Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
fragte Klervondaf finster, „um denen von uns, die noch übrig sind, die Verwebung anzubieten?“ Die Frage war schon an sich merkwürdig und wurde es gewiß nicht weniger durch die Spur von Sarkasmus in der Stimme des Jungen.
Diplomatisch antwortete Morlenden: „Nein, das ist kaum der Grund. Auf jeden Fall sind wir keine Webvermittler, sondern eher Archivare. Ich bin mir jedoch grundsätzlich der Lage eurer Innenverwandten bewußt und habe mich bereits nach geeigneten jungen Männern umgesehen, die zur Verfügung stehen könnten. Aber laßt uns dieses Problem für den Augenblick außer acht lassen, denn ich bin nicht deswegen gekommen. Ich habe etwas Dringenderes: Maellenkleth und Mevlannen.“
„Mael und Mev? Ach?“ Seine zuvor unsichtbare Wachsamkeit wurde sofort deutlich, und der Junge fügte hinzu: „Und was könnte ein Archivar wissen wollen?“
Morlenden entschloß sich, offen weiterzureden. „Mit einem Wort, alles, was ihr wißt und mir helfen könnte, die beiden zu finden, vor allem Maellenkleth. Sie gilt zur Zeit als vermißt, und wir Derens haben den Auftrag, sie zu suchen. Ich glaube nicht, daß das möglich ist, ohne etwas über ihr Leben zu wissen.“
Aus irgendeinem Grund schien das Klervondafs Mißtrauen zu zerstreuen, und er wurde ein wenig lockerer. Aber nicht ganz locker. „Das wird eine Weile dauern, ja, eine ganze Weile. Maellenkleth …“ Er hielt jäh inne und machte eine nervöse kurze Bewegung. „Du mußt meine Unhöflichkeit entschuldigen. Du mußt müde sein, wenn du den ganzen Weg hierher gelaufen bist, und hungrig. Bitte, setz dich, fühl dich wie zu Hause. Ich werde etwas für dich zurechtmachen.“
Der Junge wandte sich von Morlenden ab und sagte über seine Schulter hinweg: „Plindes, ich bitte dich wirklich nicht gern darum, aber hättest du vielleicht einen kleinen Moment Zeit? Ich brauche jemanden, der zu den Rhalens gehen kann, um ihnen zu sagen, daß sie Tas heimschicken sollen.“
Eine Stimme, die zu dem Mädchen gehörte, antwortete aus der Tiefe des yos: „Ich glaube schon.“ Nach einer Weile erschien wieder das blaßgesichtige Mädchen, das Morlenden zuvor hinter der Türlasche gesehen hatte und das nun auch ein äußeres Überhemd trug. Was er unter dem schweren Winterkleid von dem darunter verborgenen Körper ahnen konnte, war gewiß blaßhäutig und schlank, etwa wie Peth, aber älter und etwas gerundeter, ein klein wenig näher am Erwachsenenstadium. Ihr Haar war tatsächlich ein mattes, üppiges Braun, immer noch zerzaust, voller ungebändigter Locken. Sie eilte an ihnen vorbei, ohne ein Wort zu sagen und nur um kurz bei Klervondaf anzuhalten und seine Hand mit der ihren zu berühren. Er erwiderte die Geste scheu, und das Mädchen verließ das yos und zog die Kapuze ihres Überhemdes hoch, als sie durch den inneren Vorhang des Eingangs schlüpfte. Ein paar weitere Augenblicke lang konnte Morlenden hören, wie sie in der Dunkelheit herumkramte, um nach Mantel und Stiefeln zu suchen, aber schließlich hörte er sie die Treppe hinuntertrippeln, und es herrschte Ruhe.
Der Junge wartete und lauschte. Dann ging er geräuschlos zur inneren Lasche des Eingangs hinüber, blickte seitwärts hindurch und dann auch nach draußen, indem er sorgfältig durch die äußere Lasche sah. Gleich darauf kehrte er wieder zurück und erklärte: „Plindestier und ich sind schon recht vertraut miteinander, wie du zweifellos selbst gesehen haben wirst. Aber sie ist sehr neugierig, und in diesem yos spricht man nicht allzu laut von den Geschäften der innenverwandten Perklaren-Geschwister. Ich würde es ihr glatt zutrauen zu horchen.“
Morlenden fragte, um ein wenig zu plaudern und den Jungen weiter zu beruhigen: „Seid ihr schon lange ein Paar?“
„Ab und zu“, sagte er zurückhaltend und machte sich an die Aufgabe, noch etwas mehr Holz ins Kaminfeuer zu legen. Nach einem Weilchen fügte er vollkommen entwaffnend und freimütig hinzu: „Plindestier ist übermäßig schüchtern, und ich bin praktisch ohne Webe. Wir trösten uns gegenseitig.“ Er prüfte nach, ob in dem Teekessel genug Wasser für einen Aufguß war, und wandte sich dann wieder Morlenden zu, der sich auf ein Kissen gesetzt hatte und sich träge im Kaminraum umsah.
Kaminräume waren in der Regel immer weitgehend gleich eingerichtet, ganz gleich, wessen yos es war. Aber wie sich Morlenden in diesem hier so umsah, konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, daß an diesem etwas war, was es von anderen
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