Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Titel: Lettie Peppercorn und der Schneehaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Gayton
Vom Netzwerk:
für dich gemacht, Lettie Peppercorn. Jetzt gehört er mir, aber ursprünglich sollte er dir gehören.«
    »Dann können Sie ihn mir jetzt ja auch zurückgeben!«, rief Lettie.
    »Bei dir schmilzt er doch genauso wie bei mir«, gab Blüstav stirnrunzelnd zurück. »Also, warum sollte ich ihn dir überlassen?«
    Darauf wusste Lettie keine Antwort. Was machte sie denn zu etwas Besonderem? Warum hätte der Schnee ihr das Leben retten sollen? Das wusste wohl nur ihre Mutter. Wenn sie nur dagewesen wäre! Lettie ballte die Hände zu Fäusten und stemmte sie ratlos und frustriert in die Jackentaschen. Und was jetzt?
    Sie überlegte immer noch, als Noah sich zu ihr gesellte. »Der Wind treibt uns von Albion weg. Soll ich die Segel raffen? Oder möchtest du den Wind fragen, wohin die Reise geht?«
    Lettie sah ihn von der Seite an. »Glaubst du wirklich, dass der Wind mich bewusst zu irgendwelchen Zielen hinzieht? Ich weiß noch nicht mal, ob ich das selbst glaube.«
    »Das ist doch nicht das einzig Seltsame in deinem Leben«, sagte Noah. »Du wohnst in einem Stelzenhaus, in dem Löffel sich in Zweige verwandeln. Eine Erfindung namens Schnee wurde extra für dich gemacht, und einer deiner zwei besten Freunde ist eine Taube.«
    »Ja, sieht so aus.«
    »Aber ja doch!« Noah sah zu dem Segel hoch, das sich straff gespannt und strahlend weiß vor dem dunklen Himmel abzeichnete. »Ich bin ein Seemann, Lettie. Ich fahre dahin, wohin der Wind mich führt. Und er hat mich zu dir geführt. Ich bin zehntausend Meilen entfernt zur Welt gekommen. Aber der Wind hat mich ausgerechnet nach Tauschdorf gebracht, und jetzt sind wir Freunde. Und wir sind nicht ohne Grund hier auf diesem Boot gelandet.«
    »Du hast recht, Noah. Der Wind hat uns geholfen, Blüstav zu erwischen. Er hat uns vor dem Walross und der Glotzerin gerettet, und jetzt will er uns woandershin führen.«
    »Aber wohin? Kannst du ihn fragen?«
    Lettie schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »So geht das nicht. Ich kann natürlich mit ihm sprechen und ihm Fragen stellen, aber er antwortet nur, indem er mich in eine bestimmte Richtung zieht.«
    »Oh«, sagte Noah. »Aber welche Frage hattest du ihm denn gestellt?«
    Lettie wandte sich den Wellen zu, die Gischt sprühend an ihnen vorbeizogen. »Wo ist meine Mutter?«, flüsterte sie. »Das war die Frage. Mein Vater weiß es nicht. Und Blüstav auch nicht.«
    Noah nickte. »Aber der Wind weiß es.«
    Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in Letties Brust breit. Solange sie zurückdenken konnte, hatte sie schon immer eine seltsame Leere in sich gespürt, wie Hunger. Und jetzt spürte sie zum allerersten Mal im Leben, wie diese Leere schrumpfte. Sie schlang die Arme um den Oberkörper und schloss die Augen.
    »Alles klar mit dir, Lettie?«, fragte Noah.
    Sie nickte. »Ich hoffe so sehr, dass wir Mama finden. Jetzt, wo ich wieder angefangen habe, an sie zu denken, kann ich nicht mehr damit aufhören.«
    »Wir werden sie finden«, sagte Noah. »Ich weiß es.«
    »Was ist denn das da drüben?«, kam Blüstavs Stimme von oben.
    »Was ist was? Und wo da drüben?«, fragte Lettie zurück.
    Blüstav deutete hinter sich, wo Albion lag.
    Ein schwarzer Strich stieg aus dem Meer empor. Lettie sah fasziniert zu. Ein zweiter Strich folgte dem ersten, schlängelte sich über den nackten Schieferhimmel, als versuche Gott eine Botschaft darauf zu schreiben.
    »Zwei«, sagte Lettie. »Nein, drei. Was ist das?«
    Dann begannen die Striche am oberen Ende auszufasern, und den zwei Freunden wurde klar, worum es sich handelte.
    »Rauchfahnen«, sagte Noah.
    Mit hämmerndem Herzen kramte Lettie ihr Fernrohr aus der Tasche. »Rauch heißt Schornstein, und Schornstein heißt Schiff, und Schiff heißt …«
    Sie setzte ihr Fernrohr an.
    »Das ist ein Walfänger aus Tauschdorf«, sagte sie zu Noah.

4. Kapitel
    Vier Tropfen Äther

    »Wie heißt das Schiff?«, fragte Noah grimmig. »Etwa Blutkübel ?«
    Lettie las den Namen, der mit weißer Farbe auf den rostigen Bootsrumpf gepinselt war. »Ja.«
    »Das ist das Schiff von Käpt’n McNulty, dem Walfänger, den wir in der Muschel vor dem Sturm gesehen haben.«
    »Ich weiß.« Lettie konnte den rotbärtigen Käpt’n an Deck stehen sehen – und neben ihm das Walross und die Glotzerin.
    »Die zwei alten Schabracken sind auch da, stimmt’s?«, fragte Noah.
    Lettie nickte. »Wir wussten ja, dass sie nicht aufgeben würden. Sie sind hinter uns her.«
    »Ich bin geliefert!«, jammerte Blüstav, das Gesicht vor

Weitere Kostenlose Bücher