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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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gekommen, und mein Mann hat noch gestern abend gesagt, er würde ihn sich heute vor der Arbeit selbst abholen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Was sind das für Termine, die Sie haben oder hatten?«
    Frau Rosenzweig lächelte zum ersten Mal an diesem Morgen. »Sie haben zum Teil mit der Kirche zu tun, zum Teil sind es persönliche Termine.«
    »Inwiefern persönlich?«
    »Muß ich auf diese Frage antworten?«
    »Sie müssen natürlich nicht, aber es wäre vielleicht besser, wenn Sie es täten.«
    Die Frau wandte den Blick wieder zu Boden, zögerte einen Augenblick, schließlich sagte sie: »Ich treffe mich etwa zweimal in der Woche mit Bekannten, Freundinnen, um genau zu sein, und diese Treffen dauern in der Regel mehrere Stunden. Dann besucheich jeden zweiten Tag meine Mutter, sie lebt in einem Seniorenheim in der Nähe von Gießen. Ich pflege das Grab meines Vaters und passe ab und zu auf die Enkelkinder meines Mannes aus erster Ehe auf. Reicht Ihnen das?«
    »Ihr Mann war schon einmal verheiratet?«
    »Ja, aber diese Ehe liegt mehr als zwanzig Jahre zurück. Es war eine kurze und schreckliche Zeit für ihn.«
    »Und was haben Sie am Freitag gemacht?«
    »Da war ich bei meiner Mutter, wie immer montags, mittwochs und freitags.«
    »Sie sprachen aber vorhin von mehreren Terminen, die Sie am Freitag hatten.«
    »Hören Sie immer so gut zu?«
    »Das gehört zu unserem Job.«
    »Ich hatte auch noch einen Termin bei einer Psychologin.« Es schien ihr schwerzufallen, diesen Satz über die Lippen zu bringen.
    »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    »Warum?« Sie zuckte die Schultern, machte ein verlegenes Gesicht. »Ich dachte, Sie würden sich bestimmt fragen, wozu braucht eine Frau wie ich, die so fest an Gott glaubt, eine Psychologin? Ich brauche aber eine, und sie hilft mir.«
    »Es gibt viele Menschen, die psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Deswegen braucht man sich nicht zu schämen.«
    »Ich tue es aber, ich schäme mich, weil ich nicht die Kraft aufbringe, mein Leben und meine Defizite selbst in den Griff zu bekommen. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Wie heißt diese Psychologin?« fragte Julia Durant.
    »Sabine Reich. Es ist die junge Frau, die draußen wartet.«
    »Und darf ich fragen, weshalb Sie sich einer Behandlung unterziehen?«
    »Was macht es schon, wenn ich es Ihnen sage – ich leide seit etlichen Jahren unter unerklärlichen Angstzuständen, ichhabe manchmal das Gefühl, als wolle eine übermächtige Kraft mich von innen heraus zerstören. Ich habe gefleht und gebetet, Gott möge mir die Kraft geben, diese Angst zu überwinden, mich dieser Macht zu stellen, aber der einzige Weg, den er mir gezeigt hat, war der zu Frau Reich. Und ich denke, Gott wirkt bisweilen durch andere Menschen. Sie ist ein Segen für mich.«
    »Die beiden Männer sind Mitglieder Ihrer Kirche. Frau Reich aber nicht, oder?«
    »Doch, sie gehört auch unserer Kirche an. Sie lebt allerdings noch nicht lange in unserem Bereich. Es war auch mehr Zufall, daß ich auf sie gestoßen bin. Ich dachte mir jedenfalls, was könne mir Besseres passieren als eine Psychologin, die auch noch die gleichen Glaubensgrundsätze vertritt wie ich. Habe ich damit Ihre Frage ausführlich genug beantwortet?« fragte sie mit leicht ironischem Unterton.
    Julia Durant nickte. »Das haben Sie. Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir Frau Reich nachher ein paar Fragen stellen?«
    »Was meinen Sie damit? Wollen Sie wissen, ob und wie die Therapie angeschlagen hat? Ja, das macht mir etwas aus. Es ist eine Angelegenheit zwischen mir und Frau Reich.«
    »Nun, Sie haben uns bereits gesagt, daß Sie unter Angstzuständen leiden …«
    »Richtig, und mehr werde ich dazu auch nicht sagen. Nicht einmal …« Sie stockte, zögerte, kniff die Lippen zusammen. Sie schluckte schwer, sah die Beamten nur an.
    »Nicht einmal was?« fragte Hellmer schließlich.
    »Vergessen Sie’s. Gibt es noch etwas?« fragte Marianne Rosenzweig mit einem Mal kühl und abweisend.
    »Nein, im Augenblick nicht. Aber sobald wir Neues erfahren, werden wir Ihnen Bescheid geben.«
    »Was kann es schon noch Neues geben?«
    Hellmer neigte den Kopf ein wenig zur Seite, sagte: »Nun, zumBeispiel, durch welches Schlangengift Ihr Mann getötet wurde …«
    Frau Rosenzweig schüttelte nur den Kopf. »Als wenn mich das interessieren würde! Hören Sie, mein Mann ist tot, und mir ist im Augenblick völlig egal, durch was für ein Gift er gestorben ist. Er ist tot, und er wird nicht wieder

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