Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
Vom Netzwerk:
inzwischen recht genau, was die Liebe zwischen Mann und Frau bedeutete, und sie konnte sich gut vorstellen, dass es einen aus der Fassung brachte, wenn der andere durch das Bett hüpfte.
    »Nun ja, du weißt ja, wie ich in solchen Dingen bin. Die Andeutung allein war genug, um mich aus dem Bett zu verscheuchen. Giles hat es abgezogen, und natürlich hat er nicht einen Käfer gefunden. Nachdem er mich überzeugt hatte, ins Bett zurückzukommen, fing ich wieder an herumzuzappeln. Das Ende vom Lied war schließlich, dass ich ihm erklären musste, was meine Mutter gesagt hatte. Daraufhin lachte er so laut los, dass die Leute im Nebenzimmer gegen die Wände hämmerten.«
    Die beiden Frauen verfielen in hilfloses Gekicher, und nachdem Lily so offen gesprochen hatte, fühlte Matilda sich fähig zu fragen, ob es tatsächlich so schlimm gewesen sei, wie Lilys Mutter behauptet hatte.
    »Oh, nein. Mutter hatte Unrecht.« Lilys graue Augen blickten plötzlich verträumt. »Es war das Aufregendste, was mir in meinem Leben jemals passiert ist.«
    Matilda erinnerte sich daran, dass die Blumenmädchen in London ähnliche Dinge erzählt hatten, aber sie waren einfache Frauen, keine Ladys gewesen. Lily mit ihrer verwöhnten Art, ihrem schmalen Körper und den kleinen Brüsten würde man nicht spontan als leidenschaftlich einschätzen.
    »Ich denke, dass die Liebe den Unterschied macht«, fuhr Lily fort. »Mutter hat Vater nur wegen des Geldes geheiratet, und dann ist es sicher fürchterlich. Denk also daran, nur aus Liebe zu heiraten, Matty. Dann wirst du sehen, wie gut es ist.«
    Matilda brachte kein Wort heraus. Das Gespräch war ihr eigentlich nicht peinlich, sie war nur fassungslos, dass Lily so offen war.
    »Du meine Güte, vielleicht hätte ich dir nicht all das erzählen sollen«, murmelte Lily und war leicht verwirrt, weil Matilda so schweigsam geworden war. »Aber weil du keine Mutter hast, wollte ich gern das Wenige, das ich weiß, an dich weitergeben.«
    »Ich habe schon oft darüber nachgedacht.« Nach ihren Erfahrungen mit Flynn war Matilda überhaupt nicht ängstlich, was die Vorstellung von Sex betraf, doch das konnte sie Lily gegenüber natürlich nicht zugeben. »Ich bin froh, dass du es mir erzählt hast.«
    »Es ist ein wichtiger Teil des ehelichen Lebens«, fuhr Lily mit niedergeschlagenen Augen fort. »Es kann beiden Partnern so viel Freude bereiten. Aber leider konnte ich es nicht mehr genießen, nachdem Tabitha auf die Welt gekommen war. Ich weiß nicht, warum, doch plötzlich wurde ich für lange Zeit völlig gleichgültig, was diese Seite der Ehe betrifft. Es stimmte mich gleichzeitig fürchterlich traurig, denn es hat mich völlig verändert. Ich war ein anderer Mensch geworden.« Sie hielt einen Moment inne, und auf ihrem kleinen Gesicht zeichnete sich plötzlich Scham ab. »Du weißt nicht, wie ich vorher gewesen bin, Matty. Du kennst mich nur zu meinen schlimmsten Zeiten. Erinnerst du dich, wie ich mich wegen der kleinsten Dinge geängstigt und mich ständig vor Krankheiten gefürchtet habe? Das war alles eine Folge davon. Wenn ich schon in der einen Hinsicht keine richtige Ehefrau mehr war, wollte ich wenigstens die perfekte Haushälterin und Pfarrersgattin sein. Als Giles mir dann ankündigte, dass er nach Amerika gehen wollte, fühlte ich mich in die Enge getrieben und sorgte mich noch mehr. Du weißt, dass ich New York gehasst habe, und deshalb fing ich an, Giles zu verachten, weil er mich dorthin gezwungen hatte. Es wurde immer schlimmer, und die einzige, kurze gute Zeit, die wir miteinander verbrachten, war unser Urlaub in Boston. Danach bin ich schwanger geworden.«
    Sie zögerte wieder und sah auf ihren Schoß. »Aber an diesem Glück konnte ich mich auch nicht festhalten, Matty, es ist mir wieder entschlüpft. Du hast die Masern bekommen, ich fand heraus, dass Giles an all diesen schrecklichen Orten gewesen ist. Beinahe wäre Tabitha gestorben, und ich fühlte mich so schuldig, weil ich dich dafür verantwortlich gemacht hatte. Der letzte Schlag war meine Fehlgeburt, denn ich hatte alle meine Hoffnung darauf gesetzt, dass ein zweites Kind mich wieder Licht am Ende des Tunnels sehen lassen würde.«
    Auf einmal erkannte Matilda, dass diese persönlichen Bekenntnisse weit mehr waren als ein paar einfache Ratschläge einer älteren an eine jüngere Frau. Lily wollte zeigen, was sie durchgemacht hatte, vielleicht weil sie wusste, dass sie es nur auf diese Weise für immer hinter sich lassen konnte.

Weitere Kostenlose Bücher