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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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und zogen seinen Kopf herunter, während sie sich auf ihre Zehenspitzen stellte. Ihre Augen entglitten seinem Fokus und wurden ein glitzernder See, bevor sie sie schloss. Die Lippen waren halb geöffnet, als sie die seinen berührten. Sie hielt ihn, und er rührte sich nicht, spürte nur den süßen Dolchstoß in seinem Magen, der wie ein Schuss Morphin seinen Körper durchströmte.
    Sie ließ ihn los.
    »Schlaf gut, Harry.«
    Er nickte nur.
    Sie drehte sich um und ging die Treppe hinunter. Er ging ins Haus und schloss leise die Tür hinter sich.
    Er räumte die Kaffeetassen ab, spülte die Kanne aus und hatte sie bereits wieder in den Schrank gestellt, als es klingelte. Er ging nach draußen und öffnete. »Ich hab was vergessen«, sagte sie. »Was denn?«, fragte er.
    Sie hob ihre Hand und fuhr ihm über die Stirn. »Wie du aussiehst.«
    Er zog sie an sich. Ihre Haut, ihr Geruch, und er fiel, ein wunderbarer, berauschender Fall. »Ich will dich«, flüsterte sie. »Will mit dir schlafen.«
    »Und ich mit dir.«
    Sie ließen einander los. Sahen sich an. Ihre Worte standen plötzlich so ernst zwischen ihnen, und einen Augenblick lang befürchtete er, sie würde es bereuen. Dass er es selbst bereute. Dass das zu weit ging, zu schnell war. Dass es viel zu viele andere Sachen gab, zu viel Schlacke, zu viel Ballast, zu viele gute Gründe. Aber sie nahm seine Hand, fast furchtsam, flüsterte »komm« und ging vor ihm die Treppe hoch.
    Das Schlafzimmer war kalt und roch nach Eltern. Er schaltete das Licht ein. Das große Doppelbett war gemacht, zwei Decken und zwei Kissen.
    Harry half ihr, das Bettzeug zu wechseln.
    »Auf welcher Seite hat er geschlafen?«, fragte sie.
    »Da«, antwortete Harry und streckte die Hand aus.
    »Und er hat auch nach ihrem Tod immer auf der Seite geschlafen«, sagte sie wie zu sich selbst. »Für alle Fälle.«
    Sie zogen sich aus, ohne sich anzusehen. Krochen unter die Decke und trafen sich dort.
    Zuerst lagen sie einfach nur dicht beieinander, küssten sich, suchend und vorsichtig, um nichts kaputtzumachen, bevor sie wussten, wie was wirkte. Lauschten auf ihren Atem und das Rauschen der wenigen Autos, die draußen vorbeifuhren. Dann wurden die Küsse gieriger, die Berührungen mutiger, bis er schließlich ihren heftigen Atem an seinem Ohr hörte.
    »Hast du Angst?«, fragte er.
    »Nein«, stöhnte sie, legte ihre Hand um sein steifes Glied, hob ihre Hüften und wollte ihm den Weg zeigen, aber er schob ihre Hand weg und steuerte sich selbst.
    Sie gab keinen Laut von sich, sondern hielt nur den Atem an, als er in sie eindrang. Er schloss die Augen, blieb ruhig liegen und konzentrierte sich auf das Gefühl. Dann begann er, sich vorsichtig zu bewegen. Öffnete die Augen und fing ihren Blick ein. Sie sah aus, als würde sie weinen.
    »Küss mich«, flüsterte sie.
    Ihre Zunge schlang sich um seine, glatt auf der Unterseite und oben rau. Schneller und tiefer, langsamer und tiefer. Sie schob ihn auf die Seite, ohne seine Zunge loszulassen, und setzte sich auf ihn. Ihre Schamlippen pressten sich auf seine Bauchmuskeln, wenn sie nach unten kam. Dann ließ ihre Zunge ihn los, sie legte den Kopf nach hinten und stöhnte heiser. Zweimal, ein tiefer, tierischer Laut, der in einem hohen Ton kulminierte, als ihr die Luft ausging und sie wieder still wurde. Ihr Hals schwoll von einem Schrei an, der nicht kam. Er hob die Hand und legte zwei Finger auf die Pulsader, die blau unter der Haut an ihrem Hals pulsierte.
    Und dann schrie sie, wie unter Schmerzen, wie voller Wut, wie befreit. Harry spürte die Spannung in seinen Hoden und kam. Es war vollkommen, so unerträglich vollkommen, dass er die Hand hob, um mit der Faust an die Wand hinter ihm zu schlagen. Und als hätte er ihr eine tödliche Injektion gegeben, sank sie auf ihm zusammen.
    So blieben sie liegen. Arme und Beine zufällig ausgestreckt, als wären sie gestürzt. Harry hörte das Blut in seinen Ohren rauschen, und Wohlbehagen rollte wie eine Welle durch seinen Körper. Doch nicht nur Wohlbehagen, er hätte verdammt auch darauf wetten können, dass da Glück im Spiel war.
    Er schlief ein und wachte davon auf, dass sie wieder ins Bett kam und sich an ihn schmiegte. Sie trug eine von Vaters Unterhosen. Sie küsste ihn, murmelte etwas und schlief ein, mit leichtem, ruhigem Atem. Harry starrte an die Decke. Und ließ seine Gedanken mahlen. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, gegen sie anzukämpfen.
    Es war so schön gewesen. So schön wie nicht mehr

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