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Lenz, Siegfried

Lenz, Siegfried

Titel: Lenz, Siegfried Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Exerzierplatz
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nicht sein, sie irren sich, sie wollen mich wohl auf die Probe stellen oder irgendein Spiel treiben mit mir, aber warum, warum, der Chef hat mich nie gefragt, ob ich mir zutraue, das Land zu übernehmen, er, der hier allein zu bestimmen hat, weiß ganz genau, daß ich es nicht schaffe, nicht mit allem fertig werden kann wie er, der die Dinge auf den ersten Blick erkennt und im Vorbeigehen und mitten im Gespräch die Pflanzen ausreißt, die wegmüssen. Einmal hat er zu mir gesagt: das Wichtigste, Bruno, das sieht man nicht bei uns, das muß man fühlen. Da er alles über mich weiß und mich kennt wie kein andrer, wird er mir bestimmt nicht übertragen, womit ich nicht fertig werde. Aber wenn es wahr ist, dann sollen mir eines Tages auch die Quartiere mit einigen Obstgehölzen gehören, die Buschbäume, die Schnurbäume für Äpfel und drüben die Süßkirschen, für die der Chef einen schwachen Wuchs haben will, eine schwach wachsende Unterlage, weil die großen Baumformen die Ernte erschweren.
    Hier, bei den Schattenmorellen, haben wir damals die Erdproben genommen, ich hör noch die Hammerschläge, mit denen er das Eisenrohr in den Boden trieb, das einfache Rohr, das uns einen Erdbohrstock ersetzte, und ich spür noch die Proben zwischen den Fingern, klebrig, körnig und stumpf. Dort war der Übungsbunker mit der geschwärzten Schießscharte, bei scharfem Ostwind und Regen kauerten wir in seiner Deckung, wir gingen nicht in den Bunker hinein, weil er voll war von vertrockneten Grumpeln, wir blieben draußen und sahen auf das vernarbte Soldatenland und hatten unsere Gedanken. Frisch ist der Boden, nahrhaft, humoser Sand und milder Lehm, wo er Kalk braucht, da bekommt er ihn. In den Quartieren ist nichts zu verändern, nichts zu verbessern, ich würde alles so lassen, wie der Chef es angelegt hat, auch die hochstämmigen Linden, die wohl bald als Alleebäume weggehn, würde ich dort belassen.
    Das ist Mirko, ja, ja, ich seh dich, er bringt Simazin aus, gegen das Unkraut, gegen die Lichtkeimer des Unkrauts; obwohl der Chef seine Freunde hat unter den Unkräutern, müssen wir das Land von ihnen freihalten, weil sie die härtesten Konkurrenten der Kulturpflanzen sind, da ist eine ewige Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe, und bei den Jungpflanzen auch um Licht. Nein, ich geh nicht hinüber zu ihm, ich kümmere mich nicht um ihn und sein Gerät, er könnte sonst vielleicht annehmen, daß ich ihn überprüfen will, ob die Mischung richtig ist, ob er an die Verträglichkeit gedacht hat und daran, daß jede Bodenart ihre eigene Behandlung verlangt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er weiß, was ich weiß, daß Magda mit ihren Neuigkeiten zuerst zu ihm geht, ich kann es mir nicht denken. Daß er immer so heiter ist, so wichtigtuerisch; welche Arbeit man ihm auch zuteilt, er führt sie so aus, als hinge von ihr alles ab, unsere ganze Existenz, mit der kleinsten Arbeit möchte er auf sich aufmerksam machen.
    Verstehen könnten wir uns schon, die Quartiere und ich, manchmal sprech ich bereits mit ihnen, wie der Chef es tut, manchmal lob ich sie mit seinen Worten, die Eiben mehr als die Lärchen, weil sie sich gegen Vögel und Mäuse behaupten müssen, doch mehr als alle anderen lob ich die Blautanne, wenn sie im Beet eingesenkt und gestäbt ist. Sie erkennen mich wieder, die Blautannen, ich spür es, sie bewegen sich nicht, recken sich nicht bei meinem Schritt, dennoch erkennen sie mich wieder, bieten mir die grünen weichen Pfoten an, die ich nicht lange genug halten und behutsam reiben kann. Vielleicht, wenn ich das Sagen hätte, würde ich die Quartiere mit Blautannen vermehren, auf die Linden könnte ich verzichten, auch auf die Schattenmorellen, um an ihrer Stelle Blautannen zu pflanzen; sonst braucht nichts verändert zu werden. Es gibt keine Löcher mehr, der Chef hat recht behalten. Ich brauche keine Angst mehr zu haben wie in dem letzten verregneten Sommer, als sich alleweil tiefe Löcher vor mir auftaten, dunkle Löcher, nicht nur hier auf dem Land, sondern auch auf dem Pappelweg und sogar in Hollenhusen, ich mußte bei jedem Schritt aufpassen, daß da nicht plötzlich ein Loch war und ich hineinfiel, zuletzt habe ich mich nur noch vorwärtsgetastet, aber der Chef hat dafür gesorgt, daß es keine Löcher mehr gibt und daß ich wieder sicher gehen kann.
    Sie grüßen mich, beide nehmen ihre Mütze ab, das sind Elefs Leute, die unsere Windschutzhecke trimmen, die grüne Wand, vielleicht hätte Ewaldsen mich heute

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