Letale Dosis
aus ihrem Leben machen. Und er hat den denkbar schlechtesten Weg gewählt. Ich übernehme jedenfalls keine Verantwortung mehr für ihn. Laura und Stephan sind ganz anders, sie haben den rechten Weg gewählt.«
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet – was glauben Sie, was er gesagt hat?«
»Ach kommen Sie, es ist sinnlos, über ihn zu reden. Ich will es auch nicht.«
»Und Laura und Stephan? Was denken Sie, haben die gesagt?«
Fink verengte die Augen zu Schlitzen, sah Durant von oben herab an, sein Gesicht wurde rot.
»Würden Sie mir einen Gefallen tun und sich setzen, ich mag es nicht, wenn ich zu jemandem aufblicken muß.«
Fink nahm wortlos hinter seinem Schreibtisch Platz, lehnte sich zurück.
»Also, Dr. Fink, gehen wir in medias res. Ich werde Ihnen jetzt einige Fragen stellen, und ich erwarte klare Antworten von Ihnen. Wenn Sie nicht sterben wollen, dann helfen Sie mir.«
»Also gut, fragen Sie.«
»Noch einmal die gleiche Frage wie gestern – gibt es irgend jemanden,den Sie im Verdacht haben, der für die Morde an Rosenzweig und Schönau und für die Drohungen Ihnen gegenüber in Frage kommen könnte?«
»Nein! Nein, nein, und noch mal nein! Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß die beiden sich auch nur das geringste haben zuschulden kommen lassen. Wenn ich ihnen ein Leumundszeugnis ausstellen müßte, es wäre tadellos. Und ich kannte die beiden schon seit Jahrzehnten.«
Julia Durant legte die Hände aneinander und berührte mit den Fingerspitzen die Nase. Sie hätte Fink am liebsten gesagt, was sie von Rosenzweig und Schönau wußte, doch sie verkniff sich eine Erwiderung.
»Dr. Fink, gab es in Ihrem Berufsleben jemals Vorfälle, bei denen sich vielleicht jemand derart auf den Schlips getreten fühlte, daß er jetzt anfängt, seine Rache auszuleben?«
»Hören Sie, Frau Kommissarin, ich bin seit fünfunddreißig Jahren in einer äußerst verantwortungsvollen Position tätig, und natürlich gibt es dann und wann Situationen, in denen Handlungsbedarf besteht. Doch ich versichere Ihnen, ich habe jederzeit jede Maßnahme, egal in welcher Richtung, sorgfältigst abgewogen. Fragen Sie meine Mitarbeiter, sie werden es Ihnen gern bestätigen.«
»Und in der Kirche? Ich meine, sowohl Rosenzweig und Schönau als auch Sie hatten beziehungsweise haben eine exponierte Position inne. Könnte es jemand aus der Kirche sein?«
Fink schüttelte den Kopf, lachte auf. »Nein, niemals! Die
Kirche des Elohim
ist eine straff geführte Organisation, wobei das Hauptaugenmerk auf das Wohl der Mitglieder gerichtet ist. Ich lade Sie gerne ein, einmal eine unserer Versammlungen zu besuchen, um sich selbst ein Bild davon zu machen. Sollten Sie der Meinung sein, daß es sich bei uns um eine kleine, verbiesterte Sekte handelt, dann muß ich Sie leider enttäuschen. Bei uns herrscht das Motto vor, Menschen sind, damit sie Freude habenkönnen. Wir sind weder die Zeugen Jehovas noch die Mormonen oder die 7-Tage-Adventisten, noch haben wir etwas mit den Scientologen zu tun, wir sind die
Kirche des Elohim
… Wissen Sie eigentlich, was diese Kirche alles tut? Nein, natürlich nicht, woher auch, aber ich werde es Ihnen verraten. Wenn irgendwo auf der Welt eine schwere Naturkatastrophe passiert, oder eine Hungersnot ausbricht oder irgend etwas anderes, wodurch Menschen in Not geraten, dann sind wir zur Stelle. Wir sind aber nicht die Caritas oder die Welthungerhilfe, die sich gerne in den Mittelpunkt stellen und mit ihren guten Werken prahlen, wir helfen im stillen. Wir haben einen Fonds, der speziell für Notleidende da ist und der immer dann angezapft wird, wenn Hilfe vonnöten ist. Dabei kann es sich um Einzelpersonen handeln, die unverschuldet in Not geraten sind, sei es durch Arbeitslosigkeit oder den Verlust eines Ehepartners, oder um ganze Völker, die auf unsere Hilfe angewiesen sind. Wir helfen, es weiß nur keiner, weil wir nicht stolz und überheblich sind. Denn wenn es etwas gibt, das Gott nicht gutheißt, dann ist es Stolz.«
»Und wie finanzieren Sie das alles?«
»Sie können es in der Bibel nachlesen, Maleachi 3. Dort steht, daß wir den zehnten Teil unseres Ertrags Gott geben sollen. Und da Gott das Geld nicht persönlich in Empfang nehmen kann, gibt es Stellvertreter von ihm auf Erden, die dieses Geld verwalten und für sogenannte humanitäre Zwecke verwenden.«
»Schön«, sagte Durant lächelnd, »daß Sie mir ein paar Details aus der Kirche genannt haben, aber damit haben Sie
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