Lensmen 01 - Die Planetenbasis
Er ließ den Tisch wieder verschwinden und betrat vorsichtig den Raum.
Während an der Tür drei schwerbewaffnete Wächter Aufstellung nahmen, führte ihn Costigan an den Beobachtungsschirm und ließ den Visi-Strahl durch das nevianische Raumschiff wandern. In den Lagerräumen, die die Reste des Piratenschiffes enthielten, machte er Halt. Es entbrannte eine heftige Diskussion, die mit Armen und Tentakeln ausgetragen wurde, und obwohl das Gespräch nicht gerade fließend vorankam, machten sich die beiden Parteien doch verständlich. Nerado wollte es den Erdbewohnern nicht gestatten, in ihr Schiff zu ziehen – das Risiko war ihm zu groß –, aber nach längerem Hin und Her ließ er sich dazu überreden, die Vorräte seiner Gefangenen herbeizuschaffen.
Kurz darauf brutzelten die nevianischen Fische in einer Pfanne, und es verbreitete sich der anregende Duft von Kaffee und geröstetem Biskuit. Die Nevianer verließen fluchtartig den Raum und begnügten sich damit, den Rest dieser seltsamen und ekelerregenden Zeremonie auf ihren Bildschirmen zu verfolgen.
Nachdem das Frühstück beendet und alles wieder bestens aufgeräumt war, wandte sich Costigan an Clio:
»Mädchen, ich muß mit dir reden«, sagte er energisch. »Du mußt unbedingt schlafen. Du bist völlig übermüdet. Deine Augen sehen aus, als ob du an einem marsianischen Picknick teilgenommen hättest, und gegessen hast du auch kaum. Du mußt gut schlafen und essen, um in Form zu bleiben. Es liegt uns nichts daran, daß du plötzlich zusammenbrichst und uns Schwierigkeiten machst. Du legst dich also sofort hin und schläfst mindestens fünf Stunden ...«
»Bitte mach dir keine Mühe! Ich werde später schon schlafen. Ich bin ganz ...«
»Du schläfst jetzt«, befahl er. »Ich hätte nie geglaubt, daß es dich nervös macht, wenn ich und Bradley in der Nähe sind. Keine Sorge, wir werden dich bewachen wie zwei Hennen ihr Küken. Los jetzt, leg dich hin und mach die Augen zu!«
Sie lachte über den Vergleich, legte sich aber gehorsam hin. Costigan setzte sich zu ihr und hielt ihre Hand. Die Pausen zwischen den Worten des Mädchens wurden immer länger – gleich darauf fielen ihr die Augen zu, und das tiefe und regelmäßige Atmen zeigte ihm an, daß sie eingeschlafen war.
Er betrachtete sie liebevoll. Wenn es doch nur Hoffnung gäbe, dieser Zwickmühle irgendwie zu entkommen!
Einige Stunden später wurde er durch das laute Lachen Clios geweckt und fuhr auf. Er war neben ihr eingeschlafen! Anscheinend waren die Anstrengungen der letzten Tage doch zu viel für ihn gewesen. Clio war durch den Schlaf sehr erfrischt und strahlte gute Laune aus. Und sie war hungrig.
»Du bist mir ja ein schöner Wächter«, sagte sie lachend. »Aber ich habe trotzdem gut geschlafen. Ich möchte nur wissen, ob ich jemals wieder einschlafen kann, wenn du nicht bei mir bist, um mir die Hand zu halten.«
»Ich kann mir vorstellen, daß er nichts dagegen hat«, bemerkte Bradley aus dem Nebenraum.
Als die drei Erdbewohner nach dem Essen über ihre Fluchtchancen berieten, wurden sie von Nerado gestört, der – begleitet von seinen drei Wächtern – einen Kasten hereintrug, an dem er sich sofort zu schaffen machte. Seine Gefangenen musternd, drehte er an verschiedenen Knöpfen, und plötzlich stieß der Apparat einen Schwall fremdartiger Laute aus, die offensichtlich Sprechgeräusche waren. Costigan ging ein Licht auf.
»Halt – das ist es, jawohl«, rief er und fuchtelte aufgeregt mit den Armen. »Clio, sie können sprechen, aber ihre Stimmlage ist wesentlich tiefer oder höher als unsere – daher konnten wir uns gegenseitig nicht hören. Das scheint ein Schwingungs-Konverter zu sein – der Bursche ist gar nicht so dumm!«
Nerado hörte Costigans Stimme, daran konnte kein Zweifel bestehen. Er senkte lauschend den Kopf, und obwohl sich Nevianer und Menschen nicht verstanden, wußten sie, daß ihre beiden Rassen zumindest in diesem Punkt eine ähnliche Entwicklung genommen hatten. Dieser Tatbestand beeinflußte die Beziehungen zwischen den Nevianern und ihren Gefangenen überaus positiv.
Die Nevianer begannen die Möglichkeit einzusehen, daß die seltsamen Zweibeiner vielleicht doch intelligent waren – und die Erdbewohner schöpften neue Hoffnung.
»Wenn sie sprechen können, kann es nicht so schlimm um uns stehen«, sagte Costigan. »Wir sollten versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, ohne uns weiter um unser Schicksal zu sorgen. Wir hatten ohnehin noch keinen
Weitere Kostenlose Bücher