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Lenz, Siegfried

Lenz, Siegfried

Titel: Lenz, Siegfried Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Exerzierplatz
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Fund machten wir eine Pause, und er erzählte, wovon sie lebten am Anfang hier, im großen Nebel, unter gutmütigen Tieren, von jedem Schaber, jeder Axt wußte er eine Geschichte, ich konnte nicht genug bekommen, doch eines Tages sagte er, daß er die Kiste nach Schleswig bringen würde, in ein Museum, was er aber später vergaß oder für sich widerrief, jedenfalls blieb sie in seinem Besitz und machte unsere Umzüge mit. Du hast sie doch aufs Land getragen, sagt Joachim, du hast an einem Abend die Kiste getragen, und der Chef ging hinter dir her. Ja, sage ich, der Chef wollte es. Siehst du, Bruno, und nun erzähl uns auch mal, was ihr mit den Werkzeugen gemacht habt. Warum will er das wissen, wenn er schon das andere weiß? Als wir allein in den Quartieren waren, ist der Chef mir vorausgegangen, mit dem Blick auf die Erde, er hatte einen kurzstieligen Feldspaten bei sich, damit hob er ein Loch aus und sagte: Hier, und hob an anderer Stelle wieder ein Loch aus und sagte wieder: Hier, und ich nahm aus der Kiste, was sich gerade anbot, und legte es in die Öffnung, die er gleich zuschüttete. Vergraben, sage ich, wir haben die Werkzeuge einzeln vergraben, alles, was wir in den ersten Jahren gefunden hatten; er wollte es so.
    Woher wissen sie das alles? Sie haben ihre Augen wohl überall, beschleichen mich und den Chef, nichts entgeht ihnen, ich muß noch vorsichtiger sein, denn eben haben sie sich wieder verständigt mit den Augen. Vielleicht sollte ich mal fragen, wo der Chef ist, ob er noch kommt; aber das werden sie wohl nicht gern haben, und hier steht es mir nicht zu, Fragen zu stellen.
    Wenn ich richtig gezählt hab, Bruno, bist du an die dreißig Jahre bei uns, oder sogar noch mehr, nach solch einer Zeit weiß man, wo man hingehört, da hat man Wurzeln geschlagen, da fühlt man sich zuständig und übernimmt wie von selbst eine gewisse Verantwortung, sagt Max und schnauft leicht und fährt fort: Beklagen, denk ich, kannst du dich nicht, was in unseren Möglichkeiten lag, das haben wir dir zuteil werden lassen, Mutter hat es getan, und der Chef sowieso, du gehörst einfach zu uns. Aber eben weil du es tust, mußt du auch anerkennen, was jeder von uns anerkennt, gewisse Verpflichtungen zum Beispiel, und zwar nicht einem einzelnen gegenüber, sondern uns allen.
    Ihr dürft Bruno nicht so zusetzen, sagt Dorothea, sie lächelt mir aufmunternd zu, sie möchte, daß ich ihren Tee trinke. Gut, sagt Max, wir wollen ja auch nichts Unmögliches von ihm, wir wollen ihn nur daran erinnern, daß wir uns gegenseitig etwas schuldig sind, Offenheit zum Beispiel; jetzt ist keine Zeit für Geheimnisse. Wie er mich ansieht, die Härte, die Erwartung, früher, da hat er mich manchmal ganz schwindlig gemacht mit seinen Fragen, unter der Gerichtslinde. Du kannst es uns ruhig sagen, Bruno: die Geschenke, die der Chef dir in den letzten Monaten gemacht hat, die haben dich doch ganz schön überrascht, ich meine die großen, ausgefallenen Geschenke; du hast dich doch bestimmt gewundert über Dinge, die der Chef dir zusteckte. Die Uhr, die kostbare Uhr, mit der ich sofort aufgefallen wäre, ich hab sie doch zurückgegeben, er hat sie doch eingesteckt, zerstreut, als hätte er sich versehen. Ich sage: Einmal wollte er mir seine Uhr schenken, vielleicht, damit ich immer pünktlich bin, aber ich hab sie nicht angenommen, das hab ich nicht. Aber den Anhänger, Bruno, die silbernen Eicheln, das letzte Geschenk des Chefs – das hast du doch angenommen?
    Sie wissen alles, man kann nichts verbergen vor ihnen. Inas silberne Eicheln, »Von Ina zum zwölften Zwölften« – wie ratlos sie mich ansieht, ein Auge ist wohl entzündet, Ina kann es nicht glauben. Ja, sage ich, der Chef hat mir die silbernen Eicheln gegeben, aber nicht zum Behalten, davon hat er nichts gesagt; soll ich sie schnell holen? Max schüttelt den Kopf, bleib nur hier, Bruno, das können wir später regeln. Leider, sagt Max, leider müssen wir annehmen, daß der Chef dir noch manches andere geschenkt hat, einfach zugesteckt im Vorübergehen. Nein, nein bestimmt nicht, nur die Uhr und die Eicheln, nichts anderes. Nimm dir Zeit, Bruno, erinnere dich, es hängt einiges davon ab; wir müssen davon ausgehen, daß der Chef dir noch mehr geschenkt hat, dir und wohl noch einigen anderen hier, er hat es in guter Absicht weggegeben, sagen wir vorläufig nur soviel: in guter Absicht. Ich sollte sie zur Erinnerung nehmen, der Chef gab mir die Eicheln und sagte: Damit du etwas hast, was

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