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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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den Leuten Gute Nacht, Gracie«, sagte ich, als er zu Boden ging.
    Paul begann herumzuschreien, und ich gab ihm eine saftige Ohrfeige, damit er still war. Ich packte ihn bei der Kehle und knallte ihn gegen die Wand.
    »Jetzt geht’s los, Paul«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Ich war angeheizt. Ich musste angeheizt sein, denn ich hasste, was ich tat: Paul war kein Kämpfer, und ich sah nichts als blankes Entsetzen in seinen Augen. Egal, was aus mir geworden war, mir machte es keine Freude, auf den Schwachen herumzutrampeln. Aber es musste sein.
    »Also«, sagte ich leise und bedrohlich, »ich lasse deinen Hals los, aber du bist brav und leise wie in der Bücherei, hast du kapiert?«
    Er nickte wild. Verzweifelt.
    »Denn wenn du nicht still bist, wachst du im Streckbett wieder auf. Haben wir uns verstanden?«
    Er bejahte erstickt, und ich ließ ihn los. Frank gab ein rasselndes Schnarchen von sich, wenn er atmete, also beugte ich mich zu ihm runter und sah ihn mir an. Ich legte ihn in die Position, die ich bei der Army gelernt hatte, und das Schnarchen hörte auf. Während ich unten war, zog ich meine Visitenkarte aus seiner Hosentasche und versuchte nicht daran zu denken, dass er es bei Bewusstsein wahrscheinlich genossen hätte, von mir abgetastet zu werden.
    »Ist er tot?«, fragte Downey mit hoher, zitternder Stimme.
    Gut gemacht, Lennox , dachte ich.
    »Nein. Er kommt wieder in Ordnung. Vielleicht ist er nicht mehr so helle wie vorher, aber so ist das nun mal bei einem Hirnschaden. Hör zu, Paul. Ich schätze, er ist noch ein paar Minuten außer Gefecht. Wenn er zu sich kommt, solange ich hier bin, muss ich ihn wieder schlafen schicken, verstehst du? Und das könnte bedeuten, dass er die nächsten fünfzig Jahre in eine Windel pinkelt und auf sein Hemd sabbert. Wenn du also kein echter Glasgower bist und vielleicht sogar Gemüse magst, dann hast du jetzt zweierlei zu tun. Erstens übergibst du mir diese Fotos, und ich meine: alle. Jeden Abzug, jedes Negativ, eben alles. Zweitens, und das wird erheblich schwieriger, musst du mich überzeugen, dass ich alles habe, was es gibt. Denn wenn du das nicht schaffst, dann werde ich böse auf dich und Veronica. Und sollte ich, nachdem ich fort bin, erfahren müssen, dass ich nicht alles bekommen habe, dann finde ich dich und deinen Kumpel wieder, aber dann komme ich mit ein paar Freunden, und wir lassen richtig die Sau raus.«
    Wieder nickte er heftig, und sein Gesicht verriet mir, dass er genau tun würde, was ich ihm sagte.
    »Sie sind da drin …« Er machte eine Kopfbewegung zu der geschlossenen Tür am anderen Ende des Korridors. Ich packte ihn beim Hemd und schob ihn vor mir her. Das Hemd zerriss. Er fummelte mit den Schlüsseln herum, die er aus der Tasche zog, und ich riss sie ihm aus der Hand.
    »Welcher?«
    »Der …« Er zeigte darauf, und ich sah, dass seine Hand zitterte. Ich bekam allmählich ein schlechtes Gefühl. Paul Downey machte einfach nicht den Eindruck, als könnte er der Hintermann solch einer ausgeklügelten Erpressung sein. Und sein Freund im Übrigen auch nicht, Muskeln hin oder her.
    Ich öffnete die Tür und befahl Downey, das Licht einzuschalten. Er gehorchte, und eine Sekunde später war der kleine Raum in rotes Licht getaucht. Eine Dunkelkammer. Auf den ersten Blick sah ich, dass sie ziemlich improvisiert war. Ich entdeckte einen Schrank und einen Tisch mit Geräten und Chemikalien zum Entwickeln; neben einem kleinen flachen Kasten darauf lehnten flache Schalen zum Trocknen an der Wand. An einer quer durch den Raum gespannten Leine hingen mit Wäscheklammern befestigte Abzüge.
    »Gut, Paul, gib sie her.«
    Er öffnete den Schrank und nahm eine Keksdose aus Blech heraus, die mit rotem Tartan und Fotografien von Edinburgh Castle bedruckt war – die Schotten waren die einzige Nation, die ihren eigenen Touri-Mist kaufte.
    Ich kippte sie aus: Abzüge von den Fotografien, die Fraser mir gezeigt hatte, und ein paar mehr, dazu ein blaues Luftpostkuvert mit Streifen aus Acetatfilm: die Negative. Doch die Macready-Fotografien waren nicht das Einzige, was in der Dose lag; ich fand noch zwei weitere Fotoserien. Zu jeder Serie gab es ein blaues Luftpostkuvert mit Negativen. Ich breitete sie auf dem flachen Kasten aus. Den bekannten Glasgower Geschäftsmann erkannte ich sofort, auch wenn er mir nicht seine beste Seite zukehrte. Er war ein aufrechtes Mitglied der Kirchengemeinde, schwer bei der Wohltätigkeitsarbeit engagiert, was er nie zu

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