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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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nachpoliert, entschlossen an Mrs. Whites Tür geklopft und darum gebeten, sie zu sprechen. Als wir in ihrer kleinen Küche zusammensaßen, übernahm ich das Reden: Ich sprach davon, was der Krieg uns beiden angetan hatte, was ich für sie empfand, wie ich die Vergangenheit hinter mir – hinter uns – lassen wollte und wie wir vielleicht des anderen Schmerz lindern konnten. Bis die Wunden heilten.
    Sie hörte mir schweigend zu, in den grünen Augen eine Andeutung des Funkelns, das sie ganz hätte erfüllen sollen, und als meine Zuneigungserklärung beendet war, suchte sie meinen Blick und kündigte mir ohne zu zögern die Wohnung.
    Ich fasste das als ein bisschen weniger als ein Vielleicht auf. Natürlich versuchte ich, sie zu überreden, doch sie brach ihr eisiges Schweigen nur, um zu wiederholen, dass sie erfreut wäre, wenn ich meine Wohnung innerhalb der nächsten vierzehn Tage räumen könnte. Ich hatte mich, das muss ich zugeben, mehr als nur ein wenig zurückgewiesen gefühlt.
    Der Vorfall hatte mir einiges über meine Empfindungen in Bezug auf Fiona White klargemacht. Auch wenn es schwer zu glauben ist, gelegentlich war ich tatsächlich schon Frauen begegnet, die es mit mir unbegreiflichen Mitteln schafften, mich absolut widerstehlich zu finden. Doch Fiona Whites Zurückweisung traf mich in meinem Innersten.
    Am nächsten Tag klopfte es leise an meiner Tür. Mrs. White stand verlegen und steif da und eröffnete mir, dass ich nicht ausziehen müsste, es sei denn, ich hätte bereits etwas gefunden, und sagte, dass sie sich für ihre schroffe Art entschuldigen wolle. Ich war erleichtert, doch sie brachte ihre Entschuldigung derart unpersönlich vor, dass ich den Eindruck hatte, ich sollte ihre Worte stenografieren. Sie fuhr fort, sie würdige zwar, dass mein Bekenntnis zwar wohlgemeint gewesen sei, es jedoch auf gar keinen Fall für sie infrage käme, sich auf einen Mieter einzulassen. Bei dieser Ankündigung stockte ihr der Atem, und ich sah, dass der Hals über dem weißen Kragen ihrer Bluse rot anlief. Mich überfiel das Bedürfnis, zu ihr zu eilen und die Rötung zu küssen, doch ich begnügte mich vorsichtshalber mit dem Mietvertrag. Als sie fertig war, fragte sie, ob ich einverstanden sei; ich bekundete mein Einverständnis, und sie schüttelte mir die Hand mit der Zärtlichkeit eines Rugby spielenden Bankdirektors.
    Trotzdem war das ein wichtiger Vorfall. Ich hatte geahnt, dass sie mich bitten würde, nicht zu gehen, und ihre Behauptungen, zwischen uns könne sich nie etwas entwickeln, klangen alles andere als überzeugend.
    In den Monaten seither hatte sich allmählich eingebürgert, dass ich hin und wieder mit Fiona White und ihren Töchtern einen Abend lang vor dem Fernseher saß, den ich gekauft hatte, der auf meinen Vorschlag hin aber im Erdgeschoss stand. Ich hatte Ausflüge in den Edinburgher Zoo, die Kunstgalerie und das Museum von Kelvingrove organisiert, bei denen Fiona ihre beiden Töchter als Anstandsdamen immer mitgenommen hatte.
    Ich arbeitete auf ein langfristiges Ziel hin.
    In der Zwischenzeit musste ich kratzen, wo es mich juckte, und ich kratzte mich, wie ich es immer getan hatte, aber mit noch größerer Diskretion. Ich hatte immer gespürt, dass Fiona White mich in ein wenig zu schlechtem Licht sah, und das aufgrund fadenscheiniger Beweise: zum Beispiel, weil die Polizei sie einmal mitten in der Nacht aus dem Bett geholt und mich in Handschellen abgeführt hatte, oder einmal, als eine junge Dame, von der ich mich gerade getrennt hatte, aufkreuzte und eine Szene machte. Daher tat ich mein Bestes, damit meine Affären so unsichtbar wie möglich blieben. Eine größere Schwierigkeit stellte in diesem Zusammenhang dar, dass Fiona White meiner Meinung nach genau wusste, wann ich eine Nacht außer Haus verbrachte. Nach unserem Gespräch unter zwei Herzen achtete ich darauf, dass ich nie über Nacht wegblieb, und wenn doch, verständigte ich meine Hauswirtin vorher und erklärte, ich sei geschäftlich unterwegs. Das entsprach so gut wie nie der Wahrheit.
    Ich hatte allerdings, wenn ich ehrlich bin, auch keine Hemmungen, in meinem eigenen Bett zu schlafen, nachdem ich mit einer Frau zusammen gewesen war. Wahrscheinlich ist das der Unterschied zwischen Männern und Frauen: Frauen wollen, dass man nach Intimitäten bei ihnen bleibt. Für den durchschnittlichen Schotten ist das ungefähr so, als verlangte man von ihm, noch drei Stunden nach Ende des Spiels im Fußballstadium zu warten. Dabei

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