Lennox 02 - Lennox Rückkehr
Künstlern, die so schlecht waren, dass man im industriellen Maßstab trinken musste, um sie zu ertragen. Ich traf gegen halb zehn dort ein.
Das Caesar war angemessen benannt, die Sorte Lokal, wo man bei schlechten Auftritten Steine warf. Wer dort auf die Bühne trat, brauchte weniger die Seele eines Künstlers als vielmehr die eines Gladiators. Beinahe rechnete ich damit, Nero mit Fliege am vordersten Tisch sitzen zu sehen, wo er nach jedem Auftritt den Daumen nach unten senkte. Als ich hereinkam, stand ein Komiker auf der Bühne. Er hatte das Publikum ungefähr mit dem gleichen Erfolg für sich erwärmt, mit dem Boris Karloff in Frankenstein die wütende Bauernmeute bezirzte.
Das Publikum stand kurz davor, von verbaler zu körperlicher Gewalt überzugehen, und trotz des festgefrorenen Lächelns über der Mammutfliege flitzten die Blicke des Komikers verzweifelt durch die Menge. Ich war nicht sicher, ob er versuchte, wenigstens einen einzigen Menschen zu finden, der lachte, oder ob er abschätzte, woher das erste Wurfgeschoss kommen würde. Ich fragte mich, wie jemand auf die Idee kommen konnte, in Glasgow als Komiker aufzutreten, wo doch so viele ungefährlichere Berufe zur Auswahl standen: Bombenentschärfer, Stierkämpfer oder Schwertschlucker. In mir entflammte eine tiefe, aufrichtige Sympathie für diesen Komiker.
Dann hörte ich seine nächsten beide Witze und sagte mir, dass er es nicht anders verdient hatte.
Ich kannte den Geschäftsführer des Caesar. Er drückte mir ungebeten ein ungewolltes Pint warmen Stouts in die Hand; dann führte er mich hinter die Bühne.
»Das ist der, von dem ich Ihnen erzählt habe, Lennox«, sagte er, während er mich einen langen Flur entlangführte und schließlich eine Schranktür in der Wand öffnete. Ich hörte noch immer, wie das Publikum auf den Auftritt des Komikers reagierte, und begriff zum ersten Mal, was es hieß, wenn eine Menge nach Blut schrie.
Der Wandschrank erwies sich als die kleinste Garderobe, die ich je gesehen hatte, und ich hatte in meiner farbigen Karriere schon viele Garderoben zu Gesicht bekommen. Doch den Schrank belegte kein Chormädchen, sondern ein kleiner Mann um die fünfzig mit großen braunen Augen und ohne nennenswerten Haarwuchs auf dem eiförmigen Kopf. Die Glühbirne unter der Decke war ohne Schirm, und ihr Butterschimmer auf seiner blassen Haut trug noch mehr zum Humpty-Dumpty-Eindruck bei. Er trug einen billigen Abendanzug mit Fliege. In seinem Schoß ruhte eine glänzende Trompete; ihr Koffer lag offen auf dem Regal, das als Schminktisch herhalten musste. Er lächelte, als ich hereinkam.
»Sie sind der Herr, der nach dem jungen Sammy sucht?«
»Der bin ich. Wissen Sie, wo er steckt?«
»Nein. Ich habe ihn seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Aber ich wollte Ihnen etwas über ihn erzählen. Vor zwei Wochen, vor dem Pacific – Sie wissen schon, Mr. Cohens Club –, also, vor zwei Wochen habe ich dort gespielt. Am Freitagabend. Jedenfalls war mein Auftritt vorüber, und ich wollte den Bus nach Hause nehmen. Ich war den halben Weg zur Haltestelle gegangen, als ich einen Tumult hörte. Sammy hatte Ärger mit zwei Männern. Ziemlich junge Kerle, würde ich sagen. Es wurde ein bisschen geschubst und gerempelt; ein echter Kampf war es nicht. Fair wäre er ohnehin nicht gewesen, zwei gegen einen. Jedenfalls kam dieser andere Mann aus dem Club. Er hat die Gemüter beruhigt.«
»Wie spät war es da?«
»Gegen neun. Ich hatte einen frühen Auftritt.«
»Haben Sie jemanden erkannt?«
»Nicht die beiden Schlägertypen. Sammy natürlich schon. Der Kerl, der den Streit geschlichtet hat, sah aus wie Paul Costello. Sie wissen schon, Jimmy Costellos Junge. Sie sind ständig zusammen. Paul und Sammy, meine ich.«
»Sind sie ins Pacific zurückgegangen?«
»Nein. Sie sind in ein Auto gestiegen und weggefahren. Sie standen bei dem Streit neben dem Wagen. Ich hätte der Sache keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, aber irgendetwas daran war merkwürdig.«
Ich nickte. Ein Straßenrangelei ist in Glasgow nichts Ungewöhnliches. So etwas sah man jeden Freitag- oder Samstagabend. »Inwiefern war es merkwürdig?«
»Ich weiß es nicht. Aber irgendwas war seltsam. Sie waren nicht angetrunken, nichts dergleichen. Es war eher so, als ...« Er runzelte die blasse, eierschalenähnliche Stirn. Dann fiel es ihm ein. »Es war, als wären sie eher gereizt als auf einen Kampf aus. Sammy ganz besonders. Es waren die anderen beiden, die etwas falsch
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