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Lenz, Siegfried

Lenz, Siegfried

Titel: Lenz, Siegfried Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Exerzierplatz
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mich absucht mit seinen dunklen Augen, wie unsicher er ist, ob er rauskommen soll mit dem, was ihn hergeführt hat. Nun sag schon, was los ist. Herr Bruno weiß viel. Ja, ja, nun komm schon. Der Chef, sagt er, es wird erzählt, der Chef sehr krank – Genaues aber weiß keiner, vielleicht kann Herr Bruno Auskunft geben. So weit also, einer hat es aufgeschnappt und weitergetragen, sie flüstern es sich zu in den Quartieren, den Holzhäusern. Von wem, Elef, von wem habt ihr das gehört? Er zeigt dahin und dorthin, hat es also aus verschiedenen Richtungen gehört, es ist gleichgültig, woher er es hat, er will nur wissen, ob es stimmt. Wenn der Chef sehr krank, dann kein Fest am Sonntag, sagt er. Was soll ich ihm antworten und wieviel darf er wissen, er, der bestimmt alles weitergeben wird?
    Ich war bei ihm, sage ich, gestern habe ich mit ihm gesprochen, er fühlt sich nicht ganz wohl, aber er wird sich bald wieder draußen blicken lassen. Und ich sage: Das Fest läßt sich doch zur Not verschieben. Wie ausgiebig er meine Antwort bedenkt, er kann seinen Zweifel nicht verbergen, seiner Hellhörigkeit entgeht kaum etwas. Ehrlich, Herr Bruno, kommt neuer Chef? Wem ist denn das eingefallen, frage ich, und er darauf: Wenn ein neuer Chef kommt, wir vielleicht alle nach Hause, fortgeschickt. Du kannst beruhigt sein, Elef: noch ist der Chef da, noch hat er das Sagen hier, keiner denkt daran, euch nach Hause zu schicken; auch ich habe dies und jenes gehört, es wird immer geredet, aber soviel weiß ich, ihr braucht euch keine Sorgen zu machen; wer das nur aufgebracht hat. Wieder denkt er meinen Worten nach, sie wenden und drehen alles, was sie hören, in ihrer Lage müssen sie es wohl tun. Die Bitte, tief in seinen Augen die Bitte, das Nötige gesagt zu bekommen, damit er weiß, woran er ist. Ja, Elef, wenn sich etwas entscheidet, wirst du es von mir hören, du kannst dich darauf verlassen. Gut, gut, und danke schön.
    Schnell läuft er zum Geräteschuppen hinüber. Bis zu Elef ist es also schon durchgedrungen, vermutlich reden sie überall darüber, daß oben etwas los ist oder daß sich da etwas vorbereitet, und ich würde mich nicht wundern, wenn sie bereits wüßten, was der Chef mit mir vorhat, mir zugedacht hat; vielleicht glauben einige sogar, daß ich hier schon etwas zu bestimmen habe, das kann durchaus sein. Keiner trägt nur das herum, was er gehört hat, er tut immer ein wenig hinzu, und so schwillt es und bläht sich auf, und zuletzt wird aus einer Haselnuß eine ganze Hecke.
    Elef prüft die Gummibänder an der Rodemaschine, auch diese Maschinen hat der Chef verbessert, er hat so lange nachgedacht, bis er auf den Rüttler kam, der die unterschnittenen und herausgezogenen Jungpflanzen von haftender Erde befreit. Ich hab ihm versprochen, daß ich mich keinem anvertrauen werde. Aber ich muß mich fertigmachen, muß raus, jetzt werde ich noch mehr auf Ordnung achten, es ist noch Zeit, bis Joachim seinen Kontrollgang macht, aber von nun ab wird er nicht mehr den Kopf über mich schütteln, von heute an nicht.

Ihr werdet euch wundern, ihr Quälgeister, doch von euch laß ich mich nicht mehr ärgern, da könnt ihr euch noch soviel ausdenken in euerm Versteck dort hinter dem alten Traktor. Vielleicht glaubt ihr, daß ich nicht weiß, woher die trockenen Erdbatzen angeflogen kommen, die auf dem Pflug zerplatzen, den ich eben gereinigt habe, ich hab längst alles entdeckt, auch daß einer von euch mit dem Katapult schießt, nicht auf mich, aber auf Zapfegge und Rillenschare; solange ihr mich nicht trefft, schau ich nicht einmal auf. Ich krieg euch schon müde, ich schaff es schon, daß ihr abzieht, einfach indem ich überhaupt nicht beachte, was ihr anstellt, sondern weiterarbeite mit Stahlbürste und Lappen, abkratze, was ihr versaut, wegwienere, was ihr beschmutzt.
    Am liebsten möchte ich sie an ihren dünnen Hälsen packen und ihre Köpfe so gegeneinanderschlagen, daß sie mir künftig in weitem Bogen aus dem Weg gehen, aber ich darf sie nicht berühren, das darf ich nicht. Einmal, als sie sich bei mir eingeschlichen hatten – ich spürte sofort, daß jemand da war, und fand sie zusammengekauert hinter dem Vorhang meines Gestells –, hab ich sie an ihren Hälsen gepackt und auf den Weg hinausgeschleift, und da hieß es gleich, ich hätte ihnen die Luft abdrücken wollen, und Bruno hat Ina versprochen, die Kinder nicht mehr anzufassen.
    Der Chef, der hat es ihnen gegeben, daß ihnen Hören und Sehen verging, ein für

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