Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lenz, Siegfried

Lenz, Siegfried

Titel: Lenz, Siegfried Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Exerzierplatz
Vom Netzwerk:
hören, ob dies nicht sehr guter Mais-Boden sei. Was meinst du, Niels, fragte er, ist das nicht sehr guter Mais-Boden? Und sein Sohn sah ihn betreten an und hatte keine Antwort darauf. Und dann standen sie und beobachteten, wie der Chef Schwarztorf mit Sand mischte, es war seine eigene Mischung, für Stecklinge gedacht, die sich nur langsam bewurzeln, die breite Schaufel fuhr leicht ins Gemisch, wackelte, rüttelte, ließ kleine Staubfahnen aufwehen, immer mehr verlor sich das Streifige, der dunkle Torf nahm den hellen Sand restlos auf, und zuletzt stieß der Chef die Schaufel in den lockeren Hügel. Da stieß Lauritzen wie übermütig auch seinen Stock in den Hügel, bohrte und schraubte ihn tief hinein, faltete wartend die Hände vor dem Bauch und seufzte und sagte zwinkernd zu seinem Sohn: Mal sehen, wie lange es dauert, bis der ausschlägt. Plötzlich fragte der Chef: Soll ich mal nachhelfen? Er fragte es ruhig, mit seinem undurchdringlichen Gesicht, so daß ich mich schon auf etwas gefaßt machte, und als Lauritzen ihn lächelnd dazu aufforderte, zog der Chef den Stock aus dem Erdgemisch und brach ihn zweimal, brach ihn berechnet überm Knie und ließ die Stumpen in der Hand wippen. Hier, sagte er, an den Knoten, da muß der Bruch sein, die eiserne Spitze läßt ja wohl keine Wurzel durch. Das sagte er und drückte die Stumpen wie Stecklinge in den Boden und häufelte sie, und ohne sich weiter um Lauritzen zu kümmern, schaufelte er mir die Schubkarre voll und legte mir die Laufbretter zurecht. Lauritzen war anzusehen, daß er noch gern etwas losgelassen hätte bei uns, er erregte sich, pumpte sich auf, doch sein Sohn schob ihn sanft mit beiden Händen an, komm jetzt, komm schon, und ohne daß der Alte es merkte, nickte er uns freundlich zu und deutete uns mit einem Zeichen an, daß er allein wiederkäme, bei Gelegenheit.
    Wir arbeiteten wie immer bis zur Dämmerung, zuletzt säuberten wir das Gerät und räumten alles auf, und dann gingen wir zum Bahndamm und saßen ein Weilchen auf der Böschung über den Schienen, wo er mich einweihte in seine großen Pläne. Dort drüben, Bruno, wird einmal die Packhalle mit dem Sortierraum stehen, hat er gesagt, und da hinten, da werden wir unsere Versandhalle bauen; eines Tages werden wir unsere Pflanzen in alle Himmelsrichtungen liefern, von einer eigenen Verladerampe, die uns die Bahn errichten wird. Was von uns kommt, wird für sich selbst sprechen. Wir werden nie aufhören, Wünsche zu haben, hat er gesagt, und dann hat er wieder von seinem Vater erzählt, der sich zufrieden gab mit der Aufzucht von Großbäumen und deshalb in Schwierigkeiten geraten war. Bevor wir zum Kollerhof aufbrachen, sagte er: Wer sicheren Stand haben will, muß auf drei Beinen stehen. Ich konnte gar nichts sagen, so froh war ich, so begeistert; nicht einen Augenblick zweifelte ich daran, daß alles so werden würde, wie er es plante, und in meiner Dankbarkeit dafür, daß er mich eingeweiht hatte, nahm ich mir vor, bei allem mehr zu tun, als er von mir erwartete. Bei der Hecke am Kollerhof sagte er plötzlich: Hüpf nicht so herum, Bruno, spar deine Kraft. Ich hatte überhaupt nicht gemerkt, daß ich hüpfte.

Es hat geregnet über Nacht, ein stiller Regen, keiner von uns ist wach geworden, lautlos hat sich das Wasser gesammelt, und jetzt tropft es von den Rinnen, von den Ästen, die Tropfen schlagen sich kleine genaue Löcher in die Erde, sie rollen über Zweige und Blätter, ziehen sich in die Länge und fallen auf andere Blätter, die erzittern, sich schütteln und gleich wieder zurückschnellen, bis sie der nächste Tropfen trifft und wegkugelt oder zerplatzt. Aus allen Büschen blinkt es, nicht starr, nicht feststehend, es ist ein bewegliches Blinken, das von den gleitenden und fallenden Tropfen kommt, und das Nadelholz in den Quartieren sieht aus, als wäre es mit kleinen Kristallen besetzt.
    Jetzt leuchten die Spinnennetze, die zwischen den Pflanzen gewoben sind, auch in ihnen hängen Tropfen, die die Netze beschweren und herabziehen; am liebsten möchte ich, daß alles so bleibt, daß keine Sonne sich zeigt und kein Wind aufkommt, aber es wird ein heller, windiger Tag. Wer weiß, warum unser Vorarbeiter Ewaldsen mich in der Packhalle haben will, es wurden nur wenige Sendungen fertiggemacht in der letzten Woche, vor allem Obstgehölze, Kern- und Steinobst; vermutlich werde ich fegen müssen, aufräumen, fegen.
    Paddy, das ist Paddy, der schnüffelnd und geduckt durch die Kulturen

Weitere Kostenlose Bücher