Lennox 02 - Lennox Rückkehr
nickte.
»Schönen Abend noch, Mädels«, sagte ich liebenswürdig, stieg in meinen Atlantic und fuhr davon.
7.
In den nächsten paar Tagen paddelte ich angestrengt und gelangte trotzdem nirgendwohin. Weder bei der Frage, was aus Sammy Pollock geworden war, noch bei der Lösung des Problems, was mit Bobby Kirkcaldy los war. Ich überlegte, den Namen meines Ladens in »Sisyphus-Detektei« zu ändern. Immerhin schaffte ich es, im Horsehead bei Big Bob eine Nachricht an den jungen Davey zu hinterlassen. Vielleicht hatte ich doch etwas für ihn zu tun.
Sheila Gainsborough war wieder in der Stadt. Sie rief mich nach ihrer Rückkehr aus London an und klang wenig erfreut, dass ich kaum etwas zu berichten hatte. Sie bestand darauf, persönlich mit mir zu sprechen, und ich fragte sie, ob wir uns in Sammys Wohnung treffen könnten.
Am Nachmittag fuhr ich dorthin. Als ich ankam, erkannte ich die Bleibe kaum wieder. Die Unordnung war beseitigt, und das ganze Apartment duftete nach Bienenwachs.
Sheila hatte sich das blonde Haar hochgesteckt und war für Hausarbeit gekleidet: eine rot karierte Hemdbluse, deren Zipfel sie über dem Bauchnabel verknotet hatte, sodass sie über einer himmelblauen Caprihose ein paar Zentimeter hellen Oberbauch entblößten. Von der raffinierten Couture, die sie bei unserem letzten Treffen getragen hatte, war keine Spur mehr, und ihr Gesicht war ungeschminkt bis auf ein wenig Lippenrot. Trotzdem sah sie zum Anbeißen aus.
»Ich musste hier einfach aufräumen«, sagte sie, »ich fühle mich besser, wenn für Sammys Rückkehr alles schön ist.«
Sie fragte mich, ob ich einen Kaffee wollte, und ich beschloss, es zu riskieren; Kaffee war in Glasgow meist irgendein Chicoréemus aus der Flasche, das mit heißem Wasser aufgegossen wurde. Sheila war jedoch alles andere als typisch Glasgow. Sie kehrte mit einem Tablett zurück, auf dem ermutigenderweise eine Kaffeekanne standen, zwei Tassen und ein Teller mit Gebäck. Sie goss uns Kaffee ein und setzte sich mir gegenüber, die Knie gebeugt, die Fußknöchel zusammen, ganz wie man es auf dem Mädchenpensionat lernt. Ich sagte mir einmal mehr, was man bei ihr doch für gute Arbeit geleistet hatte.
Sie bot mir ein Stück Gebäck an, eines dieser übersüßten Dinger, die sehr beliebt waren, seit die Rationierung geendet hatte: ein Teigkringel mit einer Füllung aus Sahne und Marmelade, die wir zu Hause in den Atlantischen Provinzen einen Burlington Bun genannt haben. Ich weiß nicht, wie man die Dinger woanders nennt.
»Nein, danke.« Ich lächelte. »Ich bin kein Freund von Süßigkeiten.« Mir fiel auf, dass sie den Teller zurückstellte, ohne sich selbst etwas zu nehmen. Für so eine Figur musste man auf einiges verzichten.
»Als wir das letzte Mal miteinander geredet haben, war ich besorgt, weil Sammy vermisst wurde.« Sie biss sich in die blutrote Oberlippe, und ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass ich mir wünschte, sie hätte mich in meine gebissen. »Jetzt habe ich große Angst, Mr. Lennox. Er scheint vom Angesicht der Erde verschwunden zu sein. Und Sie scheinen nicht den geringsten Hinweis ...«
»Hören Sie, Miss Gainsborough. Ich habe etwas herausgefunden. Ich wollte es Ihnen am Telefon nicht sagen, aber erinnern Sie sich noch an Paul Costello, den Kerl, den wir hier in Sammys Wohnung erwischt haben?«
Sie nickte. Ich sah die Beklommenheit in ihren Augen.
»Nun«, fuhr ich fort, »ich fürchte, dass er auch vermisst wird. Genau die gleichen Umstände.«
Aus der Beklommenheit wurde Angst. In Sheilas Augen schimmerten Tränen.
»Ich glaube wirklich, Sie sollten die Polizei einschalten«, sagte ich, stellte meinen Kaffee auf die Untertasse und beugte mich vor. »Ich weiß, Sie machen sich Sorgen. Wenn ich ehrlich sein soll, ich auch.«
»Aber die Polizei ...« Sie hielt inne und runzelte die Stirn. »Was halten Sie davon, dass beide verschwunden sind?«
»Ich vermute, dass einiges wahr ist an dem, was Costello über diesen geheimnisvollen Largo gesagt hat. Ich glaube zwar nicht, dass Paul ihm Geld schuldete, wie er behauptet hat, aber ich glaube auch nicht, dass dieser Largo Gorillas in Sammys Wohnung schicken würde, wenn er nicht auf irgendeine Weise in die Sache verwickelt wäre. Doch gerade das hat Costello bestritten.«
»Was geht Ihrer Ansicht nach dann vor?«
»Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, aber ich glaube, dass Sammy und Paul Costello irgendein Geschäft mit Largo gemacht haben und dass dabei etwas schiefging. Wenn ich
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