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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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es eindeutig, dass er der Typ Mann war, von dem sich ein vernünftiges Mädchen fern halten würde.
    Dennoch war er so gut aussehend und einnehmend, und obwohl er arm war, konnte sie sehen, dass er anspruchsvoll war. Sein Hemd war zwar abgetragen, aber schneeweiß. Er hatte sich rasiert, seine Schuhe poliert, und seine Findernägel waren sauber und ordentlich geschnitten.
    Flynn aß eine Gabel von seinem Kuchen. »Wie alt bist du, Matty?«
    »Siebzehn, fast achtzehn.«
    Er nickte. »Und was erwartest du vom Leben?«
    Diese seltsame Frage verwirrte sie. »Ich weiß nicht«, erwiderte sie unbestimmt. »Bislang hatte ich nicht viele Möglichkeiten. Die Dinge sind einfach passiert.«
    Er lächelte verständnisvoll. »So habe ich es auch lange erlebt«, bekannte er. »Doch vor ein paar Jahren habe ich gedacht, es sei langsam an der Zeit, die Dinge nicht mehr einfach passieren zu lassen. Ich war damals Arbeiter auf einem Schiff und habe für einen Dollar am Tag härteste Arbeit verrichtet und nachts auch dort geschlafen, damit ich die zehn Cents für die Übernachtung in einem verlausten Drecksloch sparen konnte. Ich wollte warten, bis ich genügend Geld für schicke Kleidung gespart hatte, und dann in den Süden verschwinden.«
    Matilda hatte Giles oft wütend über die Südstaaten berichten hören, da er viele Sklaverei-Gegner getroffen hatte, seitdem er in New York wohnte. Soweit sie verstanden hatte, waren die Plantagenbesitzer unbeschreiblich grausam und dekadent. Sie peitschten entweder ihre Sklaven zu Tode, versteigerten deren Kinder auf Auktionen oder gaben verschwenderische Bälle und Feiern, die tagelang andauerten.
    »Was wolltest du im Süden tun?« Sie lachte nervös. »Ein paar Sklaven kaufen?«
    »Ich hasse Sklaverei jeglicher Art«, versicherte er und verzog das Gesicht. »Wir Iren waren schließlich jahrhundertelang versklavt.«
    »Aber was würdest du dort tun? Als Gentleman posieren?«, fragte sie unsicher.
    »Warum nicht?« Er lächelte verschmitzt. »Dreistigkeit ist die wichtigste Gabe, die den Iren gegeben wurde. Ich kann reiten wie ein Gentleman. Während meiner Reisen habe ich feines Benehmen gelernt. Würde mich irgendwer infrage stellen, wenn ich die richtige Kleidung tragen würde?«
    Sie lächelte. »Nein, bestimmt nicht. Sie würden einen Blick in dein hübsches Gesicht werfen und sich für nichts weiter interessieren.«
    »Du findest also, dass ich gut aussehe?« Er lehnte sich über den Tisch zu ihr hinüber, und seine Augen blitzten sie zweideutig an.
    »Das weißt du doch selbst«, antwortete sie und grinste. »Aber kannst du lesen und schreiben, und weißt du all die Dinge, die ein Gentleman weiß?«
    »Ich weiß mehr als der Gentleman, dem du neulich abends begegnet bist«, rief er ein wenig entrüstet. »Zum Beispiel erkenne ich den Unterschied zwischen einer Hure und einem Kindermädchen. Ja, ich kann auch lesen und schreiben. Der Priester in Cork hat mich sogar eine ordentliche Handschrift gelehrt.«
    »Dann kann dich also nichts mehr aufhalten«, stellte sie fest. Er schien sich seiner Sache so sicher zu sein, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als seine Absichten ernst zu nehmen.
    Flynn lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schaute sie unter seinen langen Wimpern an. »Du bist der erste Mensch, dem ich von meinen Plänen erzähle, Matty, und ich weiß, dass die meisten mich auslachen würden. Es muss wohl Schicksal gewesen sein, dass wir uns getroffen haben, denn wir beide haben viele Gemeinsamkeiten. Auch du wirkst wie eine Lady, aber dein Mantel ist verschlissen.«
    Matilda sah überrascht an sich herunter. Sie hatte den Mantel stets für elegant gehalten. »Meine Stiefmutter hat ihn mir geschenkt«, murmelte sie. »Es ist der erste Mantel, den ich je besessen habe. Bevor Dolly ihn mir gegeben hat, hatte ich immer nur einen Umhang, selbst im tiefsten Winter.«
    »Umhänge erinnern mich an die Frauen in Irland«, gestand er mit traurigen Augen. »Sie ziehen sie sich über den Kopf, und irgendwie zeigt dies, dass sie sich mit der Armut abgefunden haben. Hüte wirken ganz anders, sie erzählen eine andere Geschichte. Deinen Hut mag ich sehr gern – auch was er mir erzählt.«
    Matilda kicherte. »Was erzählt er dir denn?«
    »Ich würde raten, dass er einst deiner Herrin gehört hat und du das Band gegen ein rotes ausgetauscht hast, weil du einen eigenen Kopf hast und freimütig bist. Allein das zeigt mir, dass du den Mut und die Entschlossenheit besitzt, über die Stellung

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