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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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Aber vor allem brachten Lilys Berichte endlich Sinn in die schrecklichen Ereignisse in New York.
    »Ich wünschte, du hättest mir schon früher davon erzählen können«, entgegnete sie sanft und nahm Lilys Hand. »Es muss schrecklich gewesen sein, all diese Dinge für dich zu behalten.«
    »Ich konnte nicht einmal mit Giles reden«, flüsterte Lily. »Ich liebe ihn, aber ich fühlte mich seiner so unwürdig, da ich ihn nicht mehr begehrte. Außerdem hatte ich stets Angst, dass er sich jemand anderen suchen würde. Als du mir damals drohtest, ich würde im Irrenhaus landen, hast du mir gewissermaßen einen Spiegel vorgehalten. Ich erkannte plötzlich, dass ich tatsächlich den Verstand verlor und kämpfen musste, wenn ich es verhindern wollte. Ich kann dir gar nicht genug für deine Offenheit danken und dafür, dass du mich nicht während meiner Krankheit verlassen hast. Giles hat mir später erzählt, dass du einen Mann kennen gelernt hattest. Ich glaube, das Wissen, wie sehr du dich um uns alle sorgst, hat mich wieder vernünftig werden lassen. Und das wirkliche Wunder geschah, als Giles mir mitteilte, dass wir New York verlassen würden. Plötzlich sind in der Aufregung alle meine früheren Gefühle für ihn zurückgekehrt.«
    Matilda verstand jetzt endlich die Bedeutung der zärtlichen Gesten zwischen Giles und Lily auf der Reise nach Independence und warum Lily jetzt mehr lachte, sich nicht mehr vor Schmutz ekelte und den Kontakt mit den Armen nicht länger scheute. Sie begriff, warum Lily so glücklich und erfüllt war und weshalb Giles so einen beschwingten Gang und ständig ein Leuchten in den Augen hatte.
    Matilda spürte, dass sie etwas erwidern sollte, da Lily gerade ihre Seele vor ihr bloßgelegt hatte, aber sie fand nicht die richtigen Worte, sie fühlte nur tiefes Verständnis in ihrem Herzen. Sie strich über Lilys Wange. »Ich liebe dich, Lily!«, flüsterte sie.
    Lily lächelte, ihre grauen Augen leuchteten und ließen sie plötzlich wunderschön erscheinen. »Ich liebe dich auch, Matty. Viel mehr, als ich jemals meine Schwestern geliebt habe. Ich wünsche mir, dass du irgendwann einen Mann treffen wirst, der dich so liebt, wie ich geliebt wurde. Lass uns diesen Quilt für deine Aussteuer nähen, ja?«
    Matilda grinste breit. »Nun ja, bislang ist noch kein passender Mann auf der Bildfläche erschienen. Das gibt uns wenigstens genug Zeit, die Decke fertig zu nähen.«
    Lily nahm den roten Stoff in die Hand und lächelte. »Lass uns eine Menge hiervon einnähen. Rot für die Leidenschaft.«
    Im März strömten die Menschen nach Independence, und plötzlich hatte sich die Kleinstadt in einen anderen Ort verwandelt. Die Hotelzimmer über dem Saloon waren samt und sonders vergeben, und alle freien Flächen in und vor der Stadt waren mit improvisierten Unterkünften und Zelten bedeckt, in denen die Pioniere wohnten, die sich auf ihre lange Reise vorbereiteten. Von morgens bis abends konnte man Solomon und die anderen Hufschmiede auf ihre Ambosse schlagen hören. Hämmern, Sägen, das Geräusch der aufschlagenden Hufe der Pferde, Ochsen und Esel sowie die Stimmen der vielen Fremden brachen in die Stille ein, die sich während des Winters über die Stadt gelegt hatte.
    Matilda, Lily und Tabitha unterbrachen oft ihre Arbeit im Garten, um zu beobachten, wie die Scouts in die Stadt ritten. Viele von ihnen waren Indianer, die ihre Stämme verlassen hatten, um sich den Reisenden als Führer nach Oregon und Kalifornien anzubieten. Es war aufregend, sie zu beobachten. Sie ritten mühelos ohne Sattel und schienen mit ihren prächtigen, temperamentvollen Pferden eins zu sein. Ihre schönen, bronzefarbenen Gesichter, die mit Perlen bestickte Wildlederkleidung und ihr langes schwarzes Haar ließen die Frauen vor Freude und Angst gleichzeitig erschauern. Andere Scouts waren die Nachfahren von Felljägern, die eine indianische Squaw zur Frau genommen hatten. Die weißen Scouts waren bärtige, kräftige Männer, die ihr Leben mit Abenteuern verbracht hatten, einsame Wölfe, die jeden Penny vertranken, wenn sie gerade nicht arbeiteten.
    Kutschen fuhren in die Stadt, die mit professionellen Spielern und ihren Frauen besetzt waren, mit Hausierern und einigen Damen, die so elegant gekleidet waren wie die New Yorkerinnen, auch wenn sich bald herausstellte, dass sie alles andere als Damen waren. Fahrende Doktoren und Scharlatane bauten ihre Stände auf, an denen sie ihre angeblichen Wunderarzneien feilboten. Auch einige

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