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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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dem
     Chef. Der kann dich für den Tagdienst einteilen.«
    Unwillig schlug Leo mit der
     Hand auf den Tisch. »Du weißt genau, dass das nicht geht. Ich
     kann als Kommissar schlecht die Ermittlungen unterbrechen und meinen
     Leuten sagen, morgen früh um acht bin ich wieder da.«
    Walther kannte Leos inneren
     Zwiespalt. Der Mann war hin- und hergerissen zwischen seinen Kindern und
     einer Arbeit, die ungewöhnlichen Einsatz und Dienststunden weit
     über das übliche Maß forderte. Er selbst war zum Glück
     unverheiratet. Andererseits kannte er auch Leos Leidenschaft für
     seinen Beruf, selbst wenn er manchmal nicht ganz verstand, woher sie rührte.
     Er hatte ihn dabei beobachtet, wie er andächtig Bilder betrachtete
     oder sich in ein Buch vertiefte, und gedacht, was einen Menschen wie Leo,
     der schöne Dinge liebte, wohl zu dieser oft so hässlichen Tätigkeit
     hinzog.   
    »Vielleicht lernst du
     ja mal wieder jemanden kennen«, sagte Robert vorsichtig.
    »Wie denn?«,
     fragte Leo skeptisch. »Abends hat unsereins meist keine Zeit,
     auszugehen. Und wenn, ist es dienstlich. So wie im Kokskeller.« Er
     grinste schief.
    »Ach, komm. Du warst
     bei Frau Cramer –«
    »Nicht mein Typ und
     verheiratet«, warf Leo ein.
    »– und bei Frau
     Reichwein –«
    »Reizvoll, aber wohl
     kaum an einem Witwer mit zwei Kindern interessiert.«
    »Tja. Dann musst du
     eben deinen Beruf zur Braut nehmen wie Gennat.«
     Kriminaloberkommissar Ernst Gennat war für seinen Argwohn gegenüber
     dem weiblichen Geschlecht bekannt, den er durch seine leidenschaftliche
     Liebe zum Beruf und den Konsum ungeheurer Kuchenmengen kompensierte.
    »Ich weiß nicht .
     . .« Leo schaute auf die Tischplatte, als könnte er dort eine
     Antwort finden. »Schön wäre es schon.« Dann trank er
     sein Glas aus und stellte es geräuschvoll auf den Tisch, womit er den
     Abend beendete.
    »Gehen wir, Robert.«
    Er lag noch nicht lange im
     Bett, als jemand heftig gegen die Wohnungstür hämmerte.
     Verschlafen torkelte er durch den Flur und öffnete das Fensterchen in
     der Tür.
    Draußen stand eine
     Nachbarin, die er vom Sehen kannte, an der Hand die kleine Inge Matussek
     mit tränenverschmiertem Gesicht. »Entschuldigen Sie die Störung,
     Herr Kommissar, aber ich glaube, der Matussek hat seine Frau umgebracht.«

 
    5
    Leo sah auf die Uhr. Halb
     zwei. Er weckte seine Schwester und ging mit ihr ins Wohnzimmer, wo die
     Nachbarin mit der kleinen Inge Matussek saß. Das Kind schmiegte sich
     eng an die Frau und schien nicht recht zu begreifen, wo es sich befand.
     »Kümmerst du dich bitte um die beiden?«
    »Was ist denn los«?«,
     flüsterte Ilse verschlafen. Sie war ihm in den Flur gefolgt.
    »Sie sagt, Matussek
     habe seine Frau getötet.«
    »Mein Gott.« Ilse
     warf einen hilflosen Blick ins Wohnzimmer. »Was soll ich . . .«
    »Was weiß denn
     ich? Herrgott, koch ihnen einen Kamillentee, ich bin gleich wieder da.«
    Er zog einen Pullover über
     den Pyjama, nahm eine Taschenlampe und eilte die Treppe hinunter auf die
     Straße. Alles war menschenleer. Nur ein Betrunkener taumelte an den
     Hauswänden auf der gegenüberliegenden Straßenseite
     entlang.
    Er betrat den Innenhof des
     Hauses Nr. 56. Aufgestapeltes Gerümpel zeichnete sich als dunkler
     Schattenberg vor der helleren Hauswand ab. Die Fenster waren nur schwarze
     Vierecke. Nirgendwo brannte Licht. Er zuckte zusammen, als eine Ratte an
     seinem Fuß entlanghuschte. Die Tür zur Schusterwerkstatt war
     verschlossen, doch die Wohnungstür nebenan stand einen Spalt offen.
     Leo schaltete die Taschenlampe ein und trat in die enge Diele. Es roch
     nach Armut und feuchter Wäsche. Er schaute in die Wohnküche,
     dort war niemand. Blieb nur das Schlafzimmer.
    Sie lag auf dem Boden, einen
     Fuß noch im Pantoffel, der andere nackt. Ihr Kopf war weit zur Seite
     gedreht, um den Hals zog sich ein Band aus Würgemalen. Er beugte sich
     über die Frau, fühlte vorsichtig den Puls. Nichts.
    Leo war versucht, heftig
     gegen die Wand zu treten. Solche Geschichten hasste er, abrupter Tod, ein
     zurückgelassenes Kind, ein zerbrochenes Leben. Wo war der Mann? Leo
     trat wieder in den Hof und sah sich um.
    Matussek war in der Nähe,
     ganz sicher. Leo schaltete die Taschenlampe aus und umrundete einmal das
     Mauergeviert. Dann ging er rasch durch den Torbogen in den zweiten
     Hinterhof, dessen noch bedrückendere Enge selbst im Dunkeln zu spüren
     war. Aus einer Ecke drang leises

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