Lensmen 10 - Z-Lensmen
ehrfürchtig.
Das Kind war natürlich hübsch – was an einem wenige Wochen alten Winzling nichts Besonderes war –, doch wirkte es zugleich kräftig und besaß eine gewisse Präsenz. Die kleinen Augen öffneten sich und schauten funkelnd, ein besonders anziehender Ausdruck. Aber schon schlossen sich die Augen wieder und nahmen die Vision mit sich fort.
Christopher K. Kinnison, Kind der Lens.
Als Cloudd das Krankenhaus verließ, war er gutgelaunt und deprimiert zugleich. Er gab sich keine Mühe, seine Gefühle zu analysieren, sondern war mit der Erkenntnis zufrieden, daß er etwas Einzigartiges, Unvergeßliches erlebt hatte. Das Kind war die Vollkommenheit in Person. Um so mehr kamen Cloudd plötzlich seine eigenen physischen Unzulänglichkeiten zu Bewußtsein, und er streckte hastig die linke Hand in die Seitentasche, als wolle er die Tatsache verbergen, daß ihm dort die Hälfte der Finger fehlte. Eines Tages, irgendwann einmal, würde etwas eintreten, das ihn dazu brachte, sich als Lens-Träger zu bewerben.
Fünf Minuten vor neun Uhr war er zur Stelle – und ebenso Lalla Kallatra, doch die Zeit war zu knapp, um noch mit ihr zu sprechen. Er musterte sie unter gesenkten Lidern. Sie war eine Statue, die Parodie einer Frau; wenn man sie sich als zweite Lens-Trägerin im Universum nach Clarissa Kinnison vorstellte, kam man nicht darum hervor, sich auch den Gegensatz zu verdeutlichen. Stimmte mit ihr etwas nicht? Was meinte die Rote Lens-Trägerin, wenn sie sagte, der Robotoiden ging es »nicht so besonders«? Der Körper war ein technisches Produkt; bis auf das Gehirn war sie durch und durch Maschine. Bekam sie Kopfschmerzen? Ach, egal! Cloudd schnaubte durch die Nase und murmelte abschätzend vor sich hin: »Wahrscheinlich ist bei ihr eine Schraube locker.«
Kinnison kam sofort zur Sache. Über Nacht hatte sich nichts Neues entwickelt. Er übergab das Wort an Präsident Haynes.
Haynes, ein meisterlicher Taktiker und Stratege, verschwendete ebenfalls keine Zeit. Er streckte das Kinn vor, fuhr sich mit den noch immer kräftigen Fingern durch das grau werdende Haar und sagte: »Ich habe Ihre Einsatzbefehle vor mir auf dem Tisch liegen.« Er klopfte mit den Fingern der anderen Hand darauf. »Wenn ich Sie entlasse, nehmen Sie sie hier vorn mit. Nun werde ich Ihnen eine Zusammenfassung Ihres Einsatzes geben.
Kimball Kinnison wird nach Klovia zurückkehren, um die Großflotte der Zweiten Galaxis zu organisieren. Clarissa Kinnison bleibt hier im Institut, paßt auf das Kind auf und arbeitet mit ihm.
Raoul LaForge wird die Großflotte der Ersten Galaxis formieren und sein Hauptquartier zunächst im Zentralstützpunkt beziehen.
Generalgeistlicher Chon wird mit dem Überläufer Gronitskog über eine mögliche Verwicklung der Eich sprechen. In etwa einer Woche, je nachdem, was er herausfindet, wird er nach Velantia reisen, um sich mit LT2 Worsel zu besprechen.
Lalla Kallatra wird sich sofort zum Zwecke einer Untersuchung in das Worsel-Institut auf Velantia begeben und dort die neuesten Aktionen der Eich studieren; später trifft sie dann mit LT2 Worsel und dem Generalgeistlichen Chon zusammen.«
Die Formulierung »zum Zwecke einer Untersuchung« fiel Cloudd sofort auf. Was hatte das zu bedeuten? War Kallatra wirklich krank?
Während Haynes die Einsätze anderer Lens-Träger aufzählte, deren Namen Cloudd nicht kannte, betrachtete er das gelassene Metallgesicht des weiblichen Robotoiden. Wie alt war sie? Siebzehn, achtzehn, neunzehn? Er wußte es nicht mehr. Hatte sie sich von jenem schrecklichen Augenblick draußen im Tiefraum erholt? War sie wirklich über die schlimme Tragödie hinweg, in deren Verlauf ihr Körper zerstört worden war und ihr Vater sich geopfert hatte, um ihr Gehirn zu retten? Oder starb sie jetzt auch? Würde er sie jemals wiedersehen?
»... und Lieutenant Benson Cloudd ...« Cloudd fuhr auf und bekam Haynes' abschließende Worte eben noch mit. »... wird LT2 Nadreck begleiten.
Bitte bedenken Sie, meine Damen und Herren«, beendete Haynes seinen Vortrag, »wie wichtig es ist, daß Sie LT2 Tregonsee täglich berichten. Das wäre alles. Nun wollen wir uns so verhalten, als wären die Abschlußfeierlichkeiten unsere einzige Sorge, und dieses Haus so natürlich wie möglich verlassen. Für den Fall, daß ich Sie am Raumflughafen nicht mehr sehe, möchte ich Ihnen sagen, daß meine besten Wünsche und die des Rates Sie begleiten.«
Alle gerieten in Bewegung und besorgten sich Kopien ihrer
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