Lennox 02 - Lennox Rückkehr
recht habe, ist das nicht unbedingt schlecht. Es könnte bedeuten, dass Sammy und Costello sich nur verstecken. Absichtlich. Das würde erklären, weshalb sie so schwer zu finden sind. Genau das hätten sie ja gewollt. Das ist aber nur eine Vermutung. Ich finde, Sie sollten sich an die Polizei wenden. Irgendetwas stimmt hier nicht. Selbst wenn Sammy aus eigener Kraft untergetaucht wäre, würde das bedeuten, dass er etwas zu fürchten hat.«
»Nein. Lassen Sie die Polizei aus dem Spiel. Wenn Sie mit Ihrer Vermutung richtig liegen, ist es sehr gut möglich, dass Sammy gegen das Gesetz verstoßen hat. Ernsthaft. Und das Gefängnis würde er nicht durchstehen.« Sie runzelte kurz die niedliche Stirn; dann schüttelte sie entschieden den Kopf. »Nein, ich möchte, dass Sie weiter nach Sammy suchen. Brauchen Sie mehr Geld?«
»Im Augenblick habe ich genug, Miss Gainsborough. Ich möchte Sie nur um eines bitten: Machen Sie Ihrem Agenten klar, dass ich nicht für ihn arbeite. Ich habe ihm nichts zu sagen, zu keinem Thema. Ich berichte nur Ihnen persönlich. Ist das in Ordnung für Sie?«
Sheila nickte. Ich griff in die Tasche, um mir eine Zigarette zu nehmen, aber mein Etui war leer.
»Oh, warten Sie einen Augenblick.« Sie stand auf und sah sich um. »Sammy raucht. Ich bin sicher, dass ich beim Aufräumen ein paar Zigaretten gefunden habe. Ach ja ...« Sie nahm eine silberne Zigarrendose vom Schreibtisch, klappte sie auf und hielt sie mir hin.
»Es sind Filterzigaretten«, sagte sie entschuldigend. Dann runzelte sie die Stirn. »Sagen Sie mal ... das ist doch die Sorte, nach der Sie gefragt haben, nicht wahr? Dieser Stummel mit dem Lippenstift daran.«
Ich nahm eine Zigarette und betrachtete sie. Sie hatte zwei goldene Ringe um den Filter. »Ja, das sind Montpelliers. Eine französische Marke.« Ich zündete die Zigarette an und zog. Es war, als würde man Dampf durch eine Decke filtern. Ich drehte den Filter mit Zeigefinger und Daumen ab, warf ihn in den Aschenbecher und drückte das ausgefranste Ende der Zigarette mit der Fingerspitze fest.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Filter sind okay für Frauen. Aber für mich töten sie den Geschmack ab.«
Sheila zeigte das Lächeln, mit dem man auf etwas reagiert, bei dem man gar nicht zugehört hat. »Also suchen Sie weiter nach ihm?«
»Ich suche weiter nach ihm«, versprach ich und hielt inne, um mir ein paar Tabakfasern von der Zunge zu klauben. »Ich weiß, dass Sie die Polizei nicht einschalten möchten, aber würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mit ein paar Kontaktleuten dort spreche? Nicht offiziell, und die Leute sind verschwiegen.«
»Und wenn sie misstrauisch werden?«
»Die Polizisten, von denen ich spreche, werden nicht misstrauisch. Sie werden nur teurer. Überlassen Sie das mir.«
Wir redeten noch eine halbe Stunde. Ich fragte sie, ob sie sich noch an irgendetwas erinnern könne, was die Leute betraf, mit denen ihr Bruder sich abgegeben hatte, besonders das Mädchen, Claire. Ich bat sie außerdem, noch einmal nachzudenken, ob ihr der Name Largo nicht doch etwas sagte. Beide Male zog ich eine Niete. Ich fragte sie, ob sie irgendwelche Örtlichkeiten wüsste, mit denen Sammy besonders verbunden war: Irgendetwas, wo er vielleicht Zuflucht suchte. Sie versuchte es. Sie versuchte es wirklich, das arme Kind, aber ihr wollte nichts und niemand einfallen, der mir bei der Suche nach ihrem vermissten Bruder weiterhelfen konnte.
Ich überließ sie ihrer verzweifelten, methodischen Hausarbeit. Ehe ich ging, sagte ich ihr, dass Sammy wenigstens in eine hübsche Wohnung zurückkehren werde. Die Wahrheit aber war, dass wir beide den Verdacht hatten, Sheila schmücke ein Grab.
***
Am Donnerstagabend gelang mir ein Durchbruch, wenn man es so nennen kann. Ich hatte meine Runde durch die Bars und Nachtclubs gemacht. Die meisten Leute kannten Paul Costello nur als Jimmy Costellos Sohn. Und die wenigen, die von Sammy Pollock/Gainsborough gehört hatten, erinnerten sich nur wegen Sheila Gainsborough an ihn. Ich bemühte mich, Musiker oder Sänger zu finden, die Paul und Sammy kannten oder von ihnen sogar das Angebot erhalten hatten, sie zu vertreten. Ich arbeitete mich von den wenigen schicken Lokalen, die es in Glasgow gab, dem Swing Den oder dem Manhattan etwa, in die raueren Arbeiterkneipen vor, von denen es in der Stadt nur so wimmelte.
Der Caesar Club gehörte zur letzteren Kategorie. Er kombinierte das Trinken im industriellen Maßstab mit den Auftritten von
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