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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Vergangenheit beim militärischen Nachrichtendienst. Jeder der Anwesenden hatte einen Bericht verfasst, die allesamt Harrys Annahme stützten, dass der Fall feststeckte. Die defensive Grundhaltung war nicht zu überhören, besonders in dem Bericht, der über die Suche nach Tony Leike informierte. Der Betreffende zählte auf, welche Passagierlisten welcher Fluggesellschaften mit negativem Resultat überprüft worden waren oder welche Instanzen welcher Telefongesellschaften mitgeteilt hatten, über keine ihrer Basisstationen Signale von Leikes Mobiltelefon empfangen zu haben. Leike logierte in keinem der Hotels der Stadt unter seinem Namen, wenn auch
der Kapitän
(sogar Harry war der selbsternannte, übereifrige Polizeiinformant und Pförtner des Bristol-Hotels ein Begriff) angerufen und behauptet hatte, jemanden gesehen zu haben, der Tony Leike sehr ähnlich sah. Der verantwortliche Ermittler fasste in beeindruckender Detailgenauigkeit zusammen, was unternommen worden war, ohne dabei zu merken, dass er im Grunde nur seine Nullnummer verteidigte. Er hatte nichts.
Nada.
    Bellman saß mit übereinandergeschlagenen Beinen und messerscharfen Bügelfalten an der Stirnseite des Tisches. Er bedankte sich für die Zusammenfassung der Berichte und nahm eine etwas formellere Präsentation Harrys vor, indem er im Schnelldurchlauf aus einer Art Lebenslauf vorlas: Abschluss an der Polizeihochschule, FBI-Kurs über Serienmorde in Chicago, Aufklärung der Clownsmorde in Sydney, Aufstieg zum Hauptkommissar und natürlich der Schneemann-Fall.
    »Ab heute ist Harry also Teil unseres Teams«, sagte Bellman. »Er erstattet mir Bericht.«
    »Und ist ausschließlich Ihnen unterstellt?«, sagte der Pelikan. Jetzt erinnerte Harry sich wieder, was ihr den Spitznamen eingehandelt hatte: Wenn sie sprach, senkte sie das Kinn und die schnabelartige, lange Nase Richtung Brustkorb und musterte ihren Gesprächspartner über den Rand der Brille hinweg. Skeptisch und gierig zugleich, als würde sie abschätzen, ob er für ihren Speiseplan in Betracht kam.
    »Harry ist nicht wirklich jemandem unterstellt«, sagte Bellman. »Er bewegt sich frei im Team. Betrachten wir Hauptkommissar Hole als eine Art Berater. Was sagen Sie dazu, Harry?«
    »Warum nicht?«, sagte Harry. »Ein überbezahlter, überschätzter Kerl, der glaubt, mehr zu wissen als der Rest.«
    Zurückhaltendes Murmeln rund um den Tisch. Harry sah Björn Holm an, der ihm aufmunternd zunickte.
    »Mal abgesehen davon, dass das in diesem Fall tatsächlich zutrifft«, sagte Mikael Bellman. »Sie haben mit Iska Peller gesprochen, Harry.«
    »Ja«, sagte Harry. »Aber zuerst würde ich gern noch mehr über Ihre Pläne erfahren, in welcher Form Sie Peller als Lockvogel einsetzen wollen.«
    Der Pelikan räusperte sich. »Das ist noch nicht im Detail ausgearbeitet. Im Augenblick geht es vorrangig darum, sie nach Norwegen zu holen und über die Medien zu verbreiten, dass sie an einem Ort untergebracht ist, wo sie eine leichte Beute für den Mörder ist. Währenddessen warten wir im Hinterhalt und hoffen, dass er den Köder schluckt.«
    »Hm«, sagte Harry. »Klingt einfach.«
    »Hat sich schon oft gezeigt, dass das Einfache zur Lösung führt«, sagte der Schweizer-Messer-Mann, um sich gleich wieder seinem Zeigefingernagel zu widmen.
    »Einverstanden«, sagte Harry. »Nur dass der Lockvogel nicht mitspielt. Iska Peller ist nicht bereit, nach Norwegen zu kommen.«
    Stöhnen und entmutigte Seufzer.
    »Ich schlage deshalb vor, noch etwas Einfacheres auszuprobieren«, fuhr Harry fort. »Die Idee kam mir, als Iska Peller mich fragte, wieso wir, die wir dafür bezahlt werden, das Monster zu fangen, nicht selber einen Köder auswerfen.«
    Er schaute in die Runde. Ihre Aufmerksamkeit hatte er. Aber würde es ihm gelingen, sie zu überzeugen?
    »Wir haben dem Mörder gegenüber nämlich einen Vorteil. Wenn er die herausgerissene Seite aus dem Gästebuch in der Hävasshütte hat, kennt er Iska Pellers Namen, weiß aber nicht, wie sie aussieht, selbst wenn er in der besagten Nacht in der Hävasshütte war. Denn Charlotte Lolles und Iska Peller sind vor ihm dort eingetroffen, und Iska war krank und hat den Abend und die Nacht alleine mit Charlotte in einem Schlafraum verbracht. Dort war sie bis zum nächsten Tag, als alle anderen schon wieder aufgebrochen waren. Wir werden also ein kleines Theaterstück aufführen, in dem eine von uns Iska Pellers Rolle spielt, ohne dass der Mörder Verdacht schöpft.«
    Erstaunte,

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