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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Mopeds fuhren mit flackerndem Licht vorbei, und aus einer Tür dröhnten harte afrikanische Discorhythmen. Sie sah Zigaretten aufglühen und weiße Augen.
    »Wait here«,
sagte Kaja, stopfte ihre Haare unter die Schirmmütze und überhörte die Warnungen des Fahrers, als sie ausstieg.
    Sie ging schnell und direkt auf das Haus zu. Machte sich keine falschen Vorstellungen, welche Chancen eine einzelne weiße Frau nach Einbruch der Dunkelheit in Görna hatte, doch in diesem Augenblick war die Dunkelheit tatsächlich ihr bester Freund.
    Sie sah die Tür zwischen den schwarzen Lavabrocken und wusste, dass sie sich beeilen musste. Sie waren auf dem Weg, sie musste ihnen zuvorkommen. Fast wäre sie gestolpert, aber sie ging geradeaus weiter und atmete durch den geöffneten Mund. Dann war sie da. Legte die Hand auf die Türklinke. Obgleich die Temperatur nach Sonnenuntergang überraschend schnell gesunken war, rann Schweiß in Bächen zwischen den Schulterblättern und ihren Brüsten herunter. Sie zwang ihre Hand, die Klinke nach unten zu drücken. Lauschte. Es war so seltsam still. Genauso still wie damals …
    Ihr Hals schnürte sich zusammen.
    »Komm schon«, ermahnte sie sich flüsternd. »Nicht jetzt.«
    Sie schloss die Augen, konzentrierte sich auf ihren Atem. Verdrängte alle Gedanken aus ihrem Hirn. Sie wollte es schaffen.
    Die Bilder verschwanden.
Delete, delete.
Nur ein letzter kleiner Gedanke wollte nicht gehen, aber es fehlte nicht mehr viel …
    Harry wurde davon wach, dass es in seinem Mundwinkel zuckte. Er öffnete die Augen. Es war dunkel. Er musste ohnmächtig geworden sein. Dann merkte er, dass an dem Metallfaden der Kugel gezogen wurde, die noch immer in seinem Mund steckte. Sein Herz startete, beschleunigte, hämmerte sich durch den Brustkorb. Er schob den Mund dicht an den Nagel, durch den die Schnur führte, wohl wissend, dass ihm das wenig nützen würde, wenn wirklich jemand die Tür öffnete.
    Ein Streifen Licht, der von draußen hereinfiel, traf die Wand über ihm. Sie glitzerte von Blut. Er führte einen Finger in den Mund, legte ihn auf die Zähne des Unterkiefers und zog nach unten. Die Schmerzen ließen ihm wieder für einen Augenblick schwarz vor Augen werden, aber dann spürte er, dass der Kiefer nach unten klappte. Er saß nicht mehr im Gelenk! Während er mit der einen Hand den Kiefer nach unten zog, bekam er mit der anderen die Kugel zu fassen und versuchte sie sich aus dem Mund zu ziehen.
    Er hörte Geräusche vor der Tür. Verdammt! Verdammte Scheiße! Er bekam die Kugel noch immer nicht zwischen den Zähnen heraus und drückte den Kiefer noch weiter nach unten. Das Knirschen von Knochen und zerreißendem Gewebe schien aus seinem eigenen Ohr zu kommen. Er versuchte, den Kiefer an einer Seite so weit nach unten zu drücken, dass er die Kugel seitlich herausziehen konnte, aber die Haut war im Weg. Er sah, dass sich die Klinke bewegte. Hatte keine Zeit mehr, keine Zeit! Es war alles vorbei.
    Ein letzter, kleiner Gedanke. Die SMS. Irgendwas stimmte da nicht. Dieser vertrauliche Plauderton klang nicht nach Harry. Kaja öffnete die Augen. Und was hatte er auf ihrer Terrasse gesagt, als sie über den Titel des Fante-Buchs gesprochen hatten? Dass er niemals SMS schickte. Weil er seine Seele nicht verlieren und keine Spuren hinterlassen wollte, wenn er verschwand. Sie hatte nie auch nur eine SMS von ihm bekommen. Bis eben. Er hätte anrufen können. Da stimmte etwas nicht, und diese Schlussfolgerung war keine Notlüge ihres Hirns, um die Tür nicht öffnen zu müssen. Das war eine Falle.
    Vorsichtig ließ Kaja die Klinke los und spürte einen warmen Lufthauch im Nacken. So, als pustete sie jemand an. Sie strich »so, als« und drehte sich um.
    Sie waren zu zweit. Ihre Gesichter verschmolzen mit der Dunkelheit.
    »Looking for someone, lady?«
    Das Gefühl eines Déjà-vu ergriff sie, noch bevor sie geantwortet hatte:
»Wrong door, that's all.«
    Im selben Moment hörte sie ein Auto starten, sie drehte sich um und sah, wie sich die Rücklichter ihres Taxis über die Straße entfernten.
»Don 't worry, lady«,
sagte die Stimme.
»We paid him.«
    Sie drehte sich zurück und blickte nach unten. Auf die Pistole, die auf sie gerichtet war.
»Let 's go.«
    Kaja durchdachte ihre Möglichkeiten, was schnell erledigt war. Es gab keine.
    Sie ging vor ihnen zu den beiden Range Rover. Die Hintertür des einen Wagens öffnete sich, als sie näher kamen. Sie setzte sich hinein. Es roch würzig nach Rasierwasser

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