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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Juni
     in Berlin?«
    »Nein, ich hatte in
     Dresden zu tun. Verdächtigen Sie mich etwa?« Entweder war seine
     Ruhe perfekt gespielt oder echt. Leo vermutete Letzteres. Sein Gefühl
     sagte ihm, dass der Getreidehändler nichts mit dem Fall zu tun hatte.
    »Warum hätte ich
     dem armen Ding etwas antun sollen? Die war doch froh, dass sie mich hatte,
     und ich bin immer gern zu ihr gegangen. Reife Frauen, die tun, was man
     sich wünscht, Sie wissen schon.«
    Auf das plump vertrauliche Lächeln
     hätte Leo gern verzichtet, aber es war angenehm, mit jemandem zu
     sprechen, der keine falsche Prüderie an den Tag legte und
     bereitwillig Auskunft gab. »Kannten Sie auch andere Kunden von Erna
     Klante? Hat sie Ihnen gegenüber je von anderen Freiern gesprochen?«
    »Stammfreier hat sie
     keine außer mir gehabt, da bin ich mir sicher. Sonst hätte sie
     nicht so armselig gewohnt. Was ich ihr gegeben habe, dürfte gerade für
     die Miete gereicht haben. Zum Essen ist ihr wohl nicht viel geblieben.«
    »Wurden Sie jemals auf
     Erna angesprochen? Im ›Augustkeller‹ oder einer anderen
     Kneipe? Ist Ihnen mal jemand aufgefallen, als Sie mit ihr in die
     Linienstraße gegangen sind?«
    Blatzheim schüttelte den
     Kopf und grinste anzüglich. »Wenn ich mit der Erna zusammen
     war, hab ich nicht mehr mit dem Kopf gedacht.« Er zwinkerte Leo zu.
     »Da hätte ’ne Blaskapelle neben uns marschieren können,
     ich hätt’s nicht gemerkt. Schade um das alte Mädchen,
     wirklich schade. Aber so ist das eben, die leben gefährlich. Wissen
     nie, wen sie mit nach Hause nehmen. Berufsrisiko.«
    Blatzheim schien Erna nicht
     anders zu bewerten als einen Sack Weizen oder Gerste. Aber das machte ihn
     noch lange nicht zum Mörder.
    »Sollte Ihnen noch
     etwas einfallen, Herr Blatzheim, melden Sie sich bitte auf dem Präsidium.«
    »Muss ich nicht
     beweisen, wo ich wann gewesen bin?«, fragte der Getreidehändler
     überrascht.
    Leo schüttelte den Kopf.
     »Nur wenn wir einen begründeten Verdacht gegen Sie haben, Herr
     Blatzheim.«
    Mittags ging er ins
     Krankenhaus. Als er Marie auf ein Kissen gestützt im Bett sitzen sah,
     traten ihm die Tränen in die Augen. Vorsichtig klopfte er an die
     Scheibe. Sie sah zu ihm herüber und winkte. Kein schwaches Heben der
     Hand, sie winkte richtig. Er hauchte ihr einen Kuss zu. Marie griff neben
     sich und hielt ein Buch hoch. Leo hob fragend die Achseln. Marie machte
     ihm ein Zeichen, er solle in den Flur gehen.
    Eine junge Krankenschwester
     trat an die Glastür der Isolierstation und öffnete eine
     Sprechanlage. »Ihre Tochter möchte gern neue Bücher haben.
     Ich habe ihr gesagt, dass es noch etwas dauert, bis sie die Isolierstation
     verlassen kann, aber sie meint, Sie sollten schon mal welche besorgen. In
     der Leihbücherei, Tante Ilse wüsste schon Bescheid.« Sie lächelte.
     »Ein niedliches Mädchen. Schön, dass es ihr besser geht.«
    »Ist es wirklich so?«
     Leo hätte die trennende Tür am liebsten aufgerissen. »Hat
     sie das Schlimmste überstanden?«
    »Ich glaube schon. Der
     behandelnde Arzt ist im Augenblick nicht da, aber es steht besser als in
     den letzten Tagen. Sie hat auch ein bisschen Grießbrei gegessen.
     Aber ich muss weiter.« Sie schloss die Sprechanlage und ging davon.
    Für einen Moment waren
     Leo alle Fälle dieser Welt egal. Wenn nur Marie wieder gesund wurde.
    Auf dem Weg ins Büro
     überfiel ihn dann wieder das Bewusstsein seiner verfahrenen Lage. Der
     Artikel über Dießing, der erfolglose Besuch bei Blatzheim, die
     ungelöste Situation mit Ilse. Wütend trat er gegen einen
     Kieselstein, der in den Rinnstein kollerte. Am liebsten hätte er ein
     Messer genommen und all die Fesseln durchtrennt, die ihn gefangen hielten.
    Bei einem trüben Kaffee
     schlug Leo plötzlich mit der Hand auf den Tisch. »Verdammt.
     Robert«, rief er ins Vorzimmer, »komm mal her.« Er
     lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich brauche noch einmal
     alle Unterlagen zum Fall Sartorius. Das hatte ich schon seit Tagen vor,
     bin aber nicht dazu gekommen.«
    »Aber der Fall Klante
     –«
    »Weißt du noch,
     wie ich gesagt habe, dass die Fälle meines Erachtens miteinander
     verbunden sind?«
    »Ja, aber wir haben
     keinerlei Anhaltspunkte dafür.«
    »Aber auch nichts, was
     dagegen spricht. Überleg mal, zwei Morde so kurz hintereinander, bei
     denen alle Spuren ins Leere laufen. Der Knopf, die Brosche, der Getreidehändler.
     Die Überprüfung der Liste von

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