Lensmen 08 - Drachen-Lensmen
elektronischen Geräte, Datenbänke und Kontrollen, die er für seine Arbeit brauchte. Das Gebilde sah eher aus wie ein großer Pokertisch – und genau diesen Eindruck wollte Kinnison erzeugen. Der Tisch war bis auf eine Vase mit fixierten Blumen aus seinem Zuhause auf Klovia leer – und bis auf ein platingerahmtes 3-D-Bild seiner Braut Clarissa, der rothaarigen Roten Lens-Trägerin.
Trotz seiner Fähigkeiten, trotz der Hingabe an seine Verantwortung, verabscheute Kimball Kinnison ein Büro, wenn dieses Büro zu seinem persönlichen Gefängnis wurde. Es kostete nicht viel, ihn hinter seinem Schreibtisch hervorzulocken und auf Abenteuersuche zu schicken. Als Worsels Bericht über den spektakulären Aufbruch Pfeils ihn erreichte, erkannte er sofort ein einzigartiges rätselhaftes Ereignis, um das er sich persönlich kümmern mußte. Ließ sich der Verstand eines Lens-Trägers so manipulieren, daß er sich selbst im Wahnsinn glaubte? Das Omen verhieß ungeahnte Gefahren. Schon eine Stunde später befand er sich an Bord der Dauntless, wie ein altes Feuerwehrpferd, das auf das erste Klingeln des Alarms reagiert.
Als die Dauntless aus dem freien in den trägen Flug zurückkehrte und sich auf die Eigenbewegung des Planetoiden einstellte, war Kinnison bereit, in Aktion zu treten. Aber dazu bestand kein Anlaß. Wegen seiner bevorstehenden Ankunft war die üble Wunde in Poks Flanke verdeckt worden. Die zehn Quadratkilometer große Lücke hatte man mit riesigen weißen Plastikplanen mit der Umgebung verblendet, Staub und Schrotteile waren mit Traktorstrahlen beseitigt worden – von den geschickten Händen der Techniker der Patrouille gelenkt, hatten diese Strahlen die Reste zu einem Ball zusammengefügt und an einer der Kratermauern verankert.
»Gut gearbeitet, Worsel«, meldete sich Kinnison telepathisch, der noch immer auf der Couch lag und zur Decke blickte. »Draußen kein sichtbarer Schaden, eine glatte Landung, feinstens herausgeputzte Patrouillenangehörige, die mich stramm begrüßen und schließlich ein umfassender Rundgang.« Diese Tour, die vom Kommandeur des Planetoiden geleitet wurde – denn Pok wurde als Schiff eingestuft –, war lang und gründlich. Innen war die Zerstörung extrem. Ebene 97, die im 27-Grad-Bogen lag, war ins All hinaus verschwunden – ebenso alle Ebenen im gleichen Segment, von Ebene 88 bis zu Ebene 750. Die Wandverstrebungen und Fußböden waren wie durch einen symmetrischen Trennstrahl abgeteilt worden und hinterließen eine makellose, leere, umgekehrt konische Öffnung. Das kleinere Ende dieses abgeschnittenen Kegels befand sich tief drinnen bei Ebene 88, etwa einen Kilometer entfernt. Der unbeschädigte Fußboden von Ebene 88 war zu bewundern, darauf verschiedene Gegenstände, ein Stuhl, ein Stativ, einige Trennwände für Ausstellungszwecke – hier schien nichts berührt worden zu sein. Auf Ebene 89 hatte der Bergenholm-Antrieb gestanden. Ohne Schutzschild in Aktion gebracht, hatte das Gebilde ein einen Kilometer durchmessendes Kraftfeld ausgestrahlt, das sich beim Losrasen zu Poks Außenhülle in der Größe vervierfachte. Das Kernstück der Großen Maschinenhalle, in Wahrheit eine miteinander verbundene Serie großer und kleiner Räume, war wie von einem kosmischen Apfelentkerner aus dem Planetoiden geholt worden. Nicht nur Pfeil-22 war fort, sondern auch Einheit 9-7-1 und der Maschinenverbund. Auf jeder Ebene waren die regulären Schotten geschlossen worden, die meisten automatisch durch den Druckabfall. Kinnison erfuhr, daß Worsel und Kallatra und die übrigen bange Minuten durchstehen mußten, bis es ihnen gelang, sämtliche Löcher abzudichten und Pok wieder weltraumfest zu machen. Durch die Sichtluken der Schotten blickend, war allen klar geworden, daß das gesamte Nest neuentdeckten Maschinenlebens ins All hinausgeschleudert worden war. Es war ein verblüffendes Ereignis – kaum vorstellbar insbesondere, daß nichts anderes als eine verängstigte Maschine dahinterstand, die nicht einmal ihre eigenen Fähigkeiten kannte.
»Alter Schlangenfreund«, sagte Kinnison befriedigt, »wenn es Ärger gibt, hat das auch einen Vorteil. Je mehr Probleme sich aufhäufen, desto besser stehen die Chancen, mal wieder zusammenzukommen.« Er richtete sich auf und leerte das Glas, das er in der Hand hielt. Wenn man einen guten Freund wiedersah, wurde das natürlich mit einem guten Schluck gefeiert, gewöhnlich Fayalin. Hier und heute wurde ein anregendes, wenn auch ungiftiges Getränk
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