Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
es klang, die Art, wie das Geräusch die Stellen, an denen Lehm vorkam, erfüllte. Lehm kommt vom Frieden, nicht von der Stagnation. Wenn man einmal gelernt hat zuzuhören, dann klingen die Worte des Wassers genau wie die Multisprache.“
„Wir Derens sind keine Meister auf dem Gebiet der Multisprache“, erklärte Morlenden. „Wir führen die Akten, und dafür reicht die Singlesprache aus. Ich kann sie wohl verstehen, aber ich gebe mich ihr und ihrem Sprecher {33} nicht gern hin, und ich habe noch nie das erlebt, was ich als erfolgreiche Übertragung bezeichnen würde.“
Tas beachtete Morlendens Einwurf nicht. „Mael kann sie wirklich gut. Ich meine, sie war vorher schon gut, aber seit sie mit Kris zusammen war, konnte sie einige regelrecht phantastische Sachen machen.“
„Zum Beispiel?“
„Du kennst den visuellen Modus? Wie man damit holistische Bilder übertragen kann? Diese Bilder wirken wie direkt aus dem Leben, aber sie sind es nicht, weil sie nicht beweglich sind. Oder sind das nur so Sachen, die die Ältesten den Kindern erzählen?“
„Soweit ich weiß, ist es wirklich so.“
„Mael konnte sie in Bewegung versetzen. Nicht in so schnelle Bewegung wie in Wirklichkeit, langsamer, aber sie bewegten sich. Ich ließ sie einmal zu mir ein, und da hat sie es mir gezeigt.“
„Ich habe einmal gehört, daß zwei oder noch mehr von den Ältesten, die lange daran gearbeitet hatten, bewegliche Bilder zustande bringen konnten. Ich habe nie so eins gesehen.“
„Ich hörte, daß der Geist erst dann dafür bereit ist, wenn man das freiwillige Vergessen zu beherrschen versteht.“ Morlenden zuckte bei der Bemerkung des Jungen zusammen. Das freiwillige Vergessen war ein Phänomen, das man nicht öffentlich aussprach. Taskellan für seinen Teil fing einen Bruchteil von Morlendens Unbehagen auf und verfiel in Schweigen. Wenn er angesprochen wurde, murmelte er eintönige Silben vor sich hin oder gab dunkle Töne von sich, als spreche er mit sich selbst. Morlenden folgte ihm, indem er durch den bereiften Morgen des kalten Wintertages wanderte.
Auf dem Wege vom Yos-Perklaren hatte Morlenden nichts gesehen, das einem yos oder dem Vorgarten eines yos auch nur entfernt geähnelt hätte, nicht einmal einer Laube oder selbst einem größeren Platz an einer Wegkreuzung, wo sich Fremde treffen und ohne schlechte Vorzeichen miteinander reden konnten. Sie gingen anscheinend durch einen pfadlosen, blätterbestreuten Hartholzwald, der von perlweißem, durchsichtigen Sonnenlicht erleuchtet wurde, das durch ein hohes Dach oder in viele einzelne Teile gebrochene Altokumuli fiel. Morlenden konnte sich erinnern, einmal gehört zu haben, wie Fellirian einen derartigen Himmel mit einigen alten menschlichen Begriffen bezeichnete, die sie von einem Antiquar hatte. Schäfchenwölkchenhimmel, so nannten sie das und manchmal auch noch anders, wenn die Wolken größer waren. Sie selbst sagten in der Singlesprache Palosi Pisklendir. Perlenschuppenhimmel. Oder sie nannten es Hlavdir – Buttermilchhimmel. Immerhin lauteten die Begriffe in beiden Systemen ziemlich gleich.
Als sie aufgebrochen waren, hatte der Wald aus den künstlich gezogenen Sonnenschirmkiefern bestanden, aber als sie erst einmal aus dem Seengebiet heraus waren, fiel er bald wieder in natürlichen Wuchs zurück und wurde zu einem Wald aus Eiche und Hickory. Als sich die Sonne dem Zenit näherte, ihn schließlich erreichte und zu überschreiten begann, fand ein weiterer Wechsel statt, und die nun auftauchenden Bäume waren Buchen und Eisenbäume, wilde Liguster und Platanen, sichere Anzeichen dafür, daß sie in einer Flußlandschaft waren. Kein Schwemmland. Es gab immer noch keine Pfade. Sie gingen weiter, jetzt schweigend, um ihre Lungen zu schonen, und verursachten nur noch die kleinen Geräusche des Waldes, die von den zerknitterten Blättern unter ihren Füßen herrührten, während sie gingen. Kurz nach dem, was Morlenden für Mittag hielt, hielten sie an; ihr Atem, der in der kalten Luft leicht dampfte, war so hell und von solch zitternder Klarheit wie Quellwasser. Morlenden dachte einen Augenblick darüber nach und stellte dann mit einem Schlag fest, daß er hungrig war. Diesen Tatbestand teilte er Taskellan mit und fand Zustimmung. Er ließ sein Bündel von sich gleiten und holte die gute Wegzehrung heraus, mit der ihn Plindestier und Klervondaf vorsorglich eingedeckt hatten – ein kleines Netz mit Äpfeln, Würsten und Brot.
Ihr Eßplatz schien sich von dem
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