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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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stellen für jeden, der mit ihnen in Berührung kommt, eine Gefahr dar. Jede Zeitung, jede Zeitschrift, welche die Fotografien mit noch so viel strategisch platzierten schwarzen Balken abdruckt, müsste mit Strafverfolgung nach dem Gesetz über unzüchtige Schriften rechnen. Aber das ist nicht unser eigentliches Problem. Eine Zeitung kann drucken, dass sie im Besitz der Bilder ist, und grob beschreiben, was man auf ihnen sieht. Dann fällt es Ihnen zu, die Vorwürfe zu widerlegen, was Sie nicht können, denn die Bilder mögen nicht publizierbar sein, aber in einem Verleumdungsprozess wären sie als Beweismaterial zulässig. Und ich muss leider sagen, auch in einem Strafverfolgungsprozess. Sie sind sich im Klaren darüber, dass die gezeigten Handlungen gegen schottisches Gesetz verstoßen?«
    »Gegen amerikanisches Gesetz auch, Mr. Lennox.«
    »Schon, aber die Schotten lassen sich leicht dafür begeistern, solche Fälle vor Gericht zu bringen. Presbyterianischer Eifer.«
    »Vertrauen Sie mir, das kenne ich sehr gut, Mr. Lennox. Macready ist kein Pseudonym, ich stamme aus Schottland. Mein Vater und mein Großvater waren beide Älteste der Presbyterianischen Kirche von West Virginia.«
    »Weiß Ihr Vater von …?« Ich suchte nach einem passenden Wort irgendwo zwischen ›Neigung‹ und ›Problem‹, aber es ließ sich nicht fassen. Macready bemerkte mein Unbehagen und lachte leise und bitter auf.
    »Mein Vater hat nie mit mir darüber gesprochen, und ich habe das Gespräch mit ihm nicht gesucht. Ich weiß aber, dass er davon weiß. Trotz meiner Verdienste im Krieg, meinen Leistungen als Schauspieler und des Reichtums, den ich angesammelt habe, entdecke ich in den Augen meines Vaters nur Enttäuschung, wenn er mich anblickt. Enttäuschung und Scham. Und wie Sie bereits sagten, Mr. Lennox, machen mich meine sexuellen Vorlieben aus irgendeinem Grund zum Verbrecher. Ich möchte aber, dass eines absolut klar ist: Ich schäme mich nicht im Geringsten dafür, wer und was ich bin. Es ist meine Natur, keine Sünde und auch keine Perversion. Ich bin nicht geworden, was ich bin, weil jemand an mir herumgefummelt hat, als ich noch ein Junge war, und auch nicht, weil ich an zügellosem Sexualtrieb leide, den ein Geschlecht allein nicht befriedigen kann. Zufällig trifft letztere Beschreibung auf einen Ihrer britischen Leinwandhelden zu.«
    »Aber das Studio …«
    »Das Studio weiß Bescheid. Schon seit Jahren. Sicher, es bereitet denen schlaflose Nächte, aber nicht aus irgendeinem verdrehten Gefühl, die sexuelle Moral aufrechtzuerhalten; interessant ist für das Studio nur, was die Schlagzeile an der Kinokasse bewirken könnte. Unter dem Strich. Glauben Sie mir, in Hollywood sieht man die Welt mit liberaleren Augen als in Fayette County, West Virginia … oder Schottland. Dass ich schwul bin, ist in Hollywoodkreisen ein offenes Geheimnis, Mr. Lennox, aber man hält es vor der Warteschlange am Filmtheater in Poughkeepsie oder Pottsville oder Peoria geheim. Was und wen Sie auf der Leinwand als John Macready sehen, ist eine Illusion – aber eine Illusion, an die die Kinobesucher glauben müssen.«
    Ich dachte über Macreadys Worte nach. »Ich bin nicht hier, um ein Urteil über Sie zu fällen, Mr. Macready. Offen gesagt ist es mir schnurzegal, was jemand hinter verschlossenen Türen macht, solange niemand dabei zu Schaden kommt. Und ich bin der Meinung, dass die Polizei ihre Zeit wesentlich sinnvoller nutzen könnte. Aber Sie sind ein Hollywoodstar und der andere ist Sohn eines der prominentesten Aristokraten Schottlands. Die Lage ist ernst.« Ich verstummte und trank einen Schluck Whiskey. Der Bourbon war kräftig und gut gealtert; ich vermutete, er stammte nicht aus dem Hotelvorrat. Ich war vier Häuserblocks und eine Million Meilen vom Horsehead entfernt. »Der andere Mann auf den Bildern … Sie haben ihm nichts gesagt?«, fragte ich.
    »Nein. Noch nicht. Mir wurde geraten, es zu unterlassen, aber ich finde, er hat ein Recht darauf, es zu erfahren.«
    »Ich würde mir den Rat zu Herzen nehmen, den Sie bekommen haben, Mr. Macready. Die … Prominenz des jungen Mannes ist etwas, das uns vielleicht in die Karten spielt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Presse von den hohen Tieren die Freigabe bekommt, über dieses Thema zu schreiben. Es wäre durchaus denkbar, dass sie eine D-Notice erhalten.«
    Macready sah mich fragend an.
    »Eine D-Notice ist ein staatliches Verbot von Berichterstattung, die gegen nationale Interessen

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