Lennox 03 - Der dunkle Schlaf
sein. Er nannte mir Stewart Provan, der uns zu Stewart Reid führte.«
»Irgendwelche Anklagen seit den Dreißigern?«
»Keine. Wie Billy Dunbar ist Provan ehrlich geworden.«
Ich nickte. Dass ich garantieren konnte, dass Dunbar nie wieder das Gesetz brechen würde, verschwieg ich.
»Und haben Sie seine Adresse?«, fragte ich.
Ferguson nickte milde und reichte mir einen Zettel mit Provans Anschrift.
»Ich danke Ihnen sehr, Jock.«
Ferguson zuckte mit den Achseln. »Lassen Sie nur McNab nicht wissen, dass ich Ihnen den Tipp gegeben habe. Apropos, was ist los zwischen Ihnen und dem Superintendent? Er benimmt sich ja fast, als wären Sie auf der Gehaltsliste. Sind Sie doch nicht, oder? Ich meine, er bezahlt Sie doch nicht aus einer Schwarzen Kasse?«
»Seien Sie nicht albern, Jock. Sagen wir mal, der Superintendent weiß meine feineren Eigenschaften mittlerweile mehr zu schätzen. Also, was halten Sie nun von dieser Verbindung zur Home Guard? Glauben Sie wirklich, dass dieser Chief Superintendent Harrison dem Kerl, der es auf mich abgesehen hatte, einen Tipp gegeben hat?«
»Ich weiß es nicht, Lennox, aber Sie wissen, dass es immer ziemlich schwer ist, an Zufälle zu glauben. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass ein leitender Beamter der Glasgower Polizei wissentlich in solchen Unsinn verstrickt ist.«
Ich zog eine Augenbraue so weit hoch, dass Archie stolz auf mich gewesen wäre.
»Wir sind nicht alle korrupt!« Jock fühlte sich angegriffen.
»Ganz bestimmt nicht alle. Jedenfalls, danke für die Adresse, Jock.« Ich stand auf. Ich wollte, dass Ferguson verschwand. Ich wusste nicht, wie lange der verängstigte Paul Downey an der Adresse bleiben würde, die Leonora Bryson mir gegeben hatte.
»Gern geschehen.« An seinem Ton merkte ich, dass er leicht verärgert war.
»Tut mir leid, Jock … aber ich muss mich um etwas kümmern. Dringend.«
Ich brachte ihn die Treppe hinunter und auf die Straße, ging um die Ecke zu meinem Atlantic und fuhr hinaus nach Bridgeton. Ich passierte die Adresse drei- oder viermal und umkreiste den Häuserblock auf beiden Straßenseiten, nur um sicherzugehen, dass es kein Anzeichen für die Bande gab, die Bryson auf Downey angesetzt hatte. Ich musste Downey in Sicherheit bringen, ehe ich mich mit Fraser befasste.
Dabei hatte ich ein unmittelbares Problem. Die Adresse lag in einem Wohnblock, der wenig mehr war als ein Slum, genau wie die Blöcke ringsum auch. Ich konnte den Atlantic hier nicht stehen lassen, hauptsächlich, weil ich nicht mehr viel davon vorfinden würde, wenn ich zurückkam, denn er würde in diesem Teil der Stadt jedem auf eine Meile Abstand ins Auge springen, und ich hatte genauso wenig Chancen, ungesehen zu Downey vorzudringen, als würde ich die Trommel rührend unter wehendem Banner anrücken. Ich fuhr eine halbe Meile weiter bis zum Bahnhof, stellte den Atlantic auf dem Parkplatz ab und ging zum Wohnblock zurück. Die genaue Nummer war schwer festzustellen, und ich entschied mich dagegen, an Türen zu klopfen und zu fragen, ob jemand Downey kannte. Ich setzte auf die Wirkung der Buschtrommel, während ich an den Wohnungen vorbeiging.
Ich hätte das Gebäude überwachen können, aber es konnte Stunden dauern, bis sich der verängstigte Downey herauswagte. Oder er war schon gar nicht mehr hier. Ich stand an der Ecke, rauchte und beobachtete Kinder ohne Schuhe, die auf vom Öl schillernden Regenpfützen Zeitungsboote fahren ließen.
Ich hatte mich gerade entschieden, doch an ein paar Türen zu klopfen, als ich Downey am Ende der Straße mit einer großen braunen Papiertüte voller Lebensmittel entdeckte. Er hatte mich noch nicht gesehen, und ich verschwand hinter der Ecke des Wohnblocks und wartete, bis er mich erreichte.
Mir tat der Bursche wirklich leid. Als er um die Ecke bog, sah er aus, als wäre er in den Sensenmann höchstpersönlich hineingelaufen, für den er mich natürlich auch hielt. Er setzte zur Flucht an, aber ich packte seinen Arm und zog ihn gegen die Wand. Er ließ die Einkaufstüte aufs Pflaster fallen.
»Du hast ihn umgebracht!«, schrie er. »Du hast Frank umgebracht! Jetzt willst du mich umbringen!«
Die Kinder, die in der Gosse spielten, ließen ihre Papierschiffchen umkippen und beobachteten uns mit einer dumpfen Neugier, die andeutete, dass sie mit derlei Vorfällen vertraut waren.
»Hören Sie auf zu schreien, Paul«, sagte ich ruhig, »sonst muss ich Sie niederschlagen, und das will ich wirklich nicht. Ich werde
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