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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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»Im einen Moment unverschämt und sarkastisch, im nächsten freundlich und einfühlsam. Erzählen Sie mir, warum Sie so geworden sind.«
    »Wahrscheinlich aus demselben Grund, aus dem Sie manchmal so spitzzüngig sind.« Er sah zu Boden und schrieb mit seinen Stiefeln Kreise in den Boden. »Der Tod geliebter Menschen, die Entfernung von der Heimat. Sie sind für Tabitha verantwortlich und ich für die ganze Reisetruppe. Keiner von uns weiß, was vor ihm liegt.«
    Matilda spürte, dass er noch nicht bereit war, ihr eine genauere Erklärung zu geben. »Ich zähle darauf, dass Sie wissen, was vor uns liegt«, stichelte sie.
    Er sah hoch und lächelte sie an. Diesmal entdeckte sie Freundschaft in seinen Augen. »Ich kenne den Weg und die Gefahren«, meinte er. »Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde Sie sicher leiten. Werden wir einen Bund miteinander schließen? Ich höre auf, sarkastisch zu sein, wenn Sie sich nicht mehr abgrenzen.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, erwiderte sie mit einem Grinsen.
    Nachdem sie Fort Laramie hinter sich gelassen hatten, wurde die Reise noch anstrengender. Felsen drohten die Räder zu beschädigen, der Staub blies ihnen stärker ins Gesicht, und es wurde von Tag zu Tag heißer. Sie fanden weder Wasser noch Nahrung für die Tiere, und wenn abends die Feuer aufleuchteten, hörte man nicht mehr den üblichen Gesang, sondern nur noch das Geschrei der Kleinkinder. Matilda ertappte sich ständig bei dem Gedanken an ein heißes Bad oder an ein Bett, das mit gestärkter, sauberer weißer Wäsche bezogen war.
    Manchmal konnten sie an einem Tag nur acht Meilen zurücklegen, weil der Weg so beschwerlich war. Matilda ging meist zu Fuß neben ihren Ochsen her, denn obwohl es anstrengend und ermüdend war, war es immer noch besser, als auf dem Kutschbock hin und her geschleudert zu werden.
    Sie fuhren gerade auf die Black Hills zu, als Matilda schließlich verstand, warum sie in den Bergen Freunde brauchen würde. Ihr war eine Achse gebrochen, und es nützte ihr recht wenig, theoretisch zu wissen, wie man sie wechselte. Aber die Menschen waren sehr freundlich. Vier Männer kamen zu ihrem Wagen, ohne dass sie darum hätte bitten müssen, und eine ihrer Frauen bot ihr sogar ein altes Kleid an, das sie während ihrer letzten Schwangerschaft getragen hatte.
    Am nächsten Tag rasteten sie in Willow Springs, wo es endlich wieder Gras für die Tiere gab. Da einige Kinder im Treck krank waren, erklärte Captain Russell, dass sie einen Tag vor Ort bleiben würden, damit die Männer jagen und sich mit dringend benötigtem Fleisch versorgen konnten.
    Am nächsten Morgen wachte Matilda sehr früh auf und kletterte aus dem Wagen, um den Sonnenaufgang zu betrachten. Alle anderen schliefen noch, selbst Treacle bewegte sich nicht. Der Himmel war noch sehr dunkel, nur im Osten war ein rosafarbener Streifen am Horizont zu sehen. Es war angenehm kühl. Matilda lehnte sich zurück ins Innere des Wagens und tastete nach einem Handtuch, weil sie ein Bad im Fluss nehmen wollte. Als ihre Hände das Gewehr berührten, nahm sie es auch an sich, nur für den Fall, dass Schlangen am Wasser sein würden.
    Auf Zehenspitzen lief sie an den Planwagen vorbei und ging auf den Strom zu. Plötzlich blieb sie stehen. Nur wenige Meter entfernt von ihr standen einige Wapitis am Ufer und tranken. Da sie die Tiere nicht verschrecken wollte, versteckte sie sich hinter einem Planwagen. Für einen Moment beobachtete sie die Wapitis nur und war beeindruckt von ihrer Schönheit. Sie erwartete, dass sie ihre Anwesenheit jeden Moment wittern würden, aber offenbar stand der Wind sehr günstig, denn sie hoben nicht einmal die Köpfe.
    Plötzlich erinnerte sie sich an die Worte des Captains vom Vorabend, dass die Männer dringend jagen gehen sollten, da die Nahrungsmittelvorräte zur Neige gingen. Bislang waren die Männer wenig erfolgreich gewesen, denn die meisten waren Farmer und konnten nicht gut schießen. Der Gedanke, diese wundervollen Tiere zu erschießen, war erschreckend, aber so viele Kinder im Treck waren krank, und etwas Fleischbrühe würde ihnen gut tun.
    »Es tut mir Leid«, flüsterte sie, als sie das Gewehr hob. Sie zielte auf das größte der Tiere und feuerte. Der getroffene Wapiti stolperte, während der Rest der Herde auseinander stob. Dann fiel er schwerfällig auf den Boden.
    Plötzlich war das ganze Camp erwacht. Hunde bellten, Pferde wieherten, die Männer sprangen in ihrer Unterwäsche aus den Wagen oder kletterten aus

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