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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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aus.«
    »Das will ich auch hoffen. Ich hab mich schließlich extra für dich herausgeputzt«, ertönte sein heiserer Bariton. Mit einem anerkennenden Kopfnicken betrachtete er sie. »Aus dir ist eine richtige Frau geworden.«
    »Es ist auch schon ziemlich lange her.«
    »Da hast du verdammt recht. Zehn Jahre?«
    »Wirklich? So lange schon?«
    »Bestimmt. Und du hast dich die ganze Zeit über nicht blicken lassen.«
    »Ganz so schlimm bin ich auch nicht, Onkel Horst«, erwiderte sie und hielt den Kopf schief. »Ich hab dich jeden Monat ein oder zweimal angerufen.«
    »Das stimmt schon, Carina. Ich bin dir auch nicht böse. Mir geht es gut hier. Ich habe zwar laute, aber durchaus nette Nachbarn, die ab und zu vorbeischauen und manches für mich erledigen. Und wenn ich Arabisch oder Türkisch könnte, würde ich vermutlich den ganzen Tag über Unterhaltung haben.« Er lächelte und schien erst jetzt zu bemerken, dass noch eine zweite Person vor seiner Tür stand.
    »Das ist Wolfgang Treidler, mein Kollege von der Kripo Rottweil«, sagte Melchior rasch. Auch sie hatte offenbar seine Anwesenheit für einen Augenblick ausgeblendet. »Ich habe dir ja schon von ihm erzählt.«
    Stankowitz’ kritischer Blick blieb einen Moment zu lange an Treidlers Jacke hängen. Der Mann versuchte, eine Schublade für ihn zu finden, das konnte Treidler förmlich spüren. Stankowitz reichte ihm nicht die Hand, und so nickte Treidler nur knapp. Die Musik aus dem Flur verstummte. Und mit ihr auch die Stimmen.
    Unvermittelt wandte sich Stankowitz an Melchior. »Ist dein schwäbischer Wachtmeister stumm?«
    »Onkel Horst – bitte.« Melchior kniff die Augenbrauen zusammen.
    »Ist ja schon gut.«
    »Sollen wir den ganzen Tag hier draußen stehen bleiben?« Melchior zwinkerte Stankowitz zu.
    »Natürlich nicht. Kommt doch rein.« Er rollte rückwärts, um Platz im engen Flur zu machen.
    Nachdem sie die Koffer abgestellt hatten und ihre Mäntel an der Wandgarderobe hingen, folgte Treidler den beiden in eine geräumige Wohnküche. Auch hier wirkte alles seltsam farblos, fast wie auf einem Schwarz-Weiß-Foto. Die Möblierung stammte vermutlich noch aus den frühen achtziger Jahren der DDR . Die Einbauküche bestand überwiegend aus beigefarbenen Sperrholzschränken und Türen, die in einem matten Grauton übermalt worden waren. Nur der eingebaute Gasherd, eine Kaffeemaschine und eine Mikrowelle unterbrachen die lange Arbeitsplatte aus einem graubraunen Material. Außer einer Tageszeitung und einer angetrunkenen Wasserflasche lag nichts darauf herum. Ein Küchentisch mit rosafarbener Wachstuch-Tischdecke, jedoch ohne Stühle komplettierte die Kücheneinrichtung.
    Treidler entdeckte keinerlei Wandschränke in dem Raum. Auf dem Boden bemerkte er eine Art Rampe aus Holzbrettern, auf der man gut und gerne zwei Handbreit über dem Boden stehen konnte. Vermutlich konnte so Stankowitz in seinem Rollstuhl bequem die Arbeitsfläche erreichen.
    »Oh, ich habe die Stühle vergessen.« Stankowitz kratzte sich an der Stirn. »So was brauche ich nicht jeden Tag. Carina, bist du so nett und holst zwei Stühle drüben aus deinem alten Kinderzimmer?«
    »Wir können auch gleich rübergehen.« Melchior zog den Miniaturfußball mit dem USB -Stick aus ihrer Hosentasche. »Dein Computer steht bestimmt immer noch drüben.«
    »Ist er das?«, fragte Stankowitz.
    Melchior nickte.
    »Na dann lasst uns doch einfach die Maschine anwerfen und schauen, was sich sonst noch darauf findet.«
    Mit ein paar geschickten Handgriffen schob Stankowitz seinen Rollstuhl durch die Tür und über den Gang. Er verschwand in einem weiteren Zimmer. Treidler und Melchior hatten Mühe, ihm zu folgen.
    Sie betraten einen Raum, der aus zwei unterschiedlichen Bereichen bestand. Auf der Seite direkt neben der Tür befand sich ein Schreibtisch mit Metallfüßen. Ein monströser Computermonitor musste sich darauf den Platz mit unzähligen Unterlagen teilen, die kreuz und quer herumlagen. Den Kampf mit dem Papier hatten Scanner, Drucker und eine Handvoll anderer elektronischer Geräte längst verloren. Für das Gewirr an Kabeln unter und auf der Tischplatte würde jeder noch so gewiefte Elektriker vermutlich einen Schaltplan benötigen. An den Schreibtisch schloss sich ein gut und gerne drei Meter langes Wandregal an, das vollgestopft mit Büchern war. Einige der dicken Wälzer waren so schwer, dass sich das Regalbrett unter der Last um mehrere Zentimeter bog.
    Der andere Teil des Zimmers erinnerte

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