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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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nötig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Außerdem ist Keuschheit und die damit verbundene eheliche Treue eines der obersten Gebote in unserer Kirche. Ehebruch kommt gleich hinter Mord und wird unweigerlich mit Ausschluß bestraft, es sei denn, der Ehebrecher bereut seine Tat. Genügt Ihnen das?«
    »Vor wem muß er die Tat bereuen? Vor Gott?«
    »Natürlich vor Gott, aber auch vor den Menschen. Es gibt so etwas wie ein Kirchengericht, das entscheidet, ob jemand wegen Ehebruchs oder anderer sexueller Verfehlungen ausgeschlossen wird oder ob er nur für eine Weile nicht am gemeinschaftlichenKirchenleben teilhaben darf. Für Sie mag das altmodisch und überholt klingen, aber Gottes Gesetze und Gebote haben sich zu keiner Zeit geändert. Und wir leben in einer sehr verderbten Welt, und gerade heute ist es mehr denn je notwendig, sich von dem fernzuhalten, was so oft als gut und für den Menschen nützlich angepriesen wird. Sehen Sie sich doch einmal die Filme an, die im Fernsehen gezeigt werden! Es gibt doch nur noch Sex und Mord.« Sie hielt einen Moment inne, bevor sie fortfuhr: »Nun, wir haben unseren Fernsehapparat abgeschafft. Man muß sich die Welt mit all ihren Perversionen nicht Tag für Tag ins Haus holen«, sagte sie mit einer Bitterkeit, die Julia Durant aufhorchen ließ. »Nein, das muß man wirklich nicht. Unsere Kinder sollen mit Werten aufwachsen, die heutzutage kaum noch etwas gelten oder gar gelehrt werden. Und damit meine ich vor allem moralische Werte.«
    »Sagen Sie mir doch bitte noch etwas genauer, wie dieses Bereuen vor den Menschen aussieht. Gesteht man öffentlich seine – Sünden – ein, oder wie darf ich das verstehen?«
    »Es kommt drauf an. Manchmal ja, manchmal nur vor den Ältesten der Gemeinde.«
    »Kommt so etwas nicht einer Steinigung gleich? Nur weil jemand gefehlt hat, muß er vor andern quasi einen Seelenstriptease hinlegen und sich rechtfertigen?«
    »Gott hat es so gesagt, und Gottes Wort allein zählt. Sie kennen offensichtlich unsere Kirche nur vom Namen her, die Grundsätze aber sind Ihnen fremd. Würden Sie die kennen, würden Sie sie auch verstehen. Aber ich weiß nicht, was das mit dem Tod meines Mannes zu tun haben soll.«
    »Entschuldigen Sie, es war reines Interesse. Frau Rosenzweig«, fuhr die Kommissarin fort, »wir werden vermutlich schon morgen vormittag das Ergebnis der Obduktion haben. Wir werden dann noch einmal auf Sie zurückkommen. Ihre Söhne werden wir dann unter Umständen auch noch befragen. Das wär’s fürserste. Wenn Sie mir jetzt noch die Adresse der Firma Ihres Mannes geben könnten.«
    »Die Firma heißt
Rosenzweig & Partner
. Sie befindet sich im Messeturm.«
    »Ach ja, bevor ich’s vergesse, wie alt war Ihr Mann?«
    »Fünfundfünfzig. Und ich bin neununddreißig, falls das Ihre nächste Frage sein sollte. Ich war gerade neunzehn, als wir geheiratet haben«, sagte sie kühl. »Neunzehn und unschuldig und naiv.« Nach dem letzten Wort stockte sie sofort, sah die Beamten kurz und verlegen an.
    »Was meinen Sie mit unschuldig und naiv?« fragte Julia Durant.
    »Nun, ich denke, ich muß diese Frage nicht im Detail beantworten, oder? Es reicht, wenn ich die Antwort kenne. Haben Sie sonst noch Fragen?«
    »Nein, für heute nicht. Danke für Ihre Zeit und auf Wiedersehen.«
    Julia Durant und Frank Hellmer standen auf und verabschiedeten sich. Frau Rosenzweig begleitete sie zur Tür. An ihren Wagen angekommen, sagte die Kommissarin, nachdem sie sich eine Gauloise angezündet hatte: »Der hat sich nicht selbst umgebracht. Das war kaltblütiger Mord. Da verwette ich meinen Arsch drauf.«
    »Ich auch«, erwiderte Hellmer. »Nur wird es verdammt schwierig werden, das auch zu beweisen.« Und nach einer kurzen Pause: »Ist dir was an der Frau aufgefallen?« fragte er.
    »Was meinst du?«
    »Als sie von dieser Kirche sprach und diesen ach so hohen moralischen Werten, da kam sie mir irgendwie weltfremd, abwesend vor. Und ich weiß nicht, als sie auf die eheliche Treue ihres Mannes angesprochen wurde, hat sie sich für einen Moment recht merkwürdig verhalten.«
    »Inwiefern?« fragte Julia Durant, den Blick zu Boden gerichtet, und nahm einen langen Zug an der Zigarette.
    »Auch wenn du mich vielleicht für spinnert hältst, aber ich glaube nicht an dieses Märchen, das sie uns aufgetischt hat, von wegen der ach so harmonischen Ehe. Irgendwas bei den beiden stimmte nicht.«
    »Nein«, erwiderte die Kommissarin mit einem Lächeln, »ich halte das nicht für

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