Lesley Pearse
ist das beliebteste der ganzen Stadt.«
»Ich weiß, eine Menge Menschen haben mir das erzählt. Angeblich lieben es alle, vom einflussreichsten Geschäftsmann bis zum ärmsten Goldsucher oder Stauer.«
Sein Tonfall war nicht sarkastisch, und Matilda erzählte ihm mehr davon. »Wir haben das Konzept wirklich durchdacht, James, und heute ist London Lil’s ein Meilenstein, eine Institution in der Stadt. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele führende Geschäftsleute mich überzeugen wollten, ihnen einen Anteil zu verkaufen.«
»Aber verrate mir, Matty«, bat James und blickte sie neugierig an, »wirst du von diesen Geschäftsleuten auch nach Hause eingeladen? Empfangen ihre Ehefrauen dich?«
»Für so etwas habe ich keine Zeit«, entgegnete sie schnell.
»Das ist wohl auch gut so«, meinte er leise. »Denn wenn du mehr Zeit hättest, würdest du merken, dass dein privater Terminkalender recht leer ist.«
Diese Bemerkung war die letzte, die Matilda hören wollte, denn es war etwas, das ihr durchaus bewusst war, aber sie hatte sich entschieden, es einfach zu ignorieren. Empört schlug sie ihrem Pferd die Hacken in die Seite, doch die Stute verstand dies nicht als Zeichen, lediglich langsam weiterzulaufen, sondern galoppierte in einem Sprung davon. Ein leichter Trab war eine Sache, aber Matilda hatte keinerlei Erfahrung mit schnellem Reiten. Sie hüpfte im Sattel auf und ab und klammerte sich in purer Todesangst fest, damit sie nicht abgeworfen wurde. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie das Pferd beruhigen sollte, und stattdessen versuchte sie vorzutäuschen, es machte ihr Spaß.
Sie musste ein paar Meilen geritten sein, bevor sie den Hufschlag von James’ Pferd direkt hinter sich hörte. »Hüh«, rief er, galoppierte an ihre Seite, griff nach ihren Zügeln und brachte die Stute zum Stehen. »Warum musst du galoppieren, wenn du noch nicht einmal den Trab richtig beherrschst?«, fragte er und grinste sie an.
Die Erkenntnis, dass er ihre mangelnde Erfahrung mit Pferden sehr wohl bemerkt hatte, ließ sie vor Scham beinahe im Boden versinken. Sie nahm den Fuß aus dem rechten Steigbügel, um abzusteigen, ohne daran zu denken, auch den linken Fuß zu befreien. Sie glitt an der Flanke des Pferdes entlang und fiel hinunter, ihren Fuß immer noch im Steigbügel gefangen. James sprang von seinem Pferd und lief zu ihr hinüber, aber anstatt ihr zu helfen, lachte er nur. Ihr gelang es schließlich, ihren Fuß zu befreien, nicht ohne vorher ihr gesamtes Bein entblößt zu haben.
»Du mieser Schuft«, schimpfte sie entrüstet und sprang auf, um ihm in sein grinsendes Gesicht zu schlagen. Er wich geschickt zur Seite aus, sodass ihre Hand kaum seinen Arm streifte. Noch wütender, machte sie einen Satz vorwärts und trommelte mit den Fäusten auf seine Brust.
Er griff sie bei den Ellbogen und zog sie an sich. Plötzlich küsste er sie. Sie wehrte sich kurz, aber die Wärme und Sanftheit seiner Lippen ließen sie gefügig werden. Jeden Gedanken an einen Kampf hatte sie vergessen. Als er die Arme um sie schlang und seinen Körper an sie presste, regten sich in ihr all die sehnsuchtsvollen Gefühle. Die lange unterdrückte Leidenschaft überrollte sie wie eine Flutwelle. Seine Zunge erkundete ihren Mund, seine Hände liebkosten ihren Rücken und zogen sie noch näher heran, bis sich die Knöpfe seiner Uniform in ihre Brust gruben. Sie spürte das altbekannte, heiße Verlangen tief in sich. Wenn er sie auf den Boden geworfen und hier genommen hätte, hätte sie ihm nicht widerstehen können.
James war es, der den Kuss schließlich beendete. Er hielt sie fest in den Armen und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. »Ich hätte das nicht tun dürfen, Matty. Es tut mir so Leid.«
Eine Entschuldigung hätte sie als Letztes erwartet. Sie hob seinen Kopf mit beiden Händen hoch, um in sein Gesicht sehen zu können. Sein Ausdruck ähnelte dem eines Kindes, die Lippen bebten, und seine Augen waren voller Sanftmut.
»Nun ja, mir tut es nicht Leid«, gestand sie und lächelte ihn an. »Mir hat es sehr gut gefallen.«
»Mir auch«, flüsterte er mit seltsam angespannter Stimme. »Aber ich habe schließlich die meiste Zeit während und nach der Reise damit verbracht, mir vorzustellen, ich würde dich küssen. Wenn ich nur den Mut gehabt hätte, es damals zu tun.«
Er schob ihre Hände fort und trat einen Schritt zurück. Er sah besorgt aus.
»Was hast du, James?«, hakte sie sanft nach. »Ich merke doch, dass du mir etwas
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