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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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namentlich genannte Gefangene freizulassen, die allesamt bekannte Gegner des Kabila-Regimes sind. Die Verhandlungen werden sich ein paar Tage hinziehen, aber zu keinem Ergebnis führen, da die Forderungen viel zu hoch sind. Und danach wird niemand Sie wiedersehen. Das ist hier ganz normal, das ist hier Alltagskost, Kaja.«
    Kaja versuchte, Lene Galtungs Blick über den Spiegel einzufangen, sie sah aber in eine andere Richtung.
    »Und was ist mit ihr?«, fragte Kaja laut. »Weiß sie, dass Sie alle diese Menschen umgebracht haben, Tony?«
    »Jetzt ja«, antwortete Tony. »Und sie versteht mich. Das ist wahre Liebe, Kaja. Und deshalb werden Lene und ich heute Abend heiraten, ihr seid eingeladen.« Er lachte. »Wir sind auf dem Weg in die Kirche. Ich denke, es wird eine stimmungsvolle Zeremonie werden, wenn wir einander ewige Treue schwören, nicht wahr, Lene?«
    Im selben Moment beugte Lene sich auf ihrem Sitz vor, so dass Kaja erkennen konnte, warum sie die Schultern so nach hinten gepresst hatte: Ihre Hände waren mit rosafarbenen Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Tony lehnte sich vor, packte Lene an der Schulter und drückte sie mit aller Kraft zurück. Lene wandte sich dabei zu ihr um, und Kaja zuckte zusammen. Lene Galtung war beinahe nicht wiederzuerkennen. Ihr Gesicht war verweint, eines ihrer Augen war geschwollen, und ihr Mund stand offen, so dass ihre Lippen ein »o« formten. Hinter dem »o« sah Kaja das matte Glänzen einer goldenen Kugel, aus der eine kurze rote Schnur hing.
    Tonys Worte klangen für Kaja wie das Echo einer Liebeserklärung auf der Schwelle des Todes, ein Begräbnis im Schnee: »Bis dass der Tod uns scheidet.«
    Harry glitt hinter das Regal mit den Masken, als die Gestalt die Treppe runterkam, sich umdrehte und mit der Lampe den Raum absuchte. Es gab keinen Ort, an dem er sich verstecken konnte, der Countdown bis zu seiner Entdeckung lief. Harry schloss die Augen, um nicht geblendet zu werden, während er mit der linken Hand die Patronenschachtel öffnete. Er nahm vier Patronen heraus, seine Finger wussten ganz genau, was vier Patronen waren. Mit der rechten Hand kippte er die Trommel des Revolvers nach links heraus und versuchte zu den automatisierten Bewegungen zurückzufinden, die er so perfekt beherrscht hatte, als er einsam im Cabrini Green saß und aus lauter Langeweile das Schnellladen der Waffe trainiert hatte. Aber hier war es nicht einsam genug. Und auch nicht langweilig. Seine Finger zitterten. Das Licht verschwand. Er war nicht tot, noch nicht. Aber seine Finger gehorchten. Sie steckten die Patronen in vier der sechs freien Kammern, entspannt und schnell. Die Trommel klickte zurück. Harrv öffnete die Augen, als das Licht ihn ins Gesicht traf. Geblendet feuerte er seine Waffe auf die Sonne ab. Das Licht schwang nach oben an die Decke und verschwand. Das Echo des Schusses hing noch im Raum und wurde von dem Rollen der Taschenlampe abgelöst, die auf dem Boden einen Kreis beschrieb und wie ein Leuchtturm das Licht in einem Bogen an die Wände warf. »Kinzonzi! Kinzonzi!«
    Die Lampe rollte vor das Regal und blieb liegen. Harry stürzte vor, packte sie, legte sich auf dem Boden auf den Rücken und hielt die Lampe am ausgestreckten Arm zur Seite, so dass sie möglichst weit von seinem Körper entfernt war. Dann stemmte er die Beine gegen das Regal und schob sich in Richtung Treppe, so dass er die Luke direkt über sich hatte. Gleich darauf kamen die Kugeln. Sie klangen wie Peitschenknallen, und er spürte die Betonsplitter, die aus dem Boden gerissen wurden und ihm gegen Arme und Brust schlugen. Harry zielte und schoss in Richtung der Gestalt, die breitbeinig über der hellerleuchteten Luke stand. Drei schnelle Schüsse.
    Die Kalaschnikow kam zuerst. Sie schlug mit einem lauten Knall neben Harry auf dem Boden auf. Dann kam der Mann. Harry konnte sich gerade noch zur Seite rollen, als der Körper auf den Boden klatschte. Ohne Widerstand. Fleisch. Tote Masse.
    Ein paar Sekunden lang war es still. Dann hörte Harry Kinzonzi – wenn er denn so hieß -leise stöhnen. Harry stand auf, streckte das Licht noch immer zur Seite, sah eine Glock neben Kinzonzi auf dem Boden liegen und kickte sie weg. Dann nahm er die Kalaschnikow.
    Er schleppte den durch die Luke herabgestürzten Mann möglichst weit von Kinzonzi weg, lehnte ihn an die Wand und leuchtete mit der Lampe auf ihn. Er hatte wie Harry in das Licht gefeuert, das ihn geblendet hatte. Harry registrierte sofort, dass der

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