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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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Valjean und hielt alles für gut, was er tat.
    Weder Jean Valjean noch Cosette, noch Toussaint benützten jemals die Tür zur Rue de Babylone. Wer die Bewohner des Hauses nicht durch das Gitter beobachtete, hätte kaum erraten können, daß jemand hier wohne. Das Tor blieb immer verschlossen. Jean Valjean hatte sogar den Garten ungepflegt gelassen, damit er nicht die Aufmerksamkeit der Passanten errege.
Die Rose merkt, daß sie bewaffnet ist
    Eines Tages sah Cosette zufällig in den Spiegel und sagte sich:
    »Sieh da!«
    Ihr schien, sie wäre eigentlich ganz hübsch. Das versetzte sie in merkwürdige Verlegenheit. Bis zu diesem Augenblick hatte sie nie über ihr Gesicht nachgedacht. Sie sah wohl in den Spiegel, aber sie beobachtete nicht. Auch hatte man ihr so oft gesagt, daß sie häßlich war. Und wenn Jean Valjean auch sanft eingewandt hatte: Aber nein, nicht doch, so hatte sie kaum darauf geachtet. Sie war herangewachsen in dem Gedanken, daß sie häßlich sei, und hatte sich dreingefunden mit der raschen Resignation des Kindes.
    Jetzt hatte der Spiegel ihr dasselbe gesagt wie Jean Valjean. Sie schlief nicht in dieser Nacht.
    Wenn ich hübsch wäre, dachte sie, wäre das nicht komisch?
    Am nächsten Tag sah sie zufällig wieder in den Spiegel undbegann zu zweifeln. Ich war wohl nicht ganz bei Trost, dachte sie. Ich bin doch häßlich. Aber sie hatte nur schlecht geschlafen und sah darum blaß und müde aus. Der Gedanke, daß sie schön sei, hatte sie nicht so gefreut, daß sie jetzt, als sie sich eines Besseren belehrt glaubte, traurig geworden wäre. Aber sie sah nicht mehr in den Spiegel und kämmte sich vierzehn Tage lang, ohne hineinzusehen.
    Abends nach dem Essen pflegte sie im Salon zu sitzen und sich mit einer Handarbeit zu beschäftigen; Jean Valjean hielt sich in ihrer Nähe und las. Einmal blickte sie von der Arbeit auf und war beunruhigt, als sie gewahrte, wie sorgenvoll ihr Vater sie betrachtete.
    Ein andermal glaubte sie auf der Straße jemand hinter ihr sagen zu hören:
    »Hübsches Mädchen! Aber schlecht angezogen.«
    Ach, der meint mich nicht, dachte sie. Ich bin häßlich, aber gut angezogen. Damals trug sie den Plüschhut und das Merinokleid.
    Eines Tages endlich war sie im Garten und hörte, wie die arme alte Toussaint zu Jean Valjean sagte: »Haben Sie denn nicht bemerkt, Herr, wie hübsch das Fräulein wird?« Cosette hörte nicht, was der Vater antwortete, aber Toussaints Worte machten auf sie einen tiefen Eindruck. Sie lief in ihr Zimmer, trat vor den Spiegel, den sie seit Monaten mied, und stieß einen Schrei aus.
    Sie war schön, sie war hübsch. Toussaint hatte recht, und ihr Spiegel auch. Ihre Gestalt war nun voll entwickelt, ihre Haut weiß, ihr Haar glänzend; ihre Augen strahlten. Die Erkenntnis ihrer Schönheit kam ihr plötzlich, sie konnte nicht mehr zweifeln. Stolz wie eine Königin kehrte sie in den Garten zurück. Sie glaubte, die Vögel singen zu hören und die Sonne schimmern zu sehen zwischen den Bäumen, obwohl es Winter war.
    Jean Valjean seinerseits empfand ein tiefes und kaum erklärliches Unbehagen.
    Schon seit einiger Zeit beobachtete er diese täglich strahlendere Schönheit ängstlich. Allen anderen schien sie zu lachen, ihm war sie ein Gegenstand der Trauer.
    Wie schön sie ist! dachte er, was soll aus mir werden?
    Und die ersten Wirkungen stellten sich bald ein.
    Seit Cosette wußte, daß sie schön sei, achtete sie auf ihre Kleidung. Ihr fiel ein, daß jemand im Vorübergehen gesagt hatte:hübsch, aber schlecht angezogen, und dieses Orakel hatte in ihr Herz den Samen eines Gefühls gestreut, welches das Leben der Frau zu bestimmen pflegt, der Koketterie.
    Mit dem Glauben an ihre eigene Schönheit entfaltete sich auch ihre weibliche Seele. Das Merinokleid war ihr gräßlich, und sie schämte sich des Plüschhuts. Ihr Vater hatte ihr niemals etwas abgeschlagen. Bald besaß sie die ganze Wissenschaft des Hutes, des Kleides, des Mantels und der Schuhe – diese Wissenschaft, die die Pariserin so reizvoll und so gefährlich macht.
    Und zu jener Zeit begegnete ihr Marius nach sechs Monaten wieder im Luxembourg.
Der Kampf beginnt
    Cosette trug in ihrer Einsamkeit, wie Marius in der seinen, alle Bereitschaft in sich, in Flammen aufzugehen. Das Schicksal näherte mit geheimnisvoller, schicksalsschwangerer Geduld die beiden mit der Elektrizität der Leidenschaft geladenen Geschöpfe einander, bis sie ihre Seelen vereinen konnten wie zwei Wolken, deren Berührung den Blitz

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