Lennox 03 - Der dunkle Schlaf
Ihre gegenwärtigen Bekanntschaften.«
Das war die umständlichste Drohung, der ich je ausgesetzt gewesen war. Doch immerhin, sie wirkte.
»Vielleicht möchte ich mich gar nicht hineinziehen lassen«, erwiderte ich. Die Wahrheit ist: Ich war mir wirklich nicht sicher. »Die Angelegenheit ist nicht ganz meine Kragenweite.«
»Ich kann durchaus nachvollziehen, wieso Sie das so sehen könnten. Ich bin ermächtigt, Ihnen fünfzig Pfund auszuzahlen, sollten Sie sich gegen die Annahme dieses Auftrags entscheiden. Dafür müsste ich Ihnen abverlangen, eine Erklärung zu unterzeichnen, nach der Sie mit niemandem über das, was heute zwischen uns beredet wurde, sprechen werden.«
»Fünfzig Pfund?« Ich grinste. »Bitte fühlen Sie sich frei, mich jederzeit anzurufen, wenn Sie einen Auftrag für mich haben, den ich ablehnen kann.«
»Wenn Sie den Auftrag jedoch annehmen sollten, bin ich autorisiert, Ihnen eintausend Pfund in bar auszuzahlen und Ihnen weitere viertausend Pfund bei Ablieferung der Negative in Aussicht zu stellen. Und wir würden es wirklich begrüßen, wenn Sie uns in dieser Sache professionell unterstützen könnten, Mr. Lennox.«
Ich stieß einen dieser lang gezogenen leisen Pfiffe aus, die mir große Geldsummen immer entlockten. »Fünftausend? Das kapiere ich nicht. Kämen Sie nicht billiger weg, wenn Sie den Erpresser einfach bezahlen?«
»Glauben Sie etwa, das Lösegeld für diese Bilder betrüge läppische fünftausend Pfund? Auf dem freien Markt könnten diese Fotografien nahezu unbegrenzte Summen einfahren! Und natürlich bleibt ein Erpresser ein Erpresser, ganz gleich, wie er es schönredet. Ich glaube nicht eine Sekunde lang, dass wir, gäben wir seiner Forderung nach, nie wieder von ihm hörten. Doch selbst wenn keine neuen finanziellen Ansprüche gestellt würden, könnten wir uns nicht sicher sein, dass alle Negative und Abzüge vernichtet sind. Wir bezahlen Sie, Mr. Lennox, dafür, dass Sie das Geld übergeben, die Negative sichern und Sorge tragen, dass alle Abzüge bis auf die, die ich hier habe, vernichtet werden.«
»Und der Erpresser?«
»Offen gesagt, Mr. Lennox, wir würden uns wünschen, dass der Person, die für die Aufnahmen verantwortlich ist, in vollem Umfang und ohne Raum für Mehrdeutigkeiten der Ernst unserer Absichten nahegebracht wird.«
»Ich verstehe«, sagte ich. Frasers Heiligenschein der Rechtschaffenheit wurde ein bisschen getrübt; wie es aussah, musste ich meinen Totschläger doch vom Dachboden holen. »Ich weiß nicht, was George Meldrum Ihnen über mich gesagt hat, Mr. Fraser, aber ich bin kein käuflicher Prügelknabe. Aufgrund seines Bekanntenkreises sollte Mr. Meldrum aber keine Schwierigkeiten haben, ihnen zahlreiche Personen vorzuschlagen, die sich für diese Sorte Arbeit besser eignen als ich.«
Fraser hob eine Hand. »Das ist kein Auftrag für einen Prügelknaben, Mr. Lennox. Mir ist bewusst, dass Sie ehemaliger Offizier sind und ein Mann von einiger Intelligenz wie auch … nun, einer robusten Herangehensweise. Sie haben die Fotografien gesehen und begreifen, wie heikel die Angelegenheit ist. Wir brauchen jemanden, der entschieden und gleichzeitig diskret vorgehen kann. Also, Mr. Lennox, zahle ich Ihnen fünfzig oder eintausend Pfund?«
Ich musterte einen Augenblick lang sein unscheinbares Gesicht.
»Ich habe im Moment andere Verpflichtungen.«
»Ich erwarte von Ihnen, dass Sie alles andere hintanstellen, bis Sie sämtliche Originale dieser Fotografien an sich gebracht haben.«
»Das geht nicht«, erwiderte ich. »Freitags habe ich einen Geldtransport zu überwachen.«
»Ich bin sicher, Sie können einen Vertreter finden.«
»Nein, um den Transport kümmere ich mich persönlich. Und ich arbeite an einem weiteren Fall, für den ich im Voraus bezahlt worden bin. Er wird nicht viel von meiner Zeit in Anspruch nehmen, aber ich kann ihn nicht fallen lassen. Was Sie von mir wollen, kann ich trotzdem tun, wenn Sie mir genügend Anhaltspunkte liefern. Aber meine Fallbelastung tangiert das nicht.« In letzter Zeit benutzte ich oft das Wort »Fallbelastung« statt Aufträge: Es klang so professionell. Mehr nach einem Anwalt, weniger nach einem Klempner. »Außerdem sind diese anderen Fälle mein Problem, nicht Ihres.«
»Ich fürchte, wir würden gerade dies als unser Problem betrachten«, entgegnete Fraser.
»Wir?«
»Das Studio, meine Londoner Kollegen und ich natürlich«, sagte Fraser. »Sie werden sich immer direkt an mich wenden, Mr. Lennox.« Er
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