Leopardenblut (German Edition)
legte dann die Hand mit der Handfläche nach oben auf den Tisch. „Dann bin ich auf deiner Seite. Für das Rudel!“
Tamsyn schlang die Arme um seinen Hals, Zustimmung in den Augen.
„Für das Rudel!“ Dorian legte seine Hand in Nates, ebenfalls mit der Handfläche nach oben.
Lucas schlug ein, schloss die Finger um ihre Hände, wie ihre Finger sich um seine schlossen. „Für das Rudel!“
Saschas Finger zitterten. Sie schob ihre linke Hand unauffällig in die Hosentasche und sah Enrique über den Tisch hinweg an. Er hatte auf sie gewartet, hatte ihr aufgelauert. Sobald sie das Gebäude der Duncans betreten hatte, hatten die Computer sie informiert, dass sie in Nikitas Büro erwartet wurde.
Voller Angst, jemand hätte das wirkliche Ziel ihrer Suche im Medialnet entdeckt, hatte sie die Tür zum Büro geöffnet und Enrique auf dem Stuhl ihrer Mutter vorgefunden. Nikita stand neben ihm. Dass Sascha in diesem Augenblick kein bisschen Angst spürte, war allein der Stärke ihrer Schilde zu verdanken. Doch ihre Finger ließen sie im Stich.
„Nikita hat mir erzählt, du hättest nicht viel bei den Gestaltwandlern herausgefunden.“ In Enriques Stimme lag ein kaum wahrnehmbarer Tadel.
„Nichts Entscheidendes“, antwortete Sascha. Sie hatte Lucas am Nachmittag gefragt, was sie den anderen Kardinalmedialen mitteilen konnte, ohne die Gestaltwandler zu gefährden. Damit hatte sie den Spionageauftrag zugegeben, aber ihr war klar, dass er so etwas ohnehin schon vermutet hatte. Gestaltwandler waren eben nicht dumm, das hatte sie Enrique ja bereits gesagt. Lucas hatte ihr keine Vorwürfe gemacht, sondern einfach die notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt.
„Ich habe herausgefunden, dass schon die Kinder ihre Gestalt wandeln können.“ Das war kein Geheimnis. Die meisten Medialen hatten sich nur nie die Mühe gemacht, richtig hinzuschauen.
Enrique beugte sich vor. „Jede Kleinigkeit ist hilfreich.“
„Das Einzige, was Ihnen vielleicht noch von Nutzen sein könnte, ist die Tatsache, dass die Gestaltwandlergruppen nicht so isoliert leben, wie wir glauben.“ Das war ebenfalls bekannt. „Wenn die jungen Alphatiere ihr Rudel verlassen, um ein eigenes zu gründen, bleiben sie meist der Elterngruppe freundschaftlich verbunden.“
„Das ist großartig, Sascha. Kein Medialer ist in den letzten hundert Jahren den Gestaltwandlern so nahe gekommen wie du. Mit deiner Hilfe können wir unsere Informationen über sie auf den neuesten Stand bringen.“
Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie geglaubt, Enrique wolle sich als ihr Mentor anbieten. Nun, zumindest wollte er ihr nicht länger weismachen, es gäbe einen Platz im Rat für sie.
„Wenn das alles ist, Sir, würde ich gern noch etwas erledigen“, sagte sie und bemerkte zu ihrem Schrecken, dass inzwischen auch ihre rechte Hand zuckte. Wenn sie nicht bald hier herauskam, konnte sie ihren körperlichen Verfall unmöglich länger verbergen.
„Ich werde dich vielleicht später noch einmal anrufe n … falls dir doch noch mehr einfallen sollte.“ Enrique stand gleichzeitig mit ihr auf.
Sascha sah Nikita an. „Selbstverständlich, Sir, Mutter.“ Beim Hinausgehen fiel ihr Blick auf ihre Füße und sie sah, dass sie heute Morgen aus lauter Verwirrung den von Julian angeknabberten Stiefel angezogen hatte. Furcht ergriff sie.
„Sascha.“
Sie drehte sich um und fummelte am Revers ihres Jacketts, um das Zittern ihrer rechten Hand zu verbergen. „Ja?“
„Deine Arbeit wird den Duncans Ehre machen.“ Enrique war aufgestanden. Er und Nikita standen so eng beieinander, dass ihre Schultern sich fast berührten.
„Du machst dich gut“, bestätigte Nikita.
Plötzlich fragte sich Sascha, wie viel von dem stimmte, was ihre Mutter ihr erzählt hatte. War Enrique wirklich nur ein Verbündeter, den man bei Laune halten musste, oder einte die beiden ein dunkleres Ziel? „Vielen Dank.“
Diesmal ließen sie Sascha ohne weitere Unterbrechung ziehen. Draußen steckte sie die zweite Hand ebenfalls in ihre Hosentasche. Sie wollte eigentlich in ihre Wohnung, aber das ging nicht. Enrique würde kaum seine Meinung ändern und sie sicher später anrufen. Und wenn er sie in diesem Zustand sah, war sie so gut wie tot.
Ihre Hände zitterten nun unkontrolliert und sie konnte auch die Muskelkrämpfe in den Beinen nicht länger ignorieren. Irgendetwas war sehr schiefgelaufen, seit sie Lucas verlassen hatte. Vor lauter Panik kaum noch eines klaren Gedankens fähig,
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