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Lesereise Prag

Lesereise Prag

Titel: Lesereise Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Brill
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Länder, beispielsweise in Weißrussland oder Kuba. Im Falle Kubas führte dies EU -intern zu Konflikten mit den Spaniern, die auch den Kommerz im Auge haben. Minister Schwarzenberg, der als Senator 2005 aus Kuba wegen Dissidentenkontakten ausgewiesen wurde, ist mit ganzem Herzen dabei. Und es war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass Dissidenten aus aller Welt sich 2007 im großen Saal des Palais Czernin trafen, vom damaligen US -Präsidenten George Bush mit einer Ansprache beehrt. Auf edlen Läufern in edlen Fluren standen an jenem Tag Plakatwände mit Porträts politischer Gefangener, die Gobelins im Goldenen Salon gaben beim Pressetreffen dem russischen Oppositionellen und Schachweltmeister Garri Kasparow sowie einem syrischen Regimegegner die Ehre. Auch Havel war da, und Schwarzenberg begrüßte freihändig und mehrsprachig.
    Tschechien hat sich eine aktive Außenpolitik vorgenommen, nach Phasen der Verschüchterung und Unpässlichkeit ist die Lust am Mitmischen geweckt. »Wir wollen in eine EU hineinwirken, wo jeder Beitrag erwünscht ist«, sagt Tomáš Kafka, der Leiter der Mitteleuropa-Abteilung im Außenministerium. In abendlicher Runde in einem Alt-Prager Lokal schält sich heraus, dass jener Rüffel des Franzosen Jacques Chirac an die Polen, sie sollten als Neulinge erst einmal die Klappe halten, auch andere verärgert hat, zum Beispiel die Tschechen. »Es ist jetzt nicht mehr so, dass die einen dankbar sein müssen und die anderen die Arbeit machen«, sagt Tomáš Kafka. Und Jiří Šitler, der Protokollchef des Außenministeriums, fügt an: »Unsere Ansichten sind nicht weniger europäisch als die der Franzosen.«
    Es hat indessen alle tschechischen Diplomaten und ebenso ihren Anführer Schwarzenberg, einen überzeugten Anhänger der europäischen Integration, bitterlich enttäuscht, dass mitten in der tschechischen EU -Ratspräsidentschaft im März 2009 die Regierung des Premierministers Mirek Topolánek durch ein Misstrauensvotum des sozialdemokratischen Oppositionsführers Jiří Paroubek gestürzt wurde. Je zwei Abweichler aus der ODS und der Partei der Grünen verhalfen der Opposition zur Mehrheit. Der Eklat war riesengroß, ganz Europa stöhnte auf über die kleinlichen tschechischen Kabalen, die das Land beim Auftritt auf der großen Bühne ins Stolpern und zu Fall brachten.
    Für Karel Schwarzenberg war es ein Abschied und ein Aufbruch zugleich. Er dankte mit dem Kabinett ab, er wandte den Grünen den Rücken zu und gründete im Juni 2009 zusammen mit dem früheren Christdemokraten Miroslav Kalousek eine neue konservativ-liberale Partei namens TOP 09 – die Abkürzung steht für Tradice, Odpovědnost, Prosperita (Tradition, Verantwortung, Wohlstand). Kalousek gilt als der eigentliche Strippenzieher der Operation und stellte auch die Parteiorganisation auf die Beine, unterstützt von anderen abgesprungenen Christdemokraten und einer Bewegung von Bürgermeistern. Der heutige Finanzminister hat langjährige Regierungserfahrung, ist aber nicht sonderlich beliebt, weil ihm noch aus den neunziger Jahren Korruptionsskandale aus dem Verteidigungsministerium anhängen, ohne dass ihm je eine Ungesetzlichkeit nachgewiesen wurde.
    Jedenfalls passte es bestens, dass der überaus populäre Schwarzenberg, den viele Tschechen nur »den Fürsten« ( kníže ) nennen, für die neue Partei als Erster Vorsitzender und Galionsfigur in den Wahlkampf zog. Der Zweiundsiebzigjährige punktete gerade bei jungen Leuten besonders gut. Sie glauben ihm offenbar in großer Zahl, dass er den Kampf gegen die Korruption und für eine rigide Sanierung der maroden Staatsfinanzen ernst meint. Viele Tschechen räsonieren auch, und als reiner Scherz ist das nicht gemeint, der Fürst sei mit seinen Schlössern und Liegenschaften im Wert von mehreren hundert Millionen Euro schon so vermögend, dass er es nicht nötig habe, sich noch bei Staatsgeschäften zu bereichern.
    Tatsächlich wurde der Wahltag des 29. Mai 2010 für Schwarzenberg zum Triumph. Aus dem Stand kam TOP 09 auf 16,7 Prozent der Stimmen, die früher dominierende ODS wurde nach einer Serie von Skandalen von 35,4 auf 20,2 Prozent zurückgestutzt. Zusammen mit einer ebenfalls neuen Gruppe namens Věci Veřejné (Öffentliche Angelegenheiten) wurde eine neue bürgerliche Dreierkoalition möglich. Schwarzenberg hat darin als einer der drei Parteiführer eine Schlüsselposition inne, er wurde auch wieder Außenminister.
    Wer sich mit ihm je über seine Familie und

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