Leopardenblut (German Edition)
aber was sonst konnte jemanden dazu bringen, ein anderes Wesen so brutal zuzurichten.
„Er weiß gar nicht, was Wut ist.“
Sie hatte keine Angst vor dem Blutdurst, den sie in Lucas’ Augen sah. Er war auf eine gewisse Art rein und klar. „Niemand, der so etwas Dunkles fühlt, kann es für immer geheim halten. Früher oder später muss er zusammenbrechen.“
Lucas’ Augen waren harte grüne Kristalle. „Es wäre ein Segen für uns alle, wenn es früher wäre. Die Zeit läuft uns davon.“
Tamsyn war unruhig. „Ich vermisse die Jungen“, sagte sie, sobald Lucas durch die Tür trat.
Er nahm sie in den Arm und versuchte, ihr so etwas von seiner Kraft zu geben. Sascha stand ruhig neben ihm, aber er spürte etwas in seinem Nacken. Er hatte diesem Gefühl bisher kaum Beachtung geschenkt, da es in ihrer Gegenwart immer da war. Etwas an Sascha strahlte auf einem niedrigen Energieniveau ununterbrochen mediale Kräfte aus.
Was zum Teufel hatte diese Mediale vor? Trotz ihres erfolglosen Versuchs, sie zu verraten, war er nicht misstrauisch. Der Panther hielt sie für ungefährlich und er hatte sich noch nie geirrt. Nach ein paar Minuten atmete Tamsyn tief ein und ließ ihn los.
„Besser?“, fragte er und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Jedes Mal wenn er dieser Heilerin in die Augen sah, brach sein Herz auseinander und setzte sich dann wieder zusammen. Sie erinnerte ihn an seine verlorene Mutter und daran, wie gütig Shayla gewesen war.
Tamsyn nickte. „Ich habe Nate arbeiten geschickt, schön dumm von mir.“ Dann ging sie in ihre Domäne – die Küche.
Sascha wartete, bis Tamsyn außer Hörweite war. „Warum hat sie die Jungen überhaupt fortgelassen, wenn sie so besorgt ist?“
„Überbehütung tut Gestaltwandlerraubtieren nicht gut.“ Vor allem in den Monaten nach Kylies Tod hatte er diesen Fehler begangen. Mit seinem Bedürfnis nach Sicherheit und dem Wunsch, niemanden mehr zu verlieren, hätte er seine Leute beinahe erstickt. Er hatte seinen Fehler gerade noch rechtzeitig erkannt, bevor ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstanden war, aber er musste sich Tag ein, Tag aus daran erinnern.
„Tammy wirkte auf mich gar nicht so gluckenhaft. Es sah eher so aus, als ließe sie die Jungen viel ausprobieren.“
„Du hast sie nur einmal miteinander gesehen.“ Doch ihre Vermutung stimmte. Tammy war diejenige gewesen, die wegen seines Verhaltens den Jungen gegenüber auf ihn losgegangen war. Aber das konnte er Sascha nicht erzählen. Ihr aufgrund seiner Instinkte zu vertrauen, war etwas völlig anderes, als das Leben der Rudeljungen in ihre Hände zu legen. So viel Vertrauen hatte sie sich noch nicht verdient.
Als Rudelführer traf er damit die richtige Entscheidung, aber ein bisschen spielte auch sein immer noch vorhandener Ärger über den versuchten Verrat eine Rolle. „Was riecht hier so gut?“, fragte er und ging in die Küche.
Tammy hatte gerade die Teller auf den Tisch gestellt. „Hühnerfrikassee und danach Erdbeerkuchen.“
„Sie hätten sich nicht so viel Mühe machen sollen“, sagte Sascha, und obwohl es gestelzt klang, wusste Lucas, dass es ernst gemeint war.
Zu seiner Überraschung war das auch Tamsyn aufgefallen. Sie beruhigte Sascha, indem sie ihre Hand flüchtig berührte. „Kochen entspannt mich. Vielleicht ist es Teil meiner Heilerexistenz. Wenn Sie mir nicht helfen, die Sachen aufzuessen, wird Nate mir später vorwerfen, ich wolle ihn mästen.“
Lucas zog einen Stuhl nach hinten. Aber Sascha ging auf die andere Seite des Tisches und nahm sich selbst einen Stuhl. Stures Frauenzimmer. „Isst du mit uns, Tammy?“
„Klar.“ Sie nahm ihre Schürze ab und setzte sich an das Kopfende des Tisches, Lucas saß rechts und Sascha links von ihr. „Es ist eigenartig, hier zu sitzen – es ist eigentlich Nates Platz.“
Aus diesem Grund hatte Lucas sich nicht dorthin gesetzt. Er war zwar das Alphatier im Rudel, aber in diesem Haus besaß Nate die Führungsrolle. Vielleicht war Tamsyn da anderer Meinung, dachte Lucas und verbarg sein Lächeln, aber sie liebte Nate und ließ ihn daher in dem Glauben.
Beim Essen begann die Heilerin das Gespräch. „Ich muss immer an das arme Mädchen, diese Brenna, denken.“ Sie legte ihre Gabel zur Seite. „Vielleicht tut er ihr gerade weh. Und wir sitzen herum und tun nichts.“
Sascha fand die richtigen Worte. „Wenn Sie so negativ denken, könnten Ihre Gedanken Wirklichkeit werden. Überwinden Sie den Ärger und den Schmerz und
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