Lettie Peppercorn und der Schneehaendler
Vergnügen. Seine Stimme knisterte und strahlte wie an dem Tag, an dem er Lettie den Schnee verkauft hatte.
Er reichte ihr ein Fläschchen nach dem anderen. Insgesamt waren es sechs, und Lettie schaute alle verständnislos an. Puder, Flüssigkeiten, ja sogar ein Gas war dabei, mit einem Sprayaufsatz auf der Flasche. Die Fläschchen waren blau, grün und grau, kugel-, pyramiden- und würfelförmig. Aber Lettie hatte keine Zeit, mit ihnen herumzuexperimentieren. Sie wollte wissen, was sie damit tun sollte, und zwar sofort.
»Du musst alles zusammenmischen«, erklärte Blüstav.
»Was? Aber ich bin doch keine Alchemistin!«
»Keine Angst, du dummes Gör, ich leite dich an!«
»Aber wir haben keine Zeit für langes Einarbeiten!«
Auf einmal spürte Lettie einen Windhauch. Es war, als nehme der Wind sie bei der Hand und ziehe sie zum Mast hinüber. Lettie rannte, so schnell sie konnte.
»Komm zurück!«, rief Blüstav. »Ich hab dir doch noch gar nicht gesagt, was du tun sollst!«
Doch Lettie hörte nicht hin. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie der Wind etwas von Alchemie verstehen konnte, aber sie vertraute ihm um Längen mehr als Blüstav.
»Hilf mir«, bat sie den Wind und schloss die Augen.
Und mit Letties Hilfe begann der Wind Alchemie zu wirken.
Letties Hände bewegten sich, als gehörten sie jemand anderem. Sie sprühten, schmierten und klatschten den ganzen Mast voll. Als der Wind fertig war, fielen Letties Arme schlapp herunter. Sie wich einen Schritt zurück, um ihr Werk zu betrachten.
Das Holz des Mastes fing an, Blasen zu werfen und sich zu verbiegen. Es ächzte und stöhnte, als würde es zum Leben erwachen.
Noah schaute verzweifelt zu Lettie herüber, das Gesicht schwarz vor Ruß. »Ich brauche deine Hilfe!«
»Das tue ich hier ja gerade, Noah – ich helfe dir!«
Zwei Gelenke – Ellbogen und Handgelenk – bildeten sich aus dem Mast. An der Spitze sprossen fünf Finger. Der hölzerne Arm spannte die Muskeln an, riss das brennende Segel herunter und schleuderte es wie einen alten Fetzen ins Meer.
»Ich habe den Mast in einen Arm verwandelt!«, schrie Lettie.
Knirschend und ächzend bog sich der Mast-Arm zum Wasser hinunter. Er formte die Hand zu einer Kelle und schöpfte damit hundert Ladungen Wasser an Deck. Lettie und Noah waren auf der Stelle tropfnass – aber die Flammen erloschen innerhalb weniger Augenblicke.
Lettie wischte sich das Salzwasser aus den Augen und schrie vor Freude auf. Das Feuer war aus! Sie konnte es nicht fassen, dass sie Alchemie gewirkt hatte und dass es tatsächlich funktioniert hatte!
Die alten Frauen auf der Blutkübel hatten offenbar alles mitbekommen, denn schon bohrte sich eine neue Harpune direkt unterhalb des Bizeps in den Mast-Arm. Wütend gestikulierte der Arm in die Nacht hinaus.
»Wie hast du …?«, begann Blüstav, aber er war so entgeistert, dass er den Satz nicht zu Ende brachte.
Lettie spürte wieder, wie der Wind sie packte. Sie ließ sich erst auf die eine Seite des Schiffes führen, dann auf die andere. Überall besprenkelte sie das Holz mit den Substanzen aus den Fläschchen.
»Was machst du denn da?«, brüllte Blüstav.
»Ich weiß es nicht!«, schrie Lettie mit geschlossenen Augen zurück. »Ich vertraue dem Wind.«
Schon begann das Holz zu beiden Seiten des Schiffes anzuschwellen und Wellen aufzuwerfen. Federn sprossen aus den Planken, zwei riesige weiße Flügel entfalteten sich steuerbord wie backbord, breiteten sich aus und schlugen mit Macht durch die Lüfte.
Sofort schoss Leuthas Holz übers Wasser, sodass Lettie beinahe gestürzt wäre. Als sie den Fahrtwind spürte, jauchzte sie vor Glück.
»Die hätten sich eben auf keinen Kampf gegen einen Meister-Alchemisten wie mich einlassen sollen!«, grölte Blüstav.
Lettie schüttelte den Kopf. Typisch, dass Blüstav sich auch jetzt im wahrsten Sinne mit fremden Federn schmückte.
Immer schneller schlugen die weißen Flügel, die tausend Mal größer und strahlender waren als die eines Schwans. Die Leuthas Holz erbebte und erhob sich schließlich stöhnend aus dem Wasser. Der Mast-Arm wandte sich nach hinten und winkte der Blutkübel zum Abschied. Lettie fühlte, wie das Boot unter ihren Füßen nach oben schoss, steil in die Luft.
»Höher, höher!«, rief Lettie. »Jaaaa!«
»Das hier wird als meine spektakulärste Flucht in die Geschichte eingehen«, dröhnte Blüstavs Stimme über den gewaltigen Flügelschlag hinweg.
Aber dann schoss eine Harpune zielgenau durch die
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