Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
Schmerz.«
    »Was?«
    »Das war der ursprüngliche Name des Bildes. Harry hat dich in die Details unseres Plans eingeweiht?«
    »Ja. Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    »Danke, Solness, ich höre ausgezeichnet. Wenn ich mich nicht irre, hast du das schon des Öfteren gesagt. Ich schlage vor, du überlegst dir das noch mal.«
    »Ich habe lange genug überlegt, Mikael.«
    Er strich sich mit einer Hand über den Krawattenknoten. »Warst du mit ihm zusammen?«
    Sie zuckte leicht. »Mit wem?«
    Bellman lachte leise.
    Kaja blickte ihm nicht nach. Sie hatte ihren Blick fest auf das Gesicht der Frau geheftet, während sich die Schritte entfernten.
     
    Licht sickerte durch ein paar graue Stahljalousien. Harry wärmte sich die Hände an einem Kaffeebecher mit dem blauen Schriftzug des Kriminalamts auf weißem Untergrund. Das Sitzungszimmer war dem der Mordabteilung, in dem er so viele Stunden seines Lebens verbracht hatte, zum Verwechseln ähnlich. Hell, teuer und trotzdem spartanisch auf eine nüchtern moderne Art, die keinem Minimalismus geschuldet war, sondern bloß einer gewissen Seelenlosigkeit.
    Ein Raum, der zur Effektivität aufforderte, um von ihm aus in die Hölle abtauchen zu können.
    Die acht Personen im Sitzungszimmer gehörten laut Bellman zum inneren Kern der Ermittlungsgruppe. Harry kannte nur zwei von ihnen: Bjørn Holm und eine robuste, bodenständige, nicht sonderlich phantasievolle Ermittlerin mit dem Spitznamen Pelikan, die früher mal im Dezernat für Gewaltverbrechen gearbeitet hatte. Bellman hatte Harry alle kurz vorgestellt, in klusive Ærdal, einem Mann mit Hornbrille und einem braunen Anzug, dessen Schnitt an die Sowjetzeit erinnerte. Er saß etwas abseits am unteren Tischende und reinigte sich mit einem Schweizer Messer die Fingernägel. Harry tippte auf eine Vergangenheit beim militärischen Nachrichtendienst. Jeder der Anwesenden hatte einen Bericht verfasst, die allesamt Harrys Annahme stützten, dass der Fall feststeckte. Die defensive Grundhaltung war nicht zu überhören, besonders in dem Bericht, der über die Suche nach Tony Leike informierte. Der Betreffende zählte auf, welche Passagierlisten welcher Fluggesellschaften mit negativem Resultat überprüft worden waren oder welche Instanzen welcher Telefongesellschaften mitgeteilt hatten, über keine ihrer Basisstationen Signale von Leikes Mobiltelefon empfangen zu haben. Leike logierte in keinem der Hotels der Stadt unter seinem Namen, wenn auch der Kapitän (sogar Harry war der selbsternannte, übereifrige Polizeiinformant und Pförtner des Bristol-Hotels ein Begriff) angerufen und behauptet hatte, jemanden gesehen zu haben, der Tony Leike sehr ähnlich sah. Der verantwortliche Ermittler fasste in beeindruckender Detailgenauigkeit zusammen, was unternommen worden war, ohne dabei zu merken, dass er im Grunde nur seine Nullnummer verteidigte. Er hatte nichts. Nada .
    Bellman saß mit übereinandergeschlagenen Beinen und messerscharfen Bügelfalten an der Stirnseite des Tisches. Er bedankte sich für die Zusammenfassung der Berichte und nahm eine etwas formellere Präsentation Harrys vor, indem er im Schnelldurchlauf aus einer Art Lebenslauf vorlas: Abschluss an der Poli zeihochschule, FBI-Kurs über Serienmorde in Chicago, Aufklärung der Clownsmorde in Sydney, Aufstieg zum Hauptkommissar und natürlich der Schneemann-Fall.
    »Ab heute ist Harry also Teil unseres Teams«, sagte Bellman. »Er erstattet mir Bericht.«
    »Und ist ausschließlich Ihnen unterstellt?«, sagte der Pelikan. Jetzt erinnerte Harry sich wieder, was ihr den Spitznamen eingehandelt hatte: Wenn sie sprach, senkte sie das Kinn und die schnabelartige, lange Nase Richtung Brustkorb und musterte ihren Gesprächspartner über den Rand der Brille hinweg. Skeptisch und gierig zugleich, als würde sie abschätzen, ob er für ihren Speiseplan in Betracht kam.
    »Harry ist nicht wirklich jemandem unterstellt«, sagte Bellman. »Er bewegt sich frei im Team. Betrachten wir Hauptkommissar Hole als eine Art Berater. Was sagen Sie dazu, Harry?«
    »Warum nicht?«, sagte Harry. »Ein überbezahlter, überschätzter Kerl, der glaubt, mehr zu wissen als der Rest.«
    Zurückhaltendes Murmeln rund um den Tisch. Harry sah Bjørn Holm an, der ihm aufmunternd zunickte.
    »Mal abgesehen davon, dass das in diesem Fall tatsächlich zutrifft«, sagte Mikael Bellman. »Sie haben mit Iska Peller gesprochen, Harry.«
    »Ja«, sagte Harry. »Aber zuerst würde ich gern noch mehr über Ihre

Weitere Kostenlose Bücher