Leopard
Pläne erfahren, in welcher Form Sie Peller als Lockvogel einsetzen wollen.«
Der Pelikan räusperte sich. »Das ist noch nicht im Detail ausgearbeitet. Im Augenblick geht es vorrangig darum, sie nach Norwegen zu holen und über die Medien zu verbreiten, dass sie an einem Ort untergebracht ist, wo sie eine leichte Beute für den Mörder ist. Währenddessen warten wir im Hinterhalt und hoffen, dass er den Köder schluckt.«
»Hm«, sagte Harry. »Klingt einfach.«
»Hat sich schon oft gezeigt, dass das Einfache zur Lösung führt«, sagte der Schweizer-Messer-Mann, um sich gleich wieder seinem Zeigefingernagel zu widmen.
»Einverstanden«, sagte Harry. »Nur dass der Lockvogel nicht mitspielt. Iska Peller ist nicht bereit, nach Norwegen zu kommen.«
Stöhnen und entmutigte Seufzer.
»Ich schlage deshalb vor, noch etwas Einfacheres auszuprobieren«, fuhr Harry fort. »Die Idee kam mir, als Iska Peller mich fragte, wieso wir, die wir dafür bezahlt werden, das Monster zu fangen, nicht selber einen Köder auswerfen.«
Er schaute in die Runde. Ihre Aufmerksamkeit hatte er. Aber würde es ihm gelingen, sie zu überzeugen?
»Wir haben dem Mörder gegenüber nämlich einen Vorteil. Wenn er die herausgerissene Seite aus dem Gästebuch in der Håvasshütte hat, kennt er Iska Pellers Namen, weiß aber nicht, wie sie aussieht, selbst wenn er in der besagten Nacht in der Håvasshütte war. Denn Charlotte Lolles und Iska Peller sind vor ihm dort eingetroffen, und Iska war krank und hat den Abend und die Nacht alleine mit Charlotte in einem Schlafraum verbracht. Dort war sie bis zum nächsten Tag, als alle anderen schon wieder aufgebrochen waren. Wir werden also ein kleines Theaterstück aufführen, in dem eine von uns Iska Pellers Rolle spielt, ohne dass der Mörder Verdacht schöpft.«
Erstaunte, abwartende Blicke rund um den Tisch. Die Skepsis stand den Anwesenden in die ansonsten ausdruckslosen Gesichter geschrieben.
»Und wie erfährt das Publikum von der Theatervorstellung?«, fragte Ærdal und klappte sein Messer zusammen.
»Indem das Kriminalamt das tut, was es am besten kann«, sagte Harry.
Stille.
»Und das wäre?«, brach der Pelikan das Schweigen.
»Pressekonferenz.«
Die Stille im Raum war nahezu erdrückend. Bis ein Lachen ertönte. Mikael Bellmans. Seine Leute sahen ihn überrascht an. Und verstanden, dass Harry Holes Plan bereits im Vorhinein abgesegnet worden war.
»Also …«, begann Harry.
Nach der Sitzung nahm Harry Bjørn Holm beiseite.
»Tut die Nase noch weh?«, fragte er.
»Willst du dich entschuldigen?«
»Nein.«
»Ich … Nein. Du kannst echt von Glück reden, dass sie nicht gebrochen war, Harry.«
»Hätte nur eine Veränderung zum Besseren bedeuten können.«
»Willst du dich entschuldigen oder nicht?«
»Entschuldige, Bjørn.«
»Okay. Und das heißt dann wohl, dass du mich um einen Gefallen bitten willst?«
»Ja.«
»Und der wäre?«
»Ich will wissen, ob ihr in Drammen wart, um Adeles Kleider auf DNA -Spuren zu untersuchen. Sie hat sich mit dem Typen, mit dem sie in der Håvasshütte war, ja wohl mehrmals getroffen.«
»Wir sind ihre komplette Garderobe durchgegangen, aber alle Sachen sind gewaschen worden und seit der Håvasshütte garantiert in Kontakt mit zig anderen gewesen.«
»Hm. Wenn ich es richtig verstanden habe, war sie keine begeisterte Skiläuferin. Habt ihr auch ihre Skiklamotten untersucht?«
»Sie hatte keine.«
»Und diese Schwesternkleider? Vielleicht hat sie die ja nur dieses eine Mal benutzt, und es sind noch Spermaflecken darauf?«
»Auch Fehlanzeige.«
»Kein frecher Minirock oder ein Häubchen mit rotem Kreuz drauf?«
»Nix. Da war nur eine blaue Krankenhaushose und das dazugehörige Oberteil, nicht sonderlich anturnend.«
»Hm. Vielleicht war die Minirockvariante gerade vergriffen. Oder sie hat sich nicht getraut. Könnt ihr die Krankenhausklamotten für mich unter die Lupe nehmen?«
Holm seufzte. »Wir haben wirklich alle vorhandenen Kleider untersucht, und alles, was sich waschen ließ, ist gewaschen worden. Da sind weder Flecken noch Haare zu finden.«
»Nimmst du sie trotzdem mit ins Labor? Für einen gründlichen Check?«
»Harry …«
»Danke, Bjørn. Und das war natürlich nur ein Spaß, du hast einen tadellosen Zinken. Echt.«
Es war vier Uhr, als Harry Søs mit einem Wagen vom Kriminalamt abholte, den Bellman ihm bis auf weiteres zur Verfügung gestellt hatte. Sie fuhren zum Reichshospital und sprachen mit Dr. Abel.
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