutzen«. In Wirklichkeit – und das wusste ich – wollte sie nicht das Gefühl haben, mir etwas schuldig zu sein. Diese Zugbrücke hatte sie hochgezogen, lange bevor ich sie

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