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Léonide (German Edition)

Léonide (German Edition)

Titel: Léonide (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Schaefer
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chen. »Glauben Sie mir jetzt? Verstehen Sie jetzt, warum ich Costantini um jeden Preis finden muss?«
    Frédéric lockert seinen Kragen, als bekäme er nicht gen ü gend Luft. »Ich verstehe, dass Sie Costantini für den Schuld i gen halten«, er zögert, »aber nichts weist darauf hin, dass ihr Bruder in seinem Tagebuch etwas anderes als seine Halluzin a tionen beschreibt. Wir können nicht wissen, ob irgendetwas davon wirklich passiert ist. Dieser Pakt, von dem er spricht  … «
    Wäre ich nicht so erschöpft und verwirrt, würde ich Frédéric vielleicht widersprechen , so aber fällt mein Gegenargument schwach und wenig überzeugend aus. »Ich weiß, dass Costa n tini etwas mit alldem zu tun hat, ich habe nur noch nicht he r ausgefunden, was.«
    Frédéric seufzt. »Vielleicht glauben Sie, dass der Mann, der das Päckchen für Sie abgegeben hat, Costantini ist, genauso wie der Mann in Beaucaire, dieser Costanzo, und dass er Sie in allen möglichen Verkleidungen und unter ständig wechsel n dem Namen verfolgt.«
    Tatsächlich hat er meine Vermutungen präzise auf den Punkt gebracht, aber der Klang seiner Stimme warnt mich d a vor, das zuzugeben. Ich darf es nicht darauf anlegen, dass er mich für verwirrt oder, noch schlimmer, krank hält. Für eine junge Frau, die ihrem verstorbenen Bruder in den Abgrund folgt.
    Mein Schweigen indes ist Frédéric Antwort genug. »Das können Sie nicht ernst meinen. Denken Sie an Ihren Bruder, daran, was mit ihm passiert ist. Halten Sie sich sein Tagebuch vor Augen, das zeigt, wie verhängnisvoll ein unausgeglichener Geisteszustand sein kann.«
    Er hält dich für verrückt … Aber bist du das nicht auch, Léonide? Verrückt, verrückt, verrückt … »Sie sprechen wie einer dieser Ärzte, die Willem nie gekannt haben.«
    »Ich bin Arzt!« Frédéric steht auf und beginnt, im Zimmer auf und ab zu gehen. Aus seinen Augen schäumt Wut – ein Anblick, der alles Leben aus meinem Körper weichen lässt. Ich vergrabe das Gesicht in den Händen. Etwas Warmes, Feuchtes auf meinen Wangen. Ich kann spüren, dass Frédéric mich b e trachtet, doch er behält die Distanz zwischen uns bei, kommt nicht herüber, um mich zu beruhigen. Ich wische mir über die Augen und bemerke, dass seine Hände zittern. Mit fahrigen Fingern zieht er ein silbernes Etui aus der Tasche, nimmt eine Zigarette heraus und tritt ans geöffnete Fenster. Dann das Entflammen eines Streichholzes. Ich beobachte ihn, wie er den Rauch inhaliert und sein Atem sich langsam beruhigt.
    »Das ist nicht gut«, murmele ich lautlos. Als hätte Frédéric die Bewegungen meiner Lippen gespürt, dreht er sich zu mir um. In seinen Augen glimmt die Zigarettenglut. Seine Lippen sind leicht geöffnet, seine Augen im Abendlicht nicht braun, sondern schwarz. Er schweigt.
    »Ich sollte gehen.« Ich stehe auf und gehe zur Tür, die uns e re Zimmer voneinander trennt. Als ich die Hand auf die Kli n ke lege, spüre ich seinen brennenden Blick im Rücken und ha l te die Luft an. Warte darauf, dass er – endlich – etwas sagt, um das angespannte Schweigen zwischen uns zu durchbrechen.
    Stattdessen spüre ich seine Hand auf meiner Schulter und drehe mich zu ihm um.
    Die Zigarette, die noch vor ein paar Sekunden zwischen se i nen Lippen geklemmt hat, ist verschwunden, und er sieht aus, als hätte man ihn auseinandergenommen und in der falschen Reihenfolge wieder zusammengesetzt: Haare in Stirn und A u gen, die Krawatte schief, auf seinem Hemdsärmel ein winziger Brandfleck. Seine Augen flackern, als hätte er den Verstand verloren.
    Léonide …
    »Frédéric«, sage ich lahm.
    Er macht einen weiteren Schritt auf mich zu, legt seine Hand in meinen Nacken. Glühende Augen, zwei Kohlen im Zwielicht, bebende Lippen.
    »Frédéric … «
    Frédéric küsst mich.
    Es ist ein langsamer Kuss, langsam und feucht und warm. Eine solche Hitze … eine solche Sehnsucht. Frédérics Hand tastet sich, von meinem Nacken ausgehend, höher, gräbt sich in mein Haar. Unsere Körper sind einander so nah, dass ich das Klopfen seines Herzens spüren kann. Offensichtlich weiß er, was er tut, während ich vor Verwirrung wie gelähmt bin. Als er merkt, dass ich nicht reagiere, löst er sich von mir, in seinen Augen ein dunkles Feuer, das mir fremd ist. Es ist da s selbe Feuer, das auch in Willems Blick gebrannt hat, wenn ihn die Idee zu einem seiner Bilder überkam, und ich erkenne d a rin Sehnsucht und Verlangen.
    »Léonide?« Frédérics Augen spiegeln

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