Lesley Pearse

hatte, der vor Einbruch des Winters nach Independence zurückgeritten war.
    Liebe Matty!
    Wir sind schließlich hier angekommen, obwohl es eine anstrengende Reise war, besonders die Fahrt durch das Gebirge. Aber es ist uns besser ergangen als vielen anderen, denn wir mussten nichts zurücklassen, sind nicht oft krank geworden und schließlich in einem Stück hier angekommen. Peter hat jetzt eine kleine Schwester, die wir Susanna genannt haben. Sie ist ein gesundes Baby mit dem dunklen Haar ihrer Mutter und einer kräftigen Stimme. Peter kümmert sich sehr gut um sie und ist kein bisschen eifersüchtig.
    Wir haben ein schönes Stück Land zugeteilt bekommen, durch das ein kleiner Bach plätschert, und ich habe schon Bäume für unser Haus gefällt. Unsere Nachbarn sind sehr freundlich, ein paar von den Männern haben mir geholfen, das Dach auf unser Haus zu setzen, und die Frauen machen viel Aufhebens um Cissy und das neue Baby. Wie ich vermutet hatte, gibt es hier genügend Holz, um ganz Amerika zu bebauen. Wenn unser Haus erst einmal ganz fertig ist, werde ich ein Sägewerk errichten, wir werden anbauen und im nächsten Frühjahr ein paar Obstbäume pflanzen. Die Landschaft ist wunderschön. Cissy möchte dich daran erinnern, dass du hier immer willkommen bist, das sollst du nie vergessen, sagt sie. Sidney lässt ausrichten, dass er glaubt, wir werden nie verhungern, weil er schneller als jeder Hase ist. Auf der Fahrt hat sich gezeigt, wie gut er mit Holz umgehen kann, denn er hat für Peter ein paar Tiere geschnitzt, die fast lebensecht aussehen. Es war sehr gut, dass wir ihn mitgenommen haben, denn er ist ein feiner Bursche, der arbeitet wie ein Mann.
    Richte Mr. und Mrs. Milson unsere Grüße aus. Wir vermuten, ihr habt mit dem neuen Baby alle Hände voll zu tun. Schreibe uns bald, denn wir haben sonst keinen, von dem wir einen Brief erwarten könnten. Gib uns schnell Nachricht, wie es euch ergangen ist.
    Herzliche Grüße, John Duncan.
    Cissy hatte in ihrer kindlichen Handschrift ein paar Zeilen unten auf die Seite geschrieben:
    Susanna ist das süßeste und rundeste Baby, das ich jemals gesehen habe. Ich habe sie im Wagen hoch in den Bergen bekommen, aber war am nächsten Tag schon wieder auf den Beinen. Ich denke die ganze Zeit über an dich und wünschte, du wärst bei uns. In Liebe, Cissy.
    Noch an diesem Abend setzte Matilda sich hin und schrieb einen langen Brief an Cissy. Es war schwierig, alles in Worte zu fassen, was geschehen war, und von Lilys Tod zu berichten, aber auch von ihrem neu gefundenen Glück. Letztendlich beschloss sie, es genau so niederzuschreiben, wie es vorgefallen war, denn sie wusste, dass Cissy ein Mensch war, den man nicht schockieren konnte. Sie wünschte sich Glück für diejenigen, die sie liebte.
    Matilda beschrieb das blaue Kleid, das sie sich für die Hochzeit nähen ließ, ein feines mit Rüschen um den Hals, dazu wollte sie einen hübschen kleinen Hut mit einem Schleier tragen. Ich brauchte neun Yard Stoff, fügte sie hinzu und war selbst etwas geschockt über diesen Luxus. Und Giles hat gesagt, ich müsste noch zwei Kleider haben, wenn ich ihn auf unserer Hochzeitsreise nicht in Verlegenheit bringen will.
    Matilda saß noch eine Weile da und kaute an ihrem Stift. Sie wollte Cissy noch so vieles mehr erzählen, wagte aber nicht, es in Worte zu fassen. Ich liebe ihn so sehr, schrieb sie schließlich. Ich bin sicher, du weißt, was ich meine.
    Am Samstag wusste Matilda langsam nicht mehr, womit sie sich beschäftigen sollte. Die Küche und das Wohnzimmer waren gestrichen worden, bunte Gardinen hingen an den Fenstern, und sie hatte den Boden poliert, bis er wie neu aussah. Tabitha schlief wieder in ihrem eigenen Schlafzimmer, die Schränke waren aufgeräumt, die Kammern gereinigt, die Regale mit frischem Papier ausgelegt, und sie hatte genügend Holz für den gesamten Winter gehackt. Wenn es nicht geregnet hätte, wäre sie zum Fluss gelaufen, um auf Giles zu warten, aber sie sagte sich, dass er nicht mit Sicherheit angekündigt hatte, schon am Samstag wieder hier zu sein, er hatte es lediglich gehofft. Doch es wurde Abend, ohne dass Giles heimgekehrt wäre.
    Am Sonntag kamen gar keine Schiffe, und der Tag erschien Matilda doppelt so lang wie andere Sonntage. Dr. Treagar, der schon des Öfteren als Laienpfarrer eingesprungen war, übernahm den Morgengottesdienst, und gemeinsam mit seiner Frau besuchte er Matilda am Nachmittag auf eine Tasse Tee.
    »Am liebsten hätte ich heute