Lesley Pearse
darüber nachgedacht und glaube, dass eine Ehe das Richtige ist.«
»Ich sehe keine Probleme, zumindest keine, die einen solch drastischen Schritt erforderlich machen würden«, protestierte sie.
»Es gibt welche, Matty«, beharrte er. »Das größte Problem ist, dass dein Ruf ruiniert werden könnte, wenn du weiterhin allein mit mir in diesem Haus lebst …«
»Deswegen brauchst du mich aber nicht zu heiraten«, unterbrach Matilda ihn und wirkte leicht entrüstet. »Ich könnte einfach woanders wohnen und mich tagsüber um Tabitha kümmern.«
Giles seufzte und sah enttäuscht aus. »Ich habe mich offenbar schon wieder falsch ausgedrückt. Stell dir doch mal vor, du wärst an meiner Stelle. Was würdest du tun?«
»Ich würde sicherlich nichts überstürzen und die Nächstbeste heiraten«, erklärte sie. »Ich glaube, ich würde Tabitha nehmen und eine Zeit mit ihr wegfahren, alte Freunde besuchen und versuchen, meine Gefühle zu ergründen.«
»Das ist genau das, was ich gern tun würde«, bekannte er. »Dann würde ich zurückkommen und um dich werben. Aber das ist nicht möglich. Ich bin an die Kirche gebunden, und dieses Haus hängt an meiner Arbeit. Deshalb habe ich keine andere Möglichkeit, als hier zu bleiben.«
Matilda war durch das Wort ›werben‹ gerührt und lächelte. »Du könntest eine bessere Partie finden, um die du werben könntest!«
»Matty, würdest du bitte aufhören, dir einzureden, dass ich dir eine Vernunftehe vorschlage!«, rief er aufgebracht. »Ich wollte dir heute Nachmittag zeigen, dass wir füreinander geschaffen sind. Nicht nur als Freunde, sondern auch als Mann und Frau, mit allem, was damit zusammenhängt. Vergiss doch Lily bitte für einen Moment, und vergiss, dass du früher unser Kindermädchen warst.«
»Das kann ich nicht«, entgegnete sie ernst.
»Du kannst es sicherlich«, beharrte er, und seine Augen funkelten. »Ich habe es schließlich auch gelernt. Du bist eine liebevolle, leidenschaftliche Frau, du bist intelligent und wunderschön. Ich glaube nicht, dass ich jemals eine bessere Partie finden könnte.« Er nahm ihre Hand in die seine. »Ich sehe dich nicht als Ersatz für Lily. Ich glaube, dass wir eine wunderbar glückliche Ehe führen könnten, Matty.«
»Aber wie kann ich in die Fußstapfen einer toten Frau treten?«, flehte sie ihn an. »Noch dazu in die einer Frau, die mir so viel bedeutet hat? Eine Vernunftehe wäre fast einfacher, als zu versuchen, nach dem Glück zu streben, das ihr geteilt habt.«
»Unsere Ehe bestand nicht nur aus Glück, Matty, das weißt du«, erwiderte er und sah sie ernst an. »Wie wahrscheinlich die meisten Eheleute hatten wir wundervolle und schlechte Zeiten. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, dass die letzten zwei Jahre so glücklich waren, denn auf diesen Teil unserer gemeinsamen Zeit kann ich nun zurückblicken. Und du warst es, Matty, die die alte Lily, in die ich mich einst verliebt habe, zu mir zurückgebracht hat. Du hast sie wachgerüttelt. Wenn sie jetzt hier wäre, würde sie dir dasselbe erzählen.«
»Aber sie war meine Freundin.« Matilda fing an zu weinen. »Sie würde nicht wollen, dass …« Sie hielt inne, unfähig es auszusprechen.
»Dass wir auch das Bett teilen?«, vervollständigte er lächelnd ihren Satz. »Du irrst dich, Matty. Es ist genau das, was sie wollte. Ihre letzten Worte am Sterbebett waren: ›Heirate Matty, Giles. Ihr werdet glücklich miteinander sein.‹«
Matilda zuckte zusammen. »Hat sie das wirklich gesagt?«
»Frag den Doktor, wenn du mir nicht glaubst«, meinte er.
Matilda wusste, dass Giles sich etwas Derartiges niemals ausdenken würde, aber selbst mit Lilys Zustimmung konnte sie sich nicht dazu durchringen, den Heiratsantrag anzunehmen. Ihr Vater hatte ihr einst geraten, sich nie mit einem trauernden Mann einzulassen, und so einfach Lucas in vielen Dingen auch gewesen sein mochte, waren seine Worte doch weise gewesen.
Wenig später ging sie zu Bett. Sie konnte nicht schlafen, es war unerträglich heiß, und außerdem war ihr Herz in Aufruhr. In ihrem tiefsten Inneren wusste sie, dass sie Giles haben wollte. Auch wenn sie heute das erste Mal Leidenschaft für ihn verspürt hatte, war er auch in der Vergangenheit für sie immer mehr als nur Freund und Dienstherr gewesen. Aber würde sie in Lilys Schatten leben können? Würde sie sich daran gewöhnen, dass Giles ihr nachtrauerte, oder würde sie verbittert versuchen, alles besser zu machen als Lily?
Sie
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